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Schau Dich Nicht Um

Titel: Schau Dich Nicht Um Kostenlos Bücher Online Lesen
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erklärte Jess. »Sie hat es gehaßt und es uns darum nie beigebracht. Vielleicht meinte sie, wenn meine Schwester und ich nicht kochen können, werden wir nie in der Küche landen.«
    »Eine interessante Theorie.«
    »Aber gewirkt hat es nicht.«
    Er sah sie fragend an.
    »Meine Schwester hat sich zu einem wahren Hausmütterchen entwickelt.«
    »Und Sie finden das nicht gut?«
    »Ich würde lieber nicht über meine Schwester reden.«
    Carla kehrte mit dem Chianti und zwei Weingläsern zurück. »Ich hab gerade in der Abendzeitung über den Armbrustmörder gelesen«, sagte sie, während sie ihre Gläser füllte. »Da stand eine ganze Menge über Sie drin. Sehr beeindruckend.«
    Jess lachte. »Beeindruckend wäre es, wenn ich den Prozeß gewänne.«
    Carla machte eine wegwerfende Handbewegung. »Aber da gibt’s doch gar keine Frage. Natürlich gewinnen Sie. Ganz klar.« Sie wischte sich die Hände an der grünen Schürze ab, die sich über ihrem üppigen Busen spannte, und ging dann mit einem Nicken davon, in den vorderen Teil des Restaurants. In dem kleinen Raum waren fünf Nischen und vielleicht zehn Tische, von denen augenblicklich etwa die Hälfte besetzt waren. Die Wände waren mit bunten Szenen aus dem italienischen Alltagsleben bemalt, von der Decke hingen Plastiktrauben herab.
    »Aha, ich esse also mit einer Berühmtheit zu Abend«, stellte Adam fest und hob sein Glas, um ihr zuzuprosten.
    »Leider nur mit einer überarbeiteten, schlechtbezahlten Staatsanwältin.« Sie stießen an. »Gesundheit und Wohlstand, wie mein Schwager sagen würde.«

    »Auf Ihren bevorstehenden Sieg.«
    »Darauf trinke ich.« Sie tranken beide. »Und Sie, wie lang arbeiten Sie schon als Schuhverkäufer?«
    »Hier, in diesem Laden, seit dem Sommer. Vorher insgesamt ungefähr ein Jahr.«
    »Und davor?«
    »Ach, alles mögliche. Vertreter auf Achse. Sie wissen schon.«
    »Mein Vater war auch mal Vertreter.«
    »Ach?«
    »Später hatte er seinen eigenen Laden. Genauer gesagt, zwei. Jetzt ist er im Ruhestand.«
    »Und treibt Ihre Mutter zum Wahnsinn?«
    Jess trank von ihrem Wein. »Meine Mutter ist tot.«
    Adam zuckte zusammen. »Oh, das tut mir leid. Das war ein bißchen taktlos, hm? Wann ist sie gestorben?«
    »Vor acht Jahren. Seien Sie mir nicht böse, aber könnten wir uns über etwas anderes unterhalten?«
    »Natürlich, ganz wie Sie wollen.«
    »Erzählen Sie etwas über sich. Kommen Sie aus Chicago?«
    »Nein, aus Springfield.«
    »Da war ich noch nie.«
    »Eine ganz hübsche kleine Stadt.«
    »Warum sind Sie dort weggegangen?«
    »Es war Zeit für einen Tapetenwechsel.« Er zuckte die Achseln. »Und Sie? In Chicago geboren und aufgewachsen?«
    Sie nickte.
    »Und Sie haben gar kein Verlangen, mal woanders hinzugehen?«
    »Ich bin ein ziemlich seßhafter Typ.«
    »Sie haben hier Jura studiert?«
    »Ja, an der Northwestern University.«
    »Und haben natürlich ein hervorragendes Examen gemacht«, vermutete er.

    »Ich war die Viertbeste meines Jahrgangs.«
    Er lächelte in sein Glas. »Und danach haben Sie sämtliche Angebote lukrativer Kanzleien abgelehnt, um eine überarbeitete, schlechtbezahlte Staatsanwältin zu werden.«
    »Ich wollte nicht in der Rechtsabteilung irgendeines Riesenunternehmens landen, wo ich statt Prozesse höchstens Papierkriege geführt hätte. Außerdem war der Leiter der Staatsanwaltschaft einer meiner Dozenten. Er bewarb sich um das Amt und wurde gewählt und hat mich dann eingestellt. Die einzige Frage, die er mir gestellt hat, war, ob ich fähig sei, die Todesstrafe zu fordern.«
    »Sie haben ihm offensichtlich die richtige Antwort gegeben.«
    Jess lachte. »Sie mögen keine Liberalen bei der Staatsanwaltschaft.«
    »Und wie gefällt es Ihnen nun dort?«
    »Ganz ehrlich?«
    »Nur wenn es sein muß.«
    Sie lachte. »Es gefällt mir unheimlich gut. Jedenfalls jetzt. Anfangs war es ziemlich trocken. Ich mußte beim Verkehrsgericht anfangen. Das war nicht gerade aufregend, aber man muß sich eben seine Sporen erst verdienen, nehme ich an. Da war ich ungefähr ein Jahr, dann wurde ich versetzt, zur Municipal Division , einem der unteren Gerichte, wo Vergehen von der Sachbeschädigung bis zum tätlichen Angriff verfolgt werden. Richtige Geschworenenprozesse gibt es da selten, die meisten Sachen werden vor einem Richter verhandelt, und niemand, außer den Opfern natürlich, nimmt sie richtig ernst. Klingt das sehr herzlos?«
    »Ich kann mir vorstellen, daß man sich bei Ihrer Arbeit einen ziemlich dicken

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