Scheherazade macht Geschichten
hatte und am ganzen Körper mit Schweiß bedeckt war, zog er sich in sein Bad zurück. Und als er aus dem Wasser stieg, blickte er an sich hinab und sah, daß seine Haut glatt und rein war. Keine einzige Schuppe war mehr zu sehen, nirgendwo juckte es, und kein Pickel schickte sich an, in seinem Gesicht zu sprießen.
Der König ließ den Medicus zu sich rufen, und nachdem dieser in den Palast zurückgekehrt war, schenkte Yunan ihm zweitausend Dinare sowie einige kostbare Gewänder und viele andere wertvolle Gaben. Da er sich durch diese Aufmerksamkeit, die ihm zuteil wurde, sehr geehrt fühlte, unterhielt sich Rayyan noch ein wenig mit dem König über die Heilung von Kopfschmerzen, bei der eine Menge Vögel und das Spielen auf einer Flöte eine große Rolle spielten, sowie über die Behandlung von Erkältungskrankheiten, die etwa zwei Wochen in Anspruch nahm und eine Seereise erforderlich machte.
Doch etwas war faul im Palast König Yunans, denn der Großwesir wurde Zeuge, wie der König den Medicus ehrte und lobpries, und das auf eine Art und Weise, wie sie dem Großwesir selbst, den der König bisher so hochgeschätzt hatte, noch nie zuteil geworden war. Zweitausend Dinare? dachte der Wesir. Für einen einzigen kleinen Dienst? Und bloß dafür, daß der Kurpfuscher dem König einen Poloschläger in die Hand gedrückt hatte?
Ja, so kam es, daß der Großwesir, der in allen anderen Belangen ohne Fehl und Tadel war, eifersüchtig wurde auf Rayyan den Medicus (immerhin: zweitausend Dinare!) und nicht umhin konnte, dem König gegenüber einige Zweifel, die ihn beschlichen hatten, zur Sprache zu bringen.
›O höchst ehrenwerter König, der noch hundert Jahre und viel länger herrschen möge‹, begann der Wesir und dachte dabei nur an all das Gold, ›ich fürchte, ich muß Euch auf eine ernste Sache hinweisen, denn da ist jemand unter uns, den Ihr ehrt und lobpreist, der Euch jedoch nur Böses will.‹
Der König, den der unheilverkündende Tonfall dieser Warnung sehr besorgt machte, drängte den Großwesir, weiterzureden.
›Ich spreche von niemand anderem als diesem Emporkömmling Rayyan, diesem falschen Medicus‹, fuhr der Wesir fort (all die Dinare auf einen Haufen!), ›denn ich bin überzeugt davon, daß er Böses mit Euch im Schilde führt.‹ (Es war die Sache mit dem Polo-Schläger, die seine Meinung letztendlich unumstößlich machte.)
Doch der König wollte diesen Anschuldigungen keinen Glauben schenken. ›Wie kommst du dazu, so etwas zu behaupten?‹ rief er voller Verwunderung. ›Dieser Medicus hat mich geheilt. Ich schuppe mich nicht länger, und ich habe auch keinen einzigen Pickel mehr! Wahrlich, er ist mein Freund, und aus dir spricht nur die Eifersucht, ganz ähnlich wie in jener alten und ehrwürdigen Geschichte von König Sindbad!‹
›König Sindbad?‹ fragte der Wesir, der es für unklug hielt, weitere Einwürfe zu machen. Abgesehen davon, daß der König mit seiner Bemerkung über Eifersucht möglicherweise nicht ganz unrecht hatte, war der Wesir es gewohnt, stets und überall den Wünschen seines Herrn nachzukommen. Das galt vor allem, wenn es darum ging, dem Herrscher das richtige Stichwort zum Erzählen einer Geschichte zu liefern. Und so fragte der Wesir denn auch pflichtgetreu: ›Was geschah denn mit König Sindbad?‹
Und dies ist die Geschichte, die König Yunan erzählte:
DIE GESCHICHTE
VON KÖNIG SINDBAD UND DEM FALKEN
›So höre denn‹, begann der König. ›vor langer, langer Zeit lebte in eben diesem Königreich ein mächtiger Herrscher namens Sindbad, und im Vergleich zu seinen Verdiensten würden meine bescheidenen Meriten sich eher wie winzige Samenkörner gegenüber einem großen, ausgewachsenen Baum ausnehmen...‹
AN DIESER STELLE WERDEN ALL DIE GESCHICHTEN
FÜR EINEN KURZEN AUGENBLICK
VON EINEM UNGEDULDIGEN OZZIE UNTERBROCHEN
»EINEN AUGENBLICK BITTE!« unterbrach der gewaltige und alles andere als höfliche grüne Kopf von Ozzie, dem Dschinn. »WIR KENNEN DOCH BEREITS DIE GESCHICHTE VON SINDBAD!«
»Das ist mein Name!« platzte es aus dem dürren Mann mit Namen Sindbad heraus, und das, nach seinem Gesichtsausdruck zu schließen, nicht ganz freiwillig.
»Das ist richtig«, erwiderte Scheherazade mit einer Höflichkeit, die sie im Harem gelernt hatte, »doch ›Sindbad‹ ist ein althergebrachter ehrenwerter Name, und ich spreche diesmal von einem anderen großen Mann, der ihn trug.«
»NUN GUT«, meinte Ozzie, und seiner Stimme waren
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