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Scheherazade macht Geschichten

Titel: Scheherazade macht Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Shaw Gardner
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sterben, denn ich werde die Wahrheit kennen.‹
    ›Menschen!‹ meinte der Ifrit verächtlich und rollte seine blutunterlaufenen Augen gen Himmel. »Paß jetzt gut auf! Es geht los. In dem einen Moment bin ich noch groß und eindrucksvoll...‹
    Die Kreatur hielt inne und verwandelte sich augenblicklich von einem gewaltigen Ungeheuer in eine gleich große Rauchwolke, die nur wenige Sekunden später vollständig in der Flasche verschwunden war.
    ›... und im nächsten‹, hallte eine Stimme tief aus dem Bauch des Tongefäßes, ›bin ich schon handlich klein und problemlos überallhin mitzuschleppen. Was könnte einfacher sein als das? Nun gestatte mir...‹
    Doch bevor dem Ifrit irgend etwas gestattet werden konnte, stieß der Fischer schnell den Verschluß in die Flasche zurück und brachte außerdem noch mit Hilfe eines Stückes Hanf, das er stets bei sich trug, um notfalls sein Netz ausbessern zu können, das Siegel wieder an, so gut er konnte.
    ›Was?‹ rief der Ifrit überrascht. ›Was machst du da? Ich warne dich, das bringt dir nicht eben einen ehrenvollen Tod ein!‹
    ›Das bringt mir überhaupt keinen Tod ein, zumindest nicht einen durch die Hände eines großen, eingebildeten Ifrits!‹ entgegnete der Fischer triumphierend. ›Als erstes werde ich dich wieder der See übergeben, aus der ich dich gefischt habe. Dann werde ich mein Haus an eben diesem Strand errichten und alle, die vorbeikommen, warnen, daß ein Ifrit hier unter Wasser darauf lauert, jeden umzubringen, der ihn befreit!‹
    ›Umbringen?‹ erwiderte der Ifrit mit Verwunderung in der Stimme. ›Warum sollte ich so etwas tun wollen? Versteht ihr Menschen denn nicht einmal einen kleinen Ifrit-Scherz? Immerhin muß einem doch nach über tausend Jahren in einer Flasche ein kleines, harmloses Vergnügen erlaubt sein. Jetzt laß mich raus hier, und ich werde dich mit all den wunderbaren Schätzen überhäufen, die dir von Anfang an zugestanden haben!‹
    ›Du lügst, o Kreatur der niederträchtigsten Hexenkunst!‹ erwiderte der Fischer. ›Unsere Unterhaltung erinnert mich nur allzusehr an die zwischen dem Wesir des Königs Yunan und Rayyan dem Medicus!‹
     ›Was hat sich denn zwischen König Yunans Wesir und Rayyan dem Medicus abgespielt?‹ wollte der Ifrit verwundert wissen. ›Ich habe noch nie von diesem Vorfall gehört. Um welch wundersame Geschichte handelt es sich dabei?‹
    Und der Fischer antwortete folgendermaßen:
     
    DIE GESCHICHTE
    VON KÖNIG YUNANS WESIR
    UND RAYYAN DEM MEDICUS UND DEM,
    WAS SICH ZWISCHEN IHNEN EREIGNET HAT
     
    So wisse denn, o Wesen voller Falschheit, daß vor langer, langer Zeit in der riesigen Stadt Ferrn im fernen Land Riesik ein König namens Yunan lebte. Yunan war ein gar mächtiger Herrscher, der von seinen Untertanen geliebt und von seinen Feinden gehaßt wurde. Eines fehlte allerdings zu seinem vollkommenen Glück. Und das hatte mit seiner Haut zu tun. Ha, wirst du nun sagen, ich kenne viele reiche und berühmte Leute, deren Haut nicht gerade zu den reinlichsten gehört.
    Aber Yunan war ein ganz besonderer Fall. Denn die Haut an seinen Händen war ausgesprochen trocken, und jedesmal, wenn er einen Menschen oder einen Gegenstand anfaßte, begannen sich große weiße Flocken von der Haut zu lösen und umherzufliegen. Nichts gab es, was man mit diesen weißen Flocken vergleichen konnte – außer natürlich die Schuppen, die aus seinem Haar rieselten und stets seine Schultern, seine königlichen Gewänder und den Boden unmittelbar um ihn herum bedeckten. Und dennoch, obwohl seine Haut so trocken war, glänzte sein Gesicht an vielen Stellen ölig rot, und oft wuchsen ihm große, häßliche Pickel – und das so schnell, daß man ihnen tatsächlich im Verlaufe eines kurzen Gespräches zusehen konnte, wie sie aus dem Nichts entstanden und größer und größer wurden, bis sie platzten.
    Wahrlich, dieser schreckliche Zustand verwirrte jeden Medicus des Königreichs, und zahlreich waren die Worte, mit denen man dieses unheilbare Leiden zu beschreiben versuchte. Vielleicht wäre sogar jenes von allen gefürchtete Wort ›Lepra‹ gefallen, wenn wir hier nicht von königlichem Blut sprechen würden – und ein derartiger Vergleich für einige Leprakranke nicht allzu beleidigend wäre.
    Eines Tages nun besuchte ein alter, weiser Medicus die Stadt, und dieser Medicus hieß Rayyan. Rayyan war sehr belesen, er beherrschte Griechisch, Persisch, Latein, Arabisch und das Syrische. Er war sowohl Arzt als auch

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