Schauspieler küssen anders (German Edition)
schon wieder vorbei. Ich … es … ich werde nie wieder so grantig sein.“
„Hat irgendjemand was gesagt?“, fragte er.
„Wer sollte was gesagt haben?“, entgegnete ich misstrauisch.
„Na ja, in der Zeitung habe ich heute Morgen wieder einen Artikel über mich entdeckt …“ Er schien verlegen.
„Was stand darin?“ Nun war ich erst recht neugierig geworden.
„Etwas über eine angebliche Affäre mit Rachel.“ Er wurde tatsächlich rot.
„Und? Ist da was dran?“
Robert sah mich empört an. „Natürlich nicht. Rachel ist seit unserem ersten gemeinsamen Film eine gute Freundin. Die Menschen interpretieren da gerne mehr hinein, weil die Chemie zum Glück stimmt. Vor der Kamera.“
Ich nickte.
„Wenn es das nicht ist, woran lag es dann?“, fragte Robert.
Jetzt wurde ich verlegen.
„Es hat eigentlich gar nichts mit Ihnen zu tun“, gestand ich schließlich. „Es war mehr eine Art Selbstschutz.“
Er runzelte verwirrt die Stirn. „Selbstschutz? Vor mir?“ Und dann schien er zu begreifen. „Ah, ich verstehe.“
„Es tut mir sehr leid und kommt nicht wieder vor“, sagte ich zerknirscht.
Er lächelte ein leises wunderbares Lächeln und streckte mir eine Hand hin. „Freunde?“
Ich schlug ein und lächelte gequält zurück. „Freunde.“
Meine Gedanken schwirrten in sämtliche Richtungen und ich verbot mir, sie genauer zu verfolgen. Aber schon zwei Stunden später wurden sie vertrieben.
„Lisa, du sollst sofort zu den Dreharbeiten kommen.“
Luis sah richtig weiß um die Nase aus.
Erschrocken legte ich die Wasserwaage auf Seite.
„Was ist passiert?“ Hatte sich jemand verletzt? Robert? Würde er dann nach mir verlangen? Hoffentlich nicht.
„Ich glaube, David war etwas sauer wegen des Hotelsets.“
Ich atmete erleichtert auf. Niemand war verletzt. Aber sofort machte sich eine andere Sorge breit. David gefiel das Set nicht? Er hatte doch die Entwürfe gesehen …
„Äh, du solltest dich beeilen. David war nicht nur ein wenig sauer.“
Ich sah Luis überrascht an. „Gut. Messt das hier aus und dann seht zu, dass ihr die Gardinen gerade hängen habt.“
Ich warf ihm die Wasserwaage zu und eilte in Richtung Halle neun.
Auf dem Weg dorthin – es dauerte mindestens zehn Minuten, Sieben, wenn ich so hetzte wie jetzt – überlegte ich, was an den Bühnenbauten zum Hotel auszusetzen sein könnte. Ich hatte gestern noch einmal alles überprüft, ehe ich nach Hause gefahren war. Ein gediegenes Drei-Sterne-Hotel mit den üblichen, teils verblichenen Drucken oder Gemälden. Der Fundus war voll davon. Ich hatte mich an der Wohnungseinrichtung meiner Tante Patricia gerichtet, die sich zwischen Blümchentapeten, dunklen Möbeln und gelbgerauchten Gardinen wohl fühlte. Außerdem führte sie eine Pension. Als Kinder hatten meine beiden Schwestern und ich immer die blaustichigen Meeresidyllen bewundert, über die meine Mutter stets die Nase rümpfte. Heute verstand ich, was Mum damit meinte. Ozeanbilder direkt am Lake Tahoe mit den schneebedeckten Bergen im Hintergrund waren ziemlich schräg.
Als ich keuchend am Set ankam, sah ich sofort, dass etwas nicht stimmte. Alle machten betretene Gesichter und versuchten so unauffällig wie möglich Linsen zu polieren und Gerüste umzuschrauben.
Ich eilte zu David. Seine Brille hing auf halb drei und ich konnte erkennen, dass er sich bei meinem Anblick ein wenig beruhigte. Aber nur ein wenig.
„Lisa, ich weiß, dass es dein erstes Projekt ist und dass du bislang immer mit fertigen Zimmerwänden zu tun hattest. Aber ich habe dir genaue Vorgaben genannt, die eingehalten werden müssen, damit Kamera und Ton überall durchkommen …“
„Ich weiß. Ich habe die Maße nicht mehr im Kopf …“
„Und du wusstest, dass bei diesem Set keine Handkamera zum Einsatz kommen sollte, oder?“
„Darüber hatten wir doch gesprochen, David. Du, Greg und ich.“
Greg, der erste Kameramann, stand mit finsterem Gesicht daneben.
David nickte und seine Augenbrauen zogen sich zu einer einzigen, buschigen Linie zusammen. „Ganz genau. Aber du hast dich nicht an die Maße gehalten. Greg kann kaum mit der Steadicam da durch und unsere Darsteller können sich nicht richtig umdrehen.“
Bei Steadicam deutete er auf diesen Brustharnisch, an dem Greg eine tragbare Kamera befestigt hatte.
„Ich verstehe das nicht …“, sagte ich langsam.
„Und davon abgesehen … wie bist du auf die Idee gekommen, einen provokanten Schiele vor Laurens Zimmertür aufzuhängen?
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