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Schaut nicht weg

Schaut nicht weg

Titel: Schaut nicht weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Zu Guttenberg
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mehr allein, es wird ihnen zugehört und geglaubt, sie werden endlich ernst genommen. Seit einem guten Dreivierteljahr geht nun diese Lawine des Erinnerns und der Empörung über das Land und zieht sehr deutliche Konsequenzen nach sich. Die Kirchen, die Schulen und selbst die Bundesregierung müssen sich nun mit dem himmelschreienden Unrecht befassen, das vielen Mädchen und Jungen angetan wurde. Nicht alle Täter werden nach dem bestehenden Strafrecht noch zur Rechenschaft gezogen werden können – aber immerhin macht der öffentliche Druck auch vor Autoritäten nicht halt. Selbst ein Bischof Mixa, der seine ehemaligen Heimkinder der Lüge bezichtigte und dann doch eingestehen musste, geprügelt und geohrfeigt zu haben, kommt zu Fall. Dennoch dürfen wir niemals vergessen: Trotz der aufsehenerregenden Ereignisse der letzten Monate haben wir in Deutschland in erster Linie kein Kirchenproblem, sondern ein Gesellschaftsproblem. Denn der schlimmste Missbrauch geschieht noch immer in den Kinderzimmern. Ich sage es noch mal: Jedes vierte bis fünfte Mädchen, jeder neunte bis zwölfte Junge ist sexuell belästigt worden und 80 Prozent der Fälle finden im sozialen Nahraum statt – in derFamilie, der Nachbarschaft, der Schule, dem Sportverein. Jeder von uns kennt Opfer im Freundeskreis, ohne es zu wissen. Diesen Kindern also müssen wir uns heute vor allem widmen, auf diese Mädchen und Jungen gilt es, noch genauer unseren Blick zu richten. Denn heute ist die Situation in mancherlei Hinsicht noch brisanter als in den 1960er und 1970er Jahren, als die meisten Missbrauchsfälle, über die nun gesprochen wird, stattfanden. Heute hat das Internet der Pädokriminalität Tür und Tor geöffnet und Tätern ganz neue Wege ermöglicht, an junge Opfer zu gelangen. Auch die virtuelle Welt ist für unsere Kinder also mittlerweile eine potenzielle Gefahrenzone geworden. Und auch die Sexualisierung der Gesellschaft macht unsere Kinder anfällig für Täter: Denn die vielen sexuell aufgeladenen Bilder in Musik, Fernsehen und Internet erschweren unseren Kindern eine gesunde Körperwahrnehmung und ein stabiles Selbstbewusstsein. Wie wir unsere Kinder davor schützen können – davon soll das nächste Kapitel handeln.

Kapitel 5 – »Die Sexualisierte Gesellschaft«: Wie Kinder und Jugendliche heute immer früher mit Sexualität konfrontiert werden
    Kapitel 5
    »Die Sexualisierte Gesellschaft«:
Wie Kinder und Jugendliche heute immer früher mit Sexualität konfrontiert werden
    Der ehemalige Augsburger Bischof Walter Mixa sorgte im Februar 2010 für Aufregung, als er die zunehmende Sexualisierung unserer Gesellschaft für den Kindesmissbrauch an katholischen Einrichtungen mitverantwortlich machte. »Die so genannte sexuelle Revolution, in deren Verlauf von besonders progressiven Moralkritikern auch die Legalisierung von sexuellen Kontakten zwischen Erwachsenen und Minderjährigen gefordert wurde, ist daran sicher nicht unschuldig«, erklärte Mixa in einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen Zeitung. Dass es sexuelle Gewalt gegen Kinder in katholischen Einrichtungen jedoch schon immer gab, weit vor den 1960er Jahren und das auch nicht zu knapp, entkräftet das Argument des mittlerweile zurückgetretenen Bischofs meiner Meinung nach voll und ganz. Und auch die Tatsache, dass die meisten an Bildungseinrichtungen beschäftigten Täter ihren Antrieb nicht in einer liberalen Sexualität finden, sondern gegenteilig in einer perfiden Ausnutzung ihrer Machtposition, spricht gegen Mixas These. Und doch möchte ich in diesem Kapitel die Folgen der Sexualisierung für unsere Gesellschaft stärker unter die Lupe nehmen. Denn meiner Meinung nach gibt es insofern einen Zusammenhang zwischen der Sexualisierung unserer Gesellschaft und sexueller Gewalt, als dass die suggestiven, stark sexuell aufgeladenen Bilder, mit denen Mädchen und Jungen heute aufwachsen, eine gesunde Beziehung zum eigenenKörper und eine gute Wahrnehmung der eigenen Grenzen erschweren. Pornos im Internet, Popsängerinnen im Bondage-Outfits und Topmodelshows im Privatfernsehen erschweren Kindern und Jugendlichen die Entwicklung eines positiven Körperbildes und einer ichbezogenen Sexualität. Dabei wissen wir ja: Vor allem ein starkes Selbstbewusstsein und ein gutes Gefühl für die eigenen Grenzen können Kindern und Jugendlichen helfen, Missbrauchssituationen schneller als solche zu erkennen und sich dementsprechend eher Unterstützung zu holen.
»Sex sells«: Wie die

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