Schauspieler küssen anders (German Edition)
abruptes Schweigen ignorierend. „Ich bin mir sicher, du wärst die Richtige dafür.“
Ich ließ das Drehbuch liegen und steckte mir eine weitere Olive in den Mund.
Davids Stirn verdunkelte sich. „Was ist? Willst du nicht?“
„Ich sehe es mir später an“, sagte ich freundlich und kaute meine Olive.
David sah wütend aus. „Wenn du zu beschäftigt bist, kannst du ja am Ballsaal weitermachen.“
Ich sah ihn überrascht an. So kannte ich ihn gar nicht. David war sonst die Geduld und Ruhe in Person. Vielleicht war er aber auch immer so bei seiner Arbeit. Es lastete immerhin enormer Druck auf ihm.
„Sie macht gerade ihre zweite Mittagspause seit über einer Woche“, sagte Robert leise und betonte jedes Wort. „Meinst du nicht, sie könnte wenigstens in Ruhe fertig essen, ehe sie sich einem neuen Projekt widmet?“
David und Robert funkelten sich an. So wütend hatte ich Robert noch nie gesehen. Er war der Sonnenschein am Set. Immer gut gelaunt, immer geduldig, immer freundlich – zu jedermann.
Ich war versucht, ihm meine Hand beruhigend auf seinen Arm zu legen, aber ich unterließ es. Diese Geste hätte zu viel Vertrautheit beinhaltet. Also trat ich ihn unter dem Tisch.
Er zuckte kurz zusammen und sah mich an.
„David, kann ich ein Wort mit dir reden?“, bat ich und erhob mich. „Räumen Sie bitte nicht ab, Robert. Ich möchte gleich meine Oliven weiteressen.“
David sah mit einem Mal ein wenig befriedigt aus. Ich konnte mir keinen Reim daraus machen. Doch als er mein entschlossenes Gesicht sah, wirkte er unsicher. Das gab mir Mut. Ich ging aus der Kantine in den Gang, der zu den Büros führte. Dort blieb ich stehen und drehte mich zu David um.
„David, was soll das?“, fragte ich ohne Umschweife.
„Wir drehen einen Film und du machst Robert Faulkner schöne Augen“, blaffte er mich an.
„Ich schufte hier zehn bis zwölf Stunden am Tag“, fauchte ich zurück. „Seit zehn Tagen hatten wir keine Pause mehr. Luis und Anabel sind am Rande eines Nervenzusammenbruchs. Wann habe ich Zeit, jemandem schöne Augen zu machen? Sieh sie dir an! Ich habe in den letzten drei Wochen mehr Falten bekommen, als in den letzten beiden Jahren. Und das will was heißen.“ Ich atmete durch. „Du hast dafür gesorgt, dass ich beinahe ununterbrochen für deinen Film arbeite. Das tue ich. Ich mache die Arbeit gern. Aber ich werde mich nicht zum Sklaven machen lassen. Lieber verzichte ich auf dein Angebot für den nächsten Film.“
Einen Moment lang starrte David mich an und ich dachte, jetzt sei es aus mit unserer Freundschaft. In seinen Augen funkelte es so seltsam. Und dann geschah etwas, womit ich nie gerechnet hätte: David brach zusammen.
„Oh Gott, Lisa. Es tut mir so leid.“ Er sackte gegen die Wand. Er ergriff meine Hände. „Du weißt, dass ich dich nicht verletzen wollte. Ich werde mich bemühen, nicht mehr so widerlich zu sein. Du weißt, wie wichtig du mir bist. Ich finde es großartig, mit dir zusammenzuarbeiten. Deine Kulisse inspiriert uns alle. Die Darsteller sind in Hochform. Es klappt alles wie am Schnürchen. Ich bin immer so nervös beim Dreh. Sobald die Dreharbeiten rum sind, geht es mir besser.“
Ich sah David an und drückte seine Hände. „Ich verstehe ja den Druck, der auf dir lastet, David. Aber lass es nicht an mir aus.“
„Das wollte ich nie, Lisa“, sagte er und sah mich dabei flehend an. „Bitte, sieh dir das Drehbuch an. Ich würde dich so gern für den nächsten Film engagieren. Ich verspreche dir, mich zu bessern. Komm wieder essen. Du sollst auch keinen Streit mit deinen Assistenten bekommen.“ Er zögerte kurz, ehe er weitersprach. „Obwohl ich wahrscheinlich mit diesem Luis nie deine Engelsgeduld aufbringen könnte.“
Ich lächelte. „Er arbeitet sehr zuverlässig und sauber. Dabei ist er vielleicht ein bisschen langsamer, aber sehr gut.“
David zuckte die Schultern. „Wenn du es sagst. Verzeihst du mir? Wirst du dir das Drehbuch ansehen?“
Ich nickte. „Natürlich, David. Aber wirf mir nie wieder etwas hin, wie einem Hund einen Knochen.“
„Danke, Lisa.“ David umarmte mich. Er war so groß wie Robert und ich musste mich auf die Zehenspitzen stellen. Aber David roch ganz anders. Er roch nach einem billigen Deo, das offensichtlich versagte, und ein wenig holzig. Auf einmal fühlte ich, wie sein Atem sich veränderte. Seine Umarmung wurde anders – fester.
Ich fühlte mich auf einmal schrecklich unwohl und wollte mich aus der Umarmung lösen.
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