Schaut nicht weg
zunehmender Beliebtheit fürs »Online Grooming«, also die Kontaktanbahnung zu Jugendlichen im Internet.
Wir müssen unsere Kinder davor warnen, dass auch Menschen im Netz unterwegs sein können, die keine positiven Absichten haben. Nun sind meine beiden Töchter noch jung, aber schon jetzt weiß ich: In ihren eigenen Zimmern wird kein Rechner stehen. Ich möchte wissen, was sie im Internet machen, auch wenn ich ihnen dabei nicht jeden Moment über die Schulter schauen werde. Denn immer wieder lassen sich Mädchen und Jungen von scheinbar verständnisvollen Chatpartnern zu Treffen überreden – mit mitunter schlimmen Konsequenzen. So berichten 13 Prozent aller Jugendlichen, die sich persönlich mit unbekannten Chatpartnern trafen, anschließend von »unangenehmen Erfahrungen«. Und manchmal beteiligen sich Jugendliche selbst an der Produktion von Kinderpornografie, indem sie sich nach Aufforderung ihrer Chatpartner – mehr oder weniger freiwillig – vor der Webcam ausziehen und sexuelle Handlungen an sich vollziehen. Sicher ist es per se noch nicht bedenklich, dass ein Jugendlicher oder eine Jugendliche das Internet nutzt, um sich Informationen über Sexualität zu besorgen oder sich sexuell auszuprobieren. Doch wenn am anderen Bildschirm ein erwachsener Mann sitzt, mitschneidet, was auf seinem Laptop zu sehen ist und dieses »Filmchen«dann in Umlauf bringt, haben wir es mit einer eindeutigen Straftat zu tun – und der sexuellen Ausbeutung eines Jugendlichen, der glaubt, dass diese Handlungen nur zwischen ihm und dem Chatpartner stattfinden. Ulrike Tümmler, Sozialpädagogin und Leiterin einer Münchner Beratungsstelle für Jungen, die Opfer sexuellen Missbrauchs werden, beschreibt, wie die Online-Täter dabei gezielt das Vertrauen der Jugendlichen ausnutzen: »Die Täter verhalten sich den Jungen gegenüber zunächst äußerst solidarisch. Sie nehmen ihre Probleme ernst und übernehmen den Part des männlichen Ansprechpartners, den die Jungen so häufig vermissen. Durch diese geschickte Vorgehensweise der Täter verstricken sich die Jungen unmerklich in Abhängigkeiten. Offenbart sich dann das Gegenüber als erwachsener Mann, ist die ›Freundschaft‹ bereits so fest, dass die Jungen sich davon nicht mehr abschrecken lassen und den Kontakt beibehalten. Sie fühlen sich sogar besonders auserkoren, weil ein Erwachsener sich so eingehend mit ihnen beschäftigt. Häufig werden die Jungen von den Erwachsenen dann mit pornografischem Bildmaterial beliefert und aufgefordert, (Nackt-)Bilder von sich an den Erwachsenen zu senden. Der Erwachsene verspricht dem Jungen sogar, dass er die Bilder an Mädchen weiterleiten werde, die ebenfalls mit ihm in Kontakt sind. Nicht selten folgt ein persönliches Treffen zwischen den Jungen und den erwachsenen Usern. Und die Jungen sind sich nicht bewusst, dass sie bei derartigen ›Dates‹ Opfer von sexuellen Übergriffen werden können.« (Ulrike Tümmler: »Jungen als Opfer sexueller Übergriffe im Internet«)
Auch Handys verleiten übrigens dazu, die Grenze zwischen Privatsphäre und Öffentlichkeit aus dem Blick zu verlieren. Denn die Mobiltelefone von heute sind Multimediageräte: Neun von zehn Handys haben inzwischen eineDigitalkamera integriert. Etwa vier Fünftel der Jugendlichen können mit dem Mobiltelefon unterwegs ins Internet gehen oder Daten über Bluetooth tauschen. Diese Multimedia-Handys bringen zwar ein hohes kreatives Potenzial mit sich – aber eben auch ein hohes Maß an Gefährdung. So haben bereits 30 Prozent aller Jugendlichen im eigenen Freundeskreis mitbekommen, dass per Handy gewalthaltige oder pornografische Bilder und Filme verschickt wurden, sieben Prozent berichten, selbst einmal solche Inhalte auf das Handy gesendet bekommen zu haben. Jungen sind hierbei wesentlich stärker betroffen als Mädchen, Gleiches gilt für Jugendliche mit geringer formaler Bildung. Schlimm daran ist nicht nur die Tatsache, dass Jugendliche – bisweilen sogar Kinder – so mit Bildern konfrontiert werden, die ihnen möglicherweise Angst machen und ein Verständnis von Sexualität transportieren, das sie vermutlich stark unter Druck setzt und nicht selten auch zur Abwertung von Frauen führt. Schlimm ist auch, dass diese Bilder und Filmchen häufig selbst produziert sind und dann rapide weiterverbreitet werden – mit dem Ergebnis, dass die betroffenen Kinder oder Jugendlichen zum Gespött des Schulhofs werden.
Innocence in Danger e.V. ist ein Fall bekannt, in dem genau
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