Schauspieler küssen anders (German Edition)
neckend.
„Warum nicht? Mit leerem Kopf nickt es sich leichter“, sagte ich und rappelte mich grinsend auf.
Zu dem Presslufthammer gesellte sich ein Quaken. Anabel und Luis zückten ihre Handys und sahen auf die Displays.
Schlagartig hörte ihr Lachen auf.
„Was ist?“, fragte ich, als beide mich groß ansahen. Mir wurde auf einmal richtig mulmig zumute. Hatte jemand ein peinliches Foto von mir geschossen und es versendet? Ohne etwas zu sagen, hielt mir Anabel ihr Handy hin.
Wegen dringender Änderungen: Dienstbeginn morgen um 4.30 Uhr, Set Halle neun. Tut mir leid. Lisa.
Ich starrte ohne zu begreifen auf die SMS.
„Lisa, wer hat das geschrieben?“, unterbrach Luis das angespannte Schweigen.
Ich sah ihn an. „Keine Ahnung. Steht da tatsächlich, was ich lese?“
Anabel nickte und sah wieder auf ihr Handy.
„Schon, aber unter einer fremden Rufnummer. Trotzdem wette ich, jeder von der Crew hat das in den letzten Minuten bekommen und alle werden Morgen um halb fünf hier sein.“
Das bezweifelte ich keine Sekunde. Auf meine Leute war Verlass. Und sie würden mir den Kopf abreißen, wenn sie umsonst zu dieser Uhrzeit bestellt würden. Zu Recht.
Sofort kramte ich mein Handy heraus. Die beschwipste Wohligkeit von vorhin war mit einem Ruck verflogen. Ich hatte keine SMS.
Ich war hin- und hergerissen und hatte schließlich Robert angerufen und ihm von Tracys erneutem Versuch erzählt.
„Was willst du tun?“, fragte Robert neugierig. Obwohl es nach elf Uhr war, war er nicht sauer. Tatsächlich hatte er sich über meinen Anruf gefreut. Zumindest hatte ich das fröhliche „Hallo“ so interpretiert.
„Ich weiß es nicht“, gestand ich kleinlaut. „Zuerst wollte ich an alle eine SMS senden, es handele sich um einen Irrtum, aber da ich nicht genau weiß, wen sie tatsächlich informiert hat, könnte es trotzdem sein, dass der ein oder andere um halb fünf auftaucht. Soll ich sie morgen zur Rede stellen?“
„Mh.“ Machte Robert am anderen Ende. „Was hältst du davon, wenn du sie auflaufen lässt?“
„Wie? Ich habe immer allein gearbeitet. Ich weiß nicht, wie man sich in solchen Situationen verhält.“
Robert schnaubte am anderen Ende. „Du bist wirklich noch sehr jungfräulich in dieser Richtung. Leider hat man beim Film mit vielen Hyänen und Schlangen zu tun. Ich hatte einmal einen Mitspieler, der scharf auf meine Rolle war und andauernd den Text veränderte, sodass ich nie meinen Einsatz wusste.“
„Was hast du gemacht?“, fragte ich neugierig.
„Ich habe sein Tages-Manuskript gegen ein anderes ausgetauscht.“
„Äh … Hä?“
„Wir bekommen für jeden Drehtag unsere Dialoge auf separate Manuskripte, die wir dann lernen müssen. Melissa hat mir geholfen und wir haben das meines Kollegen einfach geändert. Am Tag selber haben wir außerdem in seinen O-Saft eine gehörige Portion Wodka gegossen. Er hat nicht nur ständig den falschen Text von sich gegeben, sondern war auch sternhagelvoll. Danach hatte ich Ruhe.“
„Klingt verlockend“, gestand ich träumerisch. „Stell dir vor, Tracy würde dir morgen den Kaffee in blauen Tassen servieren und ist obendrein zugedröhnt. Ich bezweifle nur, dass ich nahe genug an sie herankomme.“
„Das musst du nicht.“ Robert begann leise zu kichern. „Ich habe eine Idee. Hör zu!“
Mein Wecker war auf viertel vor vier gestellt, aber ich wusste, ich würde vor lauter Vorfreude kaum bis dahin schlafen können.
Befriedigt sah ich Tracys riesige Augen, als sie um viertel vor fünf am Set aufkreuzte. Ich ignorierte sie und verteilte meine Anweisungen und Arbeiten.
Nach meinem Gespräch mit Robert, hatte ich mich noch einmal an meine Skizzen gesetzt und den Ballsaal komplett abgeändert. Immerhin musste ich einen triftigen Grund vorweisen, weshalb alle so früh antanzen sollten.
Wie ich vorausgesehen hatte, murrte niemand. Nicht einmal David, als er ein paar Stunden später vorbeischaute.
„Großer Gott, Lisa, du bist unglaublich“, rief er, als er um neun Uhr die neue Kulisse betrat. Der Ballsaal war zwar immer noch in einer Turnhalle, aber er war jetzt wesentlich anschaulicher als vorher. Genau die richtige Mischung aus heruntergekommenen Wänden und überschmückten Plastikdekorationen.
Tracys steinerne Miene während des gesamten Vormittages war mir Bestätigung genug.
„Wo soll ich das hinstellen, Lisa?“, fragte Paul vom Catering und schleifte eine riesige Kiste heran.
„Bitte stell sie drüben auf die Theke. Danke,
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