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Schau mir ins Herz

Schau mir ins Herz

Titel: Schau mir ins Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Hope
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machte, und hob ihn an. Dann schlich sie zur Tür.
    Das Herz klopfte ihr bis zum Hals, als sie sie öffnete, aus dem Raum schlüpfte und den Innenhof durchquerte. Wie sie gehofft hatte, fand sie das schmiedeeiserne Tor unverschlossen. Mit angehaltenem Atem schob sie es auf. Dann war sie draußen.
    Sie folgte dem langen, geraden Zufahrtsweg, aber das starre Kleid behinderte ihr Fortkommen ebenso wie ihre bloßen Füße. Die Dämmerung verwandelte sich zusehends in Dunkelheit, und obwohl Carol sich sagte, dass sie nun vom Haus aus nicht mehr gesehen werden konnte, wusste sie, dass sie sich erst wirklich sicher fühlen würde, wenn sie die Straße erreicht hatte.
    Nach einer Ewigkeit, wie ihr schien, war sie bei den steinernen Torpfosten angelangt. Grenzenlos erleichtert trat sie auf die asphaltierte Fahrbahn, auf der sie ungleich schneller vorankam als auf der steinigen Auffahrt. Sie war ungefähr einen halben Kilometer gelaufen, da hörte sie hinter sich ein Motorengeräusch. Als sie sich umdrehte, musste sie ihre Augen gegen die gleißende Helligkeit der herannahenden Scheinwerfer abschirmen. Hoffentlich biete ich keinen so befremdlichen Anblick in meinem Kostüm, dass das Auto vorbeifährt, ohne mich mitzunehmen, dachte sie. Andererseits wussten die meisten Gozitaner von den Dreharbeiten und würden erkennen, dass sie zum Filmteam gehörte. Sie hatte gute Chancen, gerettet zu werden.
    Dann hielt der Wagen neben ihr an. Zu spät erkannte sie, dass er rot war. Nicolas beugte sich zur Beifahrerseite und öffnete die Tür.
    „Steig ein“, befahl er kurz angebunden, „außer du willst, dass ich dich mir über die Schulter werfe und in den Kofferraum verfrachte. Was ohne Zweifel weniger aufwendig wäre, aber auch ziemlich unzivilisiert und würdelos für uns beide.“
    Carol zögerte. Wenn sie versuchte, fortzulaufen, würde Nicolas sie nach wenigen Metern eingeholt haben. Und sie konnte sicher sein, dass er dann wahr machte, was er ihr angedroht hatte.
    Das gab den Ausschlag. Eine Minute später saß sie neben ihm im Auto.
    Eine lastende Stille herrschte zwischen ihnen, während Nicolas den Wagen in halsbrecherischem Tempo über Straßen lenkte, die Carol nicht kannte. Sie nahm an, dass sie sich auf der unwirtlicheren Seite der Insel befanden, da sie durch keine einzige Ortschaft fuhren. Das Meer schien in der Nähe zu sein, denn einmal hatte sie geglaubt, das Schimmern von Wasser zu erkennen und zu hören, wie sich die Brandung an Felsen brach.
    Als sie anhielten, sah Carol sich um. Nicolas hatte den Sportwagen auf einer steinigen Landzunge zum Stehen gebracht, die mit vereinzelten kümmerlichen Büschen bewachsen war. Vor dem inzwischen beinahe dunklen Himmel zeichneten sich die Umrisse eines jener wuchtigen viereckigen Türme ab, die vor Jahrhunderten erbaut worden waren, um die Insel gegen die Überfälle der türkischen Seeräuber zu verteidigen. Sie ragten einsam an der Küste auf, an strategisch wichtigen Stellen, von denen aus es möglich gewesen war, die feindlichen Schiffe zu orten, sobald sie am Horizont sichtbar wurden.
    Warum hatte Nicolas sie hierher gebracht?
    Carol blieb keine Zeit, über die Frage nachzudenken, denn er war bereits um das Auto herumgegangen und hatte die Beifahrertür geöffnet. Er zerrte sie mehr aus dem Wagen, als dass er ihr herausgeholfen hätte, und dirigierte sie mit festem Griff in Richtung des alten Gemäuers.
    Sie leistete Widerstand, wollte sich gegen ihn behaupten, aber er war einfach stärker als sie.
    „Wo sind wir?“, fragte sie besorgt. „Und was soll ich hier?“
    „Dieser Bau ist nicht gerade das, was man einen Palast nennen würde“, antwortete er, ohne seinen Griff um ihren Ellbogen zu lockern. „Aber für den Moment wird er seinen Zweck erfüllen. Du wirst sehen, er ist um einiges komfortabler als zu der Zeit, in der er errichtet wurde. Und vom Dach aus hat man einen atemberaubenden Blick.“
    Carol versuchte, Zeit zu gewinnen. „Ich nehme an, du bist nicht mit mir hierher gefahren, um mir die Aussicht zu zeigen“, sagte sie gelassener, als sie sich fühlte.
    „Wie aufmerksam von dir“, entgegnete er trocken. „Ich beglückwünsche dich zu deinem Scharfsinn. Aber um deine Frage zu beantworten – dieser Turm hat andere Vorteile. Zum Beispiel Isoliertheit. Und Sicherheit.“
    „Du planst hoffentlich nicht, dass ich hier bleibe?“, fragte Carol beunruhigt.
    „Ich bin sicher, du wirst deine Unterkunft sehr bequem finden“, erwiderte er und schob sie

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