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Scheherazade macht Geschichten

Titel: Scheherazade macht Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Shaw Gardner
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schwierig für mich, nur so kurz in die Zukunft zu schauen, aber alleine ihre Anzahl läßt einige interessante Schlußfolgerungen zu.«
    »Dann...«
    »Habe ich also schon lange gewußt, daß du kommen wirst? Aber ich habe nichts getan, um dich vor König Shahryar zu retten? Du mußt verstehen. Es war nötig zu warten, damit alles den richtigen Verlauf nimmt. Du mußtest von dir aus zu uns in den Palast der Schönen Frauen kommen. Ich mag zwar dazu in der Lage sein, die Zukunft vorauszusehen, aber eine Alte Weise weiß auch, daß es töricht wäre, dem Schicksal ins Handwerk pfuschen zu wollen.«
    »Aber... «, versuchte es Scheherazade erneut.
    »Zur Antwort auf deine nächsten sechs Fragen: ja, ja, nein, ja, nein und nur mit Petersilie. Da das damit erledigt wäre, lausche nun bitte meinen Worten, denn ich habe dir wichtige Ratschläge zu erteilen.«
    »Welche Fra...«, hob Scheherazade wieder einmal an, aber die Alte Weise hob eine zitternde Hand und gebot ihr zu schweigen.
    »Schon oft wurde gesagt, und wahrlich trifft es zu, daß kein Mann Herr über sein Schicksal ist«, begann die alte Frau, »denn wir Frauen sind es, die es in Wahrheit beherrschen. Was würde ein Mann nicht alles für seine Mutter tun, seine Tochter oder seine Geliebte? Nicht, daß den Männern das bewußt ist, denn im großen und ganzen ist es weitaus weniger anstrengend, sie in dem Glauben zu lassen, daß sie das Zepter in der Hand halten. Gelegentlich artet diese Illusion von Macht aus und muß wieder zurechtgerückt werden, wenn auch ganz unauffällig, so daß die Männer keinen Verdacht schöpfen, wie die Dinge in Wahrheit liegen.«
    Bis eben war Scheherazade selbst nicht klar gewesen, wie die Dinge in Wahrheit lagen, aber wenn sie jetzt so darüber nachdachte, klang das Gesagte außerordentlich vernünftig.
    »Natürlich«, fuhr die Alte Weise fort, »gibt es noch einige mächtigere Waffen... marilynmon..., derer wir Frauen uns bedienen können, als zum Beispiel Mutter- oder Tochterliebe. Und es könnte die Zeit gekommen sein, da wir uns jeder Waffe bedienen müssen, die in unserer weiblichen Waffenkammer zu finden ist. Aber etwas solltest vor allem du niemals vergessen. Die größte Macht geht von der Gabe aus, die du bereits im Übermaß besitzt und mit der du so vorzüglich umzugehen weißt.«
    Daraufhin wandte die alte Frau den Blick von Scheherazade ab und richtete ihn zum Gewölbe der Höhle hinauf. »Das ist alles, was ich dir zu sagen habe. Du kannst jetzt gehen. Ich sehe voller Freude in die Zukunft, die ich bereits gesehen habe.«
    Scheherazade fragte sich, ob der Ruf der Alten Weisen nicht hauptsächlich von solch kryptischen Bemerkungen herrührte. Da es jedoch sinnlos war, noch länger hier zu verweilen, erlaubte sie Marjanah, sie von diesem schmucklosen Haufen Dreck zurück zum schmucken Palast zu führen. Dort bat sie darum, in ein leeres Gemach gebracht zu werden, um sich von den Strapazen ihrer Reise zu erholen. Marjanah schlug vor, auf der Opal-Etage nachzusehen, wo es vielleicht noch einen unbenutzten Flügel gäbe.
    Bevor sie jedoch ihr Ziel erreichten, erklang plötzlich im ganzen Palast lautes Glockengeläut.
    »Das ist der Alarm!« informierte Marjanah die Geschichtenerzählerin.
    Scheherazade runzelte die Stirn. »Bedeutet das Gefahr?«
    »Vielleicht«, schränkte Marjanah ein. »Genauer gesagt bedeutet es, daß Männer bei uns einzudringen versuchen!«

Das 31. der 35 Kapitel,
    in dem sich Vergangenheit und Gegenwart immer näher kommen und auch die Zukunft nicht weit entfernt liegt.
     
    OZZIE BEGINNT SICH AUFZUREGEN
     
    »WAS BEDEUTET ALL DAS GEREDE VON DER MACHT DER FRAUEN?« bellte Ozzie und zerriß damit erneut den Faden der Geschichte.
    »Wie bitte?« fragte Scheherazade, die durch Zwischenfragen immer aufgeschreckt wurde, und nichts konnte aufschreckender sein als ein wütender, schwebender grüner Kopf.
    »WAS DIE ALTE WEISE GESAGT HAT«, fuhr Ozzie fort. Sein Zorn schien sich zu bloßer Ungeduld abzukühlen. »ÜBER DIE FRAUEN, DIE DEN MÄNNERN DIE ILLUSION LASSEN, DAS ZEPTER IN DER HAND ZU HALTEN. TRIFFT DAS AUF JEDE ART VON LEBEWESEN ZU?«
    »Oh, du meinst in meiner Geschichte?« erwiderte Scheherazade gelassen. »Das ist bloß ein Trick, dessen sich die Geschichtenerzähler gerne bedienen. Aber du wirst dich bis zum Schluß gedulden müssen, wenn du sehen willst, wie kunstvoll ich dieses Thema in die Geschichte eingewoben habe.«
    »OH«, meinte Ozzie, als ob er immer noch nicht ganz verstünde.

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