Schaut nicht weg
Art privates Tor zur Welt. Diese Entwicklung ist noch relativ jung: Während sich in den 1990er Jahren die Fernsehwelt stark veränderte, ist das vergangene Jahrzehnt durch die rasante technische und inhaltliche Entwicklung von Handy und Internet geprägt. Mittlerweile organisieren wir unser ganzes Leben mithilfe des World Wide Web. Wir gehen online, um uns über aktuelle Nachrichten, Kinoprogramme oder Busfahrpläne zu informieren, kaufen im Netz Geburtstagsgeschenke für unsere Kinder oder buchen dort unsere Urlaubsreisen. Das Internet hat uns das Leben in vielerlei Hinsicht sehr erleichtert. Und auch ich nutze das Internet täglich: für meine Arbeit für Innocence in Danger e.V., um Kontakte zu weit entfernt lebenden Freunden und Verwandten zu pflegen, um schulische Verpflichtungen oder Verabredungen meiner Kinder zu organisieren. Ich kann und will das Internet aus meinem Leben nicht mehr wegdenken, dabei gehöre ich nicht mal der Generation der »Digital Natives« an, jener Generation von Jugendlichen also, die ungefähr ab den späten 1980ern geboren wurde und von klein auf mit den neuen Technologien des digitalen Zeitalters aufgewachsen ist. Mit meinen 34 Jahren stehe ich zwischen den Generationen, fast zähle ich schon zu den »Digital Immigrants«,die das Internet für ihre Zwecke adaptieren lernen musste und deren Informationsverarbeitung deutlich langsamer ist als die der Jugendlichen heute, die beim Surfen oder Fernsehschauen gleichzeitig noch Hausaufgaben machen. Wobei ich hinzufügen muss, dass ich schon immer ein Technik-Freak war und großen Spaß an neuen Entwicklungen auf dem Kommunikationsmarkt habe.
Und doch bin ich nicht unglücklich darüber, nicht mit dem Internet aufgewachsen zu sein. Denn ich finde, dass die Quantensprünge in der Informationstechnologie, die wir seit einigen Jahren miterleben, manchmal auch eine Überforderung für uns darstellen. Die Geschwindigkeit, in der wir heute Datenspuren im Netz hinterlassen, Bilder und E-Mails verschicken, Informationen empfangen, lässt kaum Zeit zum Reflektieren und Abwägen. Gerade für unsere jungen Internetnutzer aber stellt die zunehmende Beschleunigung unseres medialen Lebens ein Problem dar. Sie kommen mit dem Nachdenken häufig nicht mehr hinterher – das ist mein Eindruck. Viele »Digital Natives«, sozialisiert durch Computerspiele, E-Mails, Internet, Handys und Instant Messaging, bewegen sich zu sorglos im Netz, zeigen zu viel von sich und hinterlassen dabei freiwillig Datenspuren, die nicht mehr rückgängig zu machen sind. Manchmal werden sie auch ungewollt zur Zielscheibe undurchschaubarer kommerzieller Interessen. Oder sie bewegen sich durch ihr Benutzerverhalten unwissentlich am Rande der Legalität. Und immer wieder finden sie sich plötzlich konfrontiert mit Bildern von Gewalt oder Pornografie und laufen so Gefahr, selbst zu potenziellen Opfern zu werden. Das Internet kennt keine Moral und doch erlauben wir unseren Kindern, dort allein unterwegs zu sein. Denn leider wissen Eltern und Lehrer noch immer zu wenig über die Gefahren im Netz. Ich halte es aber für dringend notwendig,dass Eltern und Pädagogen sich dafür interessieren, was ihre Kinder und Schüler im Internet tun. Meines Erachtens sollten sich alle Eltern im Umgang mit dem Internet schulen lassen, um nachvollziehen zu können, welche Erfahrungen ihre Kinder in der virtuellen Welt machen. Gleiches gilt für alle Menschen, die mit Kindern oder Jugendlichen in sozialen Berufen arbeiten – auch sie sollten Fortbildungen über das Internet, über Chatrooms und soziale Netzwerke besuchen müssen, um diesen wichtigen Aspekt der Lebenswelt junger Menschen teilen zu können.
»Unterwegs in einer moralischen Grauzone«: Jugendliche im Netz
Das Internet ist im Leben vieler Jugendlicher fest verankert. Laut einer Untersuchung des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger gehen 62 Prozent aller 12- bis 19-Jährigen täglich online, weitere 22 Prozent mehrmals die Woche. Die meisten Jugendlichen haben sogar einen Rechner mit Internetanschluss im eigenen Zimmer und verbringen eine Menge Zeit in der virtuellen Welt: nach eigener Schätzung pro Tag 120 Minuten. Doch was genau machen sie dort eigentlich? Viele Jugendliche hören Musik im Internet (47%), surfen einfach drauflos (44%) oder recherchieren Informationen für Schule oder Beruf (39%). Die meisten von ihnen aber nutzen mehrmals die Woche Kommunikationsseiten via Instant
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