Scheherazade macht Geschichten
Astrologe. Außerdem kannte er sich mit Pflanzen und Kräutern, ob frisch oder getrocknet, aus. Und er hatte Philosophie studiert und nebenher auch zuweilen als Holzfäller gearbeitet.
Rayyan hörte vom Zustand des Königs, und da er überall als ein sehr mitfühlender und wohltätiger Mann galt – und außerdem, wie wir alle, einige Rechnungen zu bezahlen hatte –, entschloß er sich, dem König einen Besuch abzustatten und ihm seine Dienste anzubieten. So kam es also, daß der Medicus sich in seine feinsten Gewänder kleidete und sich zum Palast aufmachte, wo er sofort vor den König geführt wurde. Rayyan trat auf Yunan zu, verbeugte sich tief und küßte die Stelle zwischen seinen Händen, was gewiß weitaus angenehmer war, als diese Hände selbst zu küssen.
›Herr‹, meinte der Medicus, nachdem er seinen Herrscher mit den besten Wünschen beglückt hatte, ›ich habe vernommen, daß Ihr unter einem äußerst bedauernswerten und ausgesprochen entmutigenden Zustand Eurer Haut zu leiden habt, den zu heilen noch keinem Arzt in diesem Land gelungen ist.‹
›In der Tat, so ist es‹, entgegnete der König voller Gram. ›Man hat es schon mit allen möglichen Tränken und Pillen und Salben probiert, aber nichts hat Erfolg gezeigt.‹
›Das verwundert mich nicht‹, erwiderte Rayyan, ›denn ich kenne nur ein einziges Heilmittel, das bei einer Krankheit wie der Euren helfen kann, und das ist weder eine Pille noch eine Salbe.‹
›Du kennst ein Heilmittel?« fragte der König, und seine Stimme drückte eine Mischung aus Verwunderung und Unglauben aus.
›Aber sicher tue ich das‹, versicherte Rayyan. ›Und Ihr werdet zudem weder Schmerzen verspüren, noch wird Eure Genesung langwierig sein.‹
›Wenn das tatsächlich wahr ist‹, sagte der König, ›werde ich dich reich belohnen, und nicht nur dich, auch deine Söhne und die Söhne deiner Söhne. Und nun sag, werter Medicus: Wie lange brauchst du, um ein solches Mittel herzustellen?‹
Der Medicus überlegte einen Moment und sagte dann: ›Ich denke, daß ich in einem Tag mit der Behandlung beginnen kann.‹
›Sehr gut! Dann sollst du morgen beginnen!‹ verkündete der König, denn er war des ewigen Juckens mehr als überdrüssig.
Rayyan verließ den Palast also augenblicklich und quartierte sich in einem Haus ein, das seinen Zwecken diente. In dieses Haus brachte er all seine Bücher, seine Tinkturen und Kräuter. Und als er diese Arbeit erledigt hatte, begann er aus den Tränken und Kräutern und allem, was sonst noch für das Heilmittel benötigt wurde, einen Extrakt zu brauen. Außerdem schnitzte er ein hohles Schlagholz, in das er den Extrakt hineingoß, sowie einen Griff, mit dem er das Loch im Schläger verschließen konnte. Zum Schluß fertigte er dann noch einen zum Schläger passenden Ball an.
Als der Medicus damit fertig war, war die Sonne einmal unter- und wieder aufgegangen, so daß er sich augenblicklich auf den Weg zum Palast machte. Dort überreichte er, nachdem er erneut die Luft zwischen den Händen des Königs geküßt hatte, diesem die von ihm gefertigten Gegenstände und gab ihm folgende Anweisung: der König solle sein Pferd besteigen, zum Polo-Feld reiten und dort mehrmals den Ball mit dem Schlagholz schlagen.
›Ist das etwa die ganze Behandlung?‹ fragte der König ungläubig.
›Nein‹, erwiderte Rayyan ausgesprochen höflich, denn seine Behandlungsmethoden stießen öfters auf diese Art von Bedenken. ›Dadurch wird die Heilung nur in Gang gesetzt. Aber Ihr werdet alles verstehen, wenn Ihr erst einmal diese Aufgabe erledigt habt.‹
Der Medicus machte einen solch vertrauenerweckenden und ehrlichen Eindruck, daß der König augenblicklich zum Polo-Feld aufbrach, gefolgt von zahlreichen Mitgliedern seines Hofstaats. Und dort trafen sie wieder mit dem Medicus zusammen, so daß dieser folgende weitere Anweisung geben konnte:
›Packt den Schläger am Griff und haltet ihn so, wie ich es Euch zeige. Reitet mit Eurem Pferd über das Spielfeld und schlagt den Ball so lange, bis Eure Hand, Euer Arm, Euer ganzer Körper mit Schweiß bedeckt ist. So wird mein Heilmittel über Eure Handfläche in Euren Körper eindringen. Wenn Ihr lange genug geschwitzt habt, dann solltet Ihr in den Palast zurückkehren und ein Bad nehmen. Danach werdet Ihr geheilt sein. Bis dahin sei der Friede mit Euch!‹
Damit verließ der Medicus das Polo-Feld, und der König tat, wie der Arzt es ihm aufgetragen hatte. Als er seine Übungen beendet
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