Scheherazade macht Geschichten
ihr geschenkt hatte, schien er jetzt mit sagenhaften Edelsteinen besetzt, die in allen Farben des Regenbogens leuchteten und die Armbänder dreimal so wertvoll erschienen ließen wie alles, was meine Brüder jemals an Reichtum in ihrem Leben in den Händen gehalten hatten.
Doch noch immer sorgte ich mich nicht allzusehr um die Schreie, die sich den Kehlen meiner Brüder entrangen, und hielt sie eher für den Ausdruck ihres Erstaunens als ihrer Wut.
Dann kam meine Braut auf mich zu, und mit einer Stimme, die tief und lüstern klang, doch nicht so tief und lüstern, daß einer der Umstehenden sie nicht hätte vernehmen können, sang sie weiter:
›Heh da, Händler mein,
Wer wird denn so schüchtern sein?
Laß dich nicht länger bitten
und vergiß die guten Sitten.‹
Sicherlich brauche ich Euch nicht zu erzählen, daß kein Sterblicher einer solchen Aufforderung hätte widerstehen können. Doch als ich meiner Geliebten entgegentrat, kam auch Leben in meine erstarrten Brüder.
›Mit seinem Reichtum prahlen! Mit seiner Liebe prahlen! Schmuselieder! Das ist mehr, als wir ertragen können!‹ riefen sie wie aus einem Munde und warfen uns beide über Bord.
In diesem Moment war ich der festen Überzeugung, daß ein einziger Augenblick närrischen Glücks sowohl meine Frau als auch mich das Leben kosten würde. Doch noch bevor wir auch nur in eine der Wellen, die gegen das Schiff schlugen, eingetaucht waren, veränderte meine Frau ihre Gestalt und verwandelte sich vor unser aller Augen in eine Ifritah, deren Gesicht sich zu einer Maske unheiligen Zorns verzerrt hatte.
›Wundere dich nicht, o treuer Ehemann‹, ermahnte mich meine in eine Ifritah verwandelte Frau, während sie mich aus dem Meer fischte, ›denn ich habe mich der Gnade und Güte Allahs verschrieben und beschlossen, ein ehrenwertes Leben zu führen. So kam es, daß ich dir als eine arme Frau in alten Lumpen erschien, denn ich suchte einen Mann mit gütigem Herzen, um mich mit ihm zu vermählen. Nun mußt du mich für einen Augenblick entschuldigen, denn ich muß einen trockenen Platz für dich finden, wo du dich ausruhen kannst, während ich deine Brüder töte.‹
Doch sobald ich mich von meiner Überraschung erholt hatte, bat ich meine Frau zu warten und ihre Absichten noch einmal zu überdenken, denn sagte nicht einmal ein weiser Mann: »Der Mann, der sich niederträchtig zeigt, wird für diese seine Niederträchtigkeit bestraft werden. Niemals wird er inneren Frieden finden, und selten wird ihm in einem Teehaus ein guter Tisch zugewiesen werden.«
›Ich muß tun, was ich tun muß‹, lautete die einzige Antwort meiner Frau, und im Nu hatte sie mich in meine Heimatstadt und meinen Laden zurückgebracht. Noch bevor ich weiter auf sie einreden konnte, war sie wieder verschwunden, und ich fiel in einen tiefen, erschöpften Schlaf.
Am folgenden Morgen wachte ich auf und sah meine Frau neben mir an meinem Bett stehen. Neben ihr hockten jene beiden Hunde, die Ihr hier vor Euch seht. Und als die Hunde mich erblickten, da begannen sie mitleiderregend zu heulen und ihre Köpfe hängen zu lassen, wie es die Art dieser Tiere ist.
Dann sprach meine Frau zu mir: ›Kennst du denn diese beiden Hunde nicht?‹ Ich antwortete ihr mit nein, ich hätte sie nie zuvor gesehen. Und da fragte sie weiter: »Erkennst du denn nicht deine beiden Brüder?‹ Und tatsächlich, bei genauerem Hinsehen entdeckte ich einen gewissen verschlagenen Blick und einen unaufrechten Gang, den diese Tiere mit meinen Brüdern gemein hatten.
›Ich habe mich deiner Worte erinnert‹, fuhr meine Frau fort, ›und kam zu dem Entschluß, daß es besser wäre, diesen beiden Halunken eine Gestalt zu geben, die ihrem wahren Wesen entspricht, als sie zu töten. So können sie noch lange über ihre Torheit nachdenken. Also nahm ich mir Rat bei meiner Schwester, die in solchen Dingen sehr bewandert ist, und sie verwandelte die beiden in Hunde, und Hunde sollen sie auch für die nächsten zehn Jahre bleiben.‹
Diese zehn Jahre sind nunmehr vergangen, und ich war auf dem Weg zu meiner Schwägerin, damit sie meinen Brüdern ihre menschliche Gestalt zurückgeben kann, als ich zu diesem Ort hier kam. Dies ist meine Geschichte, und sie ist hiermit zu Ende.
DIE GESCHICHTE
VON DEM HÄNDLER UND DEM DSCHINN
(Fortsetzung der fortgesetzten Fortsetzung
der fortgesetzten Fortsetzung)
Der Händler war über diese Geschichte, die der zweite Scheich erzählt hatte, doppelt erstaunt –
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