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Schau mir ins Herz

Schau mir ins Herz

Titel: Schau mir ins Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Hope
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konnte, das Carol jedoch umso stärker spürte. Es war diese Vertrautheit, nach der sie sich sehnte und die sie wieder erleben wollte.
    Sie schrak aus ihren Gedanken auf, als der „Strom menschlichen Elends“, wie Varelle ihn bezeichnet hatte, ihnen entgegengeflossen kam. Die kleine Hochzeitsprozession wich eilig zur Seite, und die Menge strömte schreiend und klagend an ihnen vorbei, angetrieben von türkischen Eroberern mit Krummsäbeln.
    Carol hatte keine Vorstellung davon, wie sechstausend jammernde Gefangene sich anhörten; die dreihundert Komparsen, die vorüberliefen, waren beängstigend genug. Sie war froh, dass die Hochzeitsgesellschaft sich rechtzeitig am Straßenrand hatte in Sicherheit bringen können, denn in dem Gedränge wären sie sonst wohl von den Füßen gerissen und niedergetrampelt worden.
    „Keine Angst“, hörte sie Nicolas’ tiefe, beruhigende Stimme neben sich.
    „Natürlich nicht“, antwortete sie, um dann wahrheitsgemäß hinzuzufügen: „Jedenfalls jetzt nicht mehr.“
    Nicolas lachte leise, und dann war die Menge an ihnen vorbei. Die kleine Hochzeitsgesellschaft setzte sich wieder in Bewegung, bis Varelle ihnen durch das Megafon zurief, anzuhalten.
    „Stopp“, schrie er, „wir haben alles im Kasten. Ihr wart prima.“ Er stürmte auf sie zu. „Mein lieber Nicolas, Sie würden einen wunderbaren Schauspieler abgeben. Und Carol … ah, meine Liebe, wenn Sie nur ein kleines bisschen aufgelöster wirken könnten, dann wären Sie wirklich nicht schlecht.“ Er seufzte theatralisch. „Heute Nachmittag drehen wir die letzte Szene ab. Dann kann ich endlich aufatmen.“
    „Wir drehen in einer echten Kapelle“, erzählte Kate, als sie, Carol und Elaine während der halbstündigen Mittagspause vor ihrem Wohnwagen saßen und ihre Sandwiches verzehrten. „Sie stammt aus dem Mittelalter und ist eine der ältesten auf der Insel. Früher gab es Hunderte davon, weil so gut wie jede wohlhabende Familie eine bauen und ihrem Schutzheiligen weihen ließ.“
    „Unsere Kate, die fleißige Forscherin“, sagte Elaine spöttisch. „Dann könnte es ja glatt sein, dass Carol die Kirche als Carol Goodwin betritt und sie als Baronessa de Comino verlässt.“
    Kate schüttelte den Kopf. „Dazu brauchte es einen echten Priester.“
    „Wer wird die Rolle denn eigentlich jetzt übernehmen?“, wollte Carol wissen. „Hat Varelle am Ende selbst jemanden aufgetrieben? Oder hat er es Nicolas überlassen?“
    „Ein Einheimischer, glaube ich“, erklärte Elaine rasch. „Und wisst ihr, was ich gestern gehört habe? Unser hochmütiger barone wurde doch tatsächlich von einer Frau sitzen gelassen. Praktisch vor dem Altar.“
    „Wer sagt das?“, fragte Kate neugierig.
    „Einer der Komparsen. Es war eine regelrechte Sensation hier auf der Insel.“
    Kein Wunder, dass Nicolas nicht für Tony einspringen wollte, dachte Carol voller Mitgefühl. Es musste eine furchtbare Kränkung für ihn gewesen sein – wenn die Geschichte denn stimmte.
    Kate sprang auf. „Zeit, den Schleier wieder anzulegen, Carol. Und denken Sie dran, Sie dürfen den Handschuh erst ausziehen, kurz bevor Nicolas Ihnen den Ring überstreift.“
    Carol hatte die Szene wieder und wieder mit Tony geprobt, aber nun machte sie die Erfahrung, dass es mit Nicolas völlig anders war. Tony hatte sie nicht mit solcher Intensität angesehen. Ihr Herz war bei ihm nicht ins Stolpern geraten, und sie hatte auch nicht das Gefühl gehabt, auf geheimnisvolle Weise mit ihm verbunden zu sein.
    All dies erlebte sie in Nicolas’ Gegenwart, und sie hatte große Mühe, sich daran zu erinnern, dass sie eine widerstrebende Braut spielen sollte, die zur Heirat gezwungen wurde.
    Varelle befand sich bei den Kameras im hinteren Teil der Kapelle. Die türkischen Seemänner hatten das Hochzeitspaar nur bis zum Eingang begleitet, und die Kirchenbänke waren leer. Nicolas und sie standen allein vor dem Darsteller, der die Rolle des Priesters übernommen hatte.
    Der Mann spielt so überzeugend, dass er ohne Weiteres ein echter Priester sein könnte, dachte Carol, während sie der lateinisch gesprochenen Messe lauschte. Unter dem Spitzenschleier, der sie wie eine Glocke umgab, spürte sie Nicolas’ hochgewachsene Gestalt mehr neben sich, als dass sie sie sah, und fragte sich, was er wohl gerade fühlen mochte.
    Dann kam der Moment, wo er ihr den Ring überstreifen sollte. Es kostete Carol ihre ganze Selbstbeherrschung, nicht zu ihm hochzublicken, um seinen Augenausdruck

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