Schauspieler küssen anders (German Edition)
unscharfen Umrissen nichts erkennen.
Der unscharfe Zoom fuhr zurück und jetzt ich erkannte den Eiffelturm. Mein Hals wurde trocken.
Der Zoom fuhr wieder näher heran und diesmal bestätigten sich meine Befürchtungen: Zwei engumschlungene Schatten wurden unter dem Eiffelturm sichtbar. Und eine trug eine Lakers-Baseballkappe. Und man konnte sehen, wie er jemanden leidenschaftlich küsste. So unscharf das Video auch war, man konnte Robert identifizieren. Mich nicht, weil ich mit dem Rücken zur Kamera stand.
Entsetzt sah ich Melissa an. Ihr Mund war ein einziger schmaler Strich.
„Das machte soeben im Theater die Runde.“
Das konnte ich mir vorstellen. Das Video war zu Ende und ich hatte den Schluss verpasst, als mir aufging, was ich gerade gesehen hatte.
„Sieht man … ich meine, kann man mich ...“
„Nein. Es hört kurz vorher auf.“ Melissa nahm mir das Blackberry aus der Hand, verstaute es in ihrer Tasche und sah mich wieder an.
„Die Frage ist nur: Warum?“
Eine gute Frage. Auf die ich keine Antwort wusste.
„Vielleicht, weil ich nicht berühmt bin und deswegen uninteressant?“, fragte ich hoffnungsvoll.
Melissa schnaubte. „Quatsch. Und wenn du hauptberuflich Socken stopfen würdest; als Freundin von Robert Faulkner bist du eine Sensation. Ich habe es sofort geahnt, als Bruce mir von eurem Ausflug berichtet hat.“
Langsam fasste ich mich wieder. In erster Linie, weil dieser Ausflug das schönste Erlebnis auf dieser Europatour gewesen war.
„Mal den Teufel nicht an die Wand. Robert Faulkner küsst jemanden unter dem Eiffelturm. Na und? Er ist ein gutaussehender, junger Mann mit vielen Verehrerinnen. Niemand, der ihn je in einem Kinofilm küssen gesehen hat, glaubt, dass er keusch lebt.“
Melissa sah mich an, als hätte ich ihr soeben eröffnet, ich wolle Schauspielerin werden.
„Aber ein Foto seiner Gespielin würde eine Unsumme Geld einbringen. Vor allem, wenn sie danach geschwankt ist, wie Joe Cocker in seinen besten Zeiten.“
Ich schluckte. Verdammt. Meinen Schwips hatte ich kurzzeitig vergessen.
„Zwei Fragen drängen sich unwillkürlich auf“, sagte Melissa und sah mich direkt an. „Erstens: Warum wurde das Video kurz bevor du dich umdrehst geschnitten und zweitens: Wer will was damit erreichen?“
Robert wartete schon ungeduldig. Ungestüm zog er mich in seine Arme und küsste mich.
„Du ahnst nicht, wie schwer es mir fällt, dich tagsüber kaum zu sehen und wenn, dich nicht berühren zu können. Es macht mich wahnsinnig.“
Ich lachte unsicher zwischen seinen Küssen. „Und dabei waren wir den ganzen Abend zusammen.“
Er drückte mich fest an sich. Ich ließ ihn einen Moment gewähren, dann legte ich sanft meine Hände auf seine Brust und schob ihn von mir.
„Robert, wir müssen etwas besprechen.“
Er zog mich zu der Sitzgruppe seiner Suite.
Staunend sah ich mich um. Paris war toll gewesen, auch Berlin und Rom, aber das Ritz stellte alles in den Schatten. Alles war luxuriös und dekadent eingerichtet und vom modernsten Komfort. Robert hatte Robbie Williams in der Bang & Olufsen Anlage eingeschaltet. Ein wunderbarer Sound.
„Wow, gar nicht so schlecht, ein Hollywoodstar zu sein.“
Er zuckte gleichgültig die Achseln. „Morgen wimmelt es hier drin vor gierigen Reportern, die nur darauf lauern, eine Unterhose oder einen Strumpf von mir in der Ecke liegen zu sehen. Ich fühle mich immer schrecklich unwohl in diesen Suiten.“
„Dann kommst du morgen Abend zu mir. Ich habe zwar nur ein winziges Zimmer mit Doppelbett, aber wenn du dich dort wohler fühlst …“
„Ich fühle mich überall wohl, wo du bist“, murmelte er und vergrub seinen Mund in meinem Haar.
„Robert, ich habe soeben Melissa auf dem Flur getroffen“, sagte ich schnell, ehe ich wieder abgelenkt wurde.
„Sie hat mir etwas gezeigt. Hast du deinen Laptop da?“
Ich lud das Video hoch und erst einmal saßen wir schweigend nebeneinander, hörten dem Rauschen der Wasserfontänen der Champs des Mars zu und sahen unsere umschlungenen Schatten.
„Warum wurde es geschnitten, ehe du dich umdrehst?“, war auch prompt Roberts erste Frage, als er sich von dem Schock erholt hatte.
„Tja, und warum wurde es geschnitten, ehe man deutlich mein Schwanken erkennen konnte?“, setzte ich trocken fort.
Roberts Mundwinkel zuckten in Erinnerung daran.
„Glaubst du, uns will jemand erpressen?“ Ich sah ihn an.
Sein Mund wurde zu einem schmalen Strich.
„Genauer gesagt“, überlegte ich laut,
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