Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Scheherazade macht Geschichten

Titel: Scheherazade macht Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Shaw Gardner
Vom Netzwerk:
YUNANS WESIR
    UND RAYYAN DEM MEDICUS UND DEM,
    WAS SICH ZWISCHEN IHNEN EREIGNET HAT
    (für eine etwas längere Zeit wieder aufgegriffen)
     
    ›Und so fürchte ich, o mein König‹, fuhr der Großwesir fort, daß Ihr, solltet Ihr weiterhin auf diesen Medicus hören, den schrecklichsten aller Tode sterben werdet.‹
    ›Das mag schon sein‹, erwiderte der König voller Zweifel, ›obwohl ich noch immer nicht überzeugt bin. Und außerdem weiß ich nicht, ob du dir da wirklich einen Gefallen tust, wenn du mir Geschichten von verräterischen und untreuen Wesiren erzählst.‹
     
    PLÖTZLICHE UNTERBRECHUNG
    ALL DER GESCHICHTEN DURCH EINE
    UMSICHTIGE DUNYAZAD
     
    »Verzeih mir, o Schwester«, unterbrach Dunyazad die lange und verwickelte Erzählung Scheherazades, »aber wenn du eine kleine Pause einzulegen gedenkst, so glaube ich, wäre jetzt der richtige Zeitpunkt dazu.«
    Doch Scheherazade wollte davon nichts hören, denn nur, wenn sie weitererzählte, konnte sie sicher sein, daß sie und ihre Schwester am nächsten Morgen noch Köpfe auf ihren Schultern trugen.
    »Sicher erlaubst du dir nur einen Scherz, meine geliebte Schwester«, entgegnete sie daher. »Doch kommen wir zur Geschichte zurück. Ich war gerade dabei, vom König und dem Großwesir zu erzählen...«
    »Gewiß«, unterbrach Dunyazad sie erneut. »Natürlich kannst du deine Geschichte weitererzählen, aber ich fürchte, unser Publikum wird sich daran nicht mehr erfreuen können.«
    Wollte Dunyazad damit etwa den König beleidigen? Scheherazade reagierte schnell und voller Panik. »Vergebt ihr, o geliebter Ehemann, denn sie ist jung und der Abend schon alt. Außerdem wollt Ihr sicher nicht den nächsten Teil meiner Geschichte versäumen, der so spannend ist...«
    »Es hat gar keinen Zweck, deinem Ehemann eine Geschichte zu erzählen«, warf Dunyazad unbeirrt ein. »Er ist schon vor einer ganzen Weile eingeschlafen.«
    Und wie zur Bestätigung begann der König, der in weiche Kissen gebettet dalag, laut zu schnarchen.
    »Eingeschlafen?« wiederholte Scheherazade ungläubig.
    »Ich glaube, er befindet sich schon etwas länger in diesem Zustand«, erklärte Dunyazad. »Zumindest schon seit der Sache mit der Menschenfresserin, vielleicht sogar schon vorher.«
    Da endlich gönnte Scheherazade sich eine Pause, um den König zu mustern. Dieser schnarchte recht leise, aber regelmäßig. Scheherazade war so sehr in ihre eigene Geschichte vertieft gewesen, daß sie darüber ganz ihren Zuhörer vergessen hatte. Natürlich lag das auch mit daran, daß der König, wenn er nicht gerade etwas naschte oder mit Schwertern spielte, ein eher ruhiger Mensch war. Mit anderen Worten, seine Haltung beim Zuhören war genau dieselbe wie die, die er beim Schlafen einnahm.
    Derweil kippte Shahryars Kopf nach hinten, sein Mund klappte auf, und sein Schnarchen wurde unüberhörbar.
    »Er fällt in noch tieferen Schlaf«, stellte Scheherazade fest.
    »Vielleicht sollten wir das ausnützen und ebenfalls ein wenig schlafen«, schlug Dunyazad vor.
    »Ich weiß nicht, ob das eine sehr gute Idee wäre«, erwiderte Scheherazade zweifelnd, »denn was würde geschehen, wenn er aufwacht, während wir noch schlafen? Seine Schwerter befinden sich leider in Reichweite, und ich fürchte, daß der König noch immer im Bann einer fremden Macht steht.«
    »Wieder einmal, o Schwester«, stimmte ihr Dunyazad zu, »sprichst du weise Worte. Doch könnten wir nicht abwechselnd schlafen? So könnte die, die Wache hält, diejenige, die schläft, sofort aufwecken...« Sie unterbrach sich und deutete auf den König. »Doch halt, er bewegt sich!«
    Dunyazad hatte tatsächlich recht, denn die Arme und Beine des Königs begannen zu zucken, während er selig weiterschnarchte.
    »Vielleicht plagt ihn ein böser Traum«, überlegte Dunyazad.
    »Ich fürchte, ihn plagt mehr als nur ein Traum«, erwiderte Scheherazade in unheilschwangerem Tonfall, denn sie mußte mitansehen, wie Shahryar sich auf den Bauch rollte und sich auf Arme und Knie aufrichtete, obwohl seine Augen noch immer geschlossen waren und sein Atem tief und regelmäßig ging. Er hörte auch nicht zu schnarchen auf, als er sich zu voller Größe aufrichtete.
    »Er schlafwandelt!« rief Scheherazade.
    Doch damit waren die Überraschungen noch nicht genug, denn der König bückte sich zu seinem Diwan hinunter und griff sich eines der neuen Schwerter aus seiner Sammlung.
    »Vorsicht!« rief Dunyazad. »Er will uns sogar im Schlaf noch

Weitere Kostenlose Bücher