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Scheherazade macht Geschichten

Titel: Scheherazade macht Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Shaw Gardner
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DEM,
    WAS ER IN SEINEM NETZ FING
     
    Es war einmal, fing ich also an, vor langer, langer Zeit, da lebte in einem Königreich nicht weit von hier ein Fischer, der seine Netze genau dreimal – nicht mehr und nicht weniger – am Morgen und dreimal am Mittag, nachdem er seine Mittagsgebete aufgesagt hatte, im Meer auswarf.
    Nun hatte dieser Mann mit den ausgeprägten Gewohnheiten schon den Morgen eines sonnigen Tages mit Fischen verbracht, ohne den geringsten Erfolg gehabt zu haben. Doch blieb ihm ja noch jene Zeit kurz nach Mittag, und sicherlich würde sein Glück sich dann wenden und er für seinen Fleiß belohnt werden.
    Der Fischer kehrte also an einen seiner bevorzugten Plätze an der Küste zurück und warf sein Netz über das Meter, bevor er weit in das Wasser hinauswatete, um sicherzugehen, daß es auch ganz ausgebreitet und vollständig untergetaucht war. Als genügend Zeit vergangen war und das Netz bis auf den Boden hinabgesunken sein mußte, zog der Fischer daran, aber es bewegte sich nicht von der Stelle.
    Und so kam es also, daß der Fischer sich tiefer ins Wasser begab und hier und da an dem Netz zerrte, bis es ihm gelungen war, es um den riesigen Gegenstand, den er gefangen hatte, zusammenzuziehen. Wahrlich, wahrlich, da mußte ihm doch in der Tat der König aller Fische ins Netz gegangen sein! Nur mit großer Mühe gelang es ihm, diesen gewaltigen Fang aus dem Wasser an den Strand zu ziehen – und alles nur, um zu entdecken, daß es sich überhaupt nicht um einen Fisch handelte, sondern um ein totes Maultier.
    War dies sein Schicksal? dachte er. Nach Nahrung zu suchen und doch bloß Abfall zu finden? Und so kam es, daß er, während er sein Netz wieder säuberte, kleine Liedchen reimte und sie vor sich hinsang, wie das die Leute in Geschichten so zu tun pflegen. Und dies war das Lied, das er sang:
     
    Ich werfe hier tagein, tagaus
    Als Fischer meine Netze aus.
    Stets hofft man dabei auf das Beste,
    Doch was man fängt, das sind bloß Reste.
     
    Schließlich war er mit der Arbeit fertig und warf das Netz ein zweites Mal aus in der Hoffnung, diesmal mehr Glück zu haben.
    Und tatsächlich, als er eine Weile später daran zog, stellte er fest, daß es wieder etwas sehr Schweres enthielt, wenn auch nicht so Schweres wie beim ersten Mal. Vielleicht, so überlegte er, habe ich diesmal einen ganzen Schwarm Fische gefangen, der nicht nur ausreicht, meine Familie satt zu machen, sondern alle Familien im Dorf.
    Wie groß war daher seine Enttäuschung, als er sah, was er aus dem Ozean gefischt hatte, denn in den Maschen seines Netzes hingen bloß Glasscherben und zerbrochene Tonkrüge, die dick mit dem Schlamm bedeckt waren, der an dieser Stelle den Meeresgrund bedeckte.
    Erneut beschloß der Fischer, sein Netz zu säubern, und wieder sang er dabei ein Lied, um sich selbst zu trösten:
     
    Was ist los mit meinen Netzen?
    Das frage ich mich sehr.
    Suche fleißig hier nach Schätzen,
    Und fische Müll nur aus dem Meer.
     
    Nun, es war eindeutig: sogar seine Lieder wurden immer schwermütiger. Doch irgendwann hatte der Fischer sein Netz auch von der letzten Glasscherbe und dem letzten Stückchen Ton befreit und war bereit, es wieder ins Wasser zu werfen.
    Und er betete zu Allah und allen Mächten der Vorsehung, daß sie ihn diesmal, bei seinem letzten Versuch, mit etwas mehr Glück segneten. Dann warf er sein Netz und sah zu, wie es langsam im Ozean versank.
    Nachdem genügend Zeit verstrichen war, zog er an seinem Netz und merkte sofort, daß er auch diesmal einen Fang, wenn auch vielleicht keinen so großen gemacht hatte. Und da die Hoffnung zu den Gefühlen des Menschen gehört, die sich nur ganz schwer ausrotten lassen, stellte er sich auch diesmal vor, daß er zumindest einen großen Fisch erbeutet hatte.
    Also zog er das Netz an den Strand und öffnete es, um einen Blick auf seinen Fang zu werfen. Zuerst verließ ihn alle Hoffnung, denn das Ding, das er da aus dem Wasser gezogen hatte, war mit Sicherheit kein Fisch, sondern eine Art Flasche, die ganz mit Schlamm bedeckt war. Dennoch tröstete sich der Fischer mit dem Gedanken, daß dies immer noch besser war als ein totes Maultier und ein Netz voll zerbrochenem Glas und Ton. Daher machte er sich gleich daran, seinen neuesten Fang zu säubern, und tatsächlich, nachdem er ganz gewissenhaft den Schlamm entfernt hatte, entdeckte er, daß er ein Gefäß in der Hand hielt, das mit großer Kunstfertigkeit aus reinstem Kupfer gefertigt worden war.
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