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Scheherazade macht Geschichten

Titel: Scheherazade macht Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Shaw Gardner
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nicht warten müssen.«
     
    Der Abend kam, und wieder wurden die beiden Schwestern zum Palast des Königs gebracht, obwohl es Scheherazade diesmal schwerfiel, sich auf die Geschichte, die sie erzählen wollte, zu konzentrieren.
    Sie wußte, daß ihre Furcht begründet war, als sie die Tore zu den königlichen Gemächern erreichten, denn keine der beiden Wachen war zu sehen, und von drinnen war der Lärm eines großen Tumults zu hören.
    »Wollt wohl meine Schwerter stehlen, was?« fragte die Stimme des Königs, die sich ausgesprochen schrill und angespannt anhörte.
    »Niemand will Euch Eure Schwerter wegnehmen, mein König«, ertönte die dröhnende, aber dennoch beruhigend klingende Stimme des Wachpostens, der am Tag zuvor mit Scheherazade geredet hatte. »Wenn Ihr dieses Spielchen den ganzen Abend zu treiben wünscht, nun, Euer Wunsch ist uns, wie ihr wißt, Befehl.«
    »Dürften wir Euch mit allem Respekt daran erinnern«, fügte die Stimme des anderen Wachpostens hinzu, »daß Ihr selbst es wart, der die Schwerter eben in der Waffenkammer verstauen wollte.«
    »Das war, bevor mir klar wurde, daß ihr mich angreifen würdet!« schrie der König.
    »Euch angreifen?« entgegnete die erste Wache. »Bitte, mein König. Wir sind wie stets nur auf Euer Wohlergehen bedacht.«
    »Das behauptet ihr!« erwiderte der König mit einer Stimme, die im Gegensatz zu der des Soldaten von höchster Erregung zeugte. »Aber ich weiß, daß ihr schon lange ein Auge auf meine Schwerter geworfen habt, jedermann beneidet mich um meine Schwerter!«
    Im gleichen Augenblick ertönte ein lauter Schmerzensschrei.
    »Bei Allah, das war keine Absicht«, fügte der König hinzu, und auf einmal hörte er sich wieder sehr viel beherrschter an. »Diese Waffen sind einfach so gut geschmiedet, daß sie aus mir einen viel besseren Schwertkämpfer machen.« Im Lachen des Königs klang ein wenig Nervosität mit. »Ich hoffe, er überlebt. Andererseits nehme ich an, daß wir immer noch ein paar Wachposten in Reserve haben, oder?«
    Jetzt erschienen beide Wachen in Scheherazades Blickfeld, und sie sah, wie derjenige, der am Abend zuvor mit ihr gesprochen hatte, seinen verletzten Kameraden in seinen Armen trug. Als sie näher kamen, erkannte die Geschichtenerzählerin, daß eine große Wunde an der Seite des Mannes klaffte und seine Kleider an dieser Stelle mit Blut getränkt waren.
    Der Wachposten hielt an der gegenüberliegenden Seite des Eingangs und zog an einer Kordel, die dort hing. Bald darauf erschienen zwei andere Soldaten, denen er seinen verwundeten Kameraden mit den knappen Worten übergab: »Kümmert euch um ihn.«
    Die beiden Neuankömmlinge nickten und trugen den Verletzten schweigend von dannen.
    Daraufhin wandte sich der erste Wachposten an Scheherazade. »Ich bin sehr froh, daß Ihr da seid«, meinte er, obwohl sein Gesicht ausgesprochen düster wirkte. »Ich weiß, er ist unser König und allmächtig und alles, doch in letzter Zeit scheint selbst ihm immer öfters die Kontrolle zu entgleiten. Ich weiß, dafür könnte ich geköpft werden, aber diese Schwerter...« Der Wachposten unterbrach sich, bevor er mehr sagen konnte. »Bitte seht nach ihm, o meine Königin!«
    Er ließ Scheherazade und Dunyazad vorbei und nahm seinen Posten an der Tür wieder ein.
    Scheherazade betrat den Raum nur zögernd. Die tapfere Dunyazad folgte ihr auf dem Fuß. Und so kam es, daß die beiden Schwestern der noch immer frischen Spur roten Blutes in die inneren Gemächer des königlichen Palastes folgten.
    »So!« rief der König, als sie ihn erreichten. »Ich habe die Schwerter wieder in der Waffenkammer verstaut. Was beweist, daß ich sie – wann immer ich will – aus der Hand legen kann, ganz egal, was einige meiner Wachen auch andeuten mögen!« Er blinzelte, als er die beiden Frauen erblickte. »Ah!« meinte er und hielt für eine Weile inne. »Oh!« fügte er dann hinzu. »Ihr seid es.« Er versuchte, seine Gewänder glatt zu streichen, aber sie waren zerrissen, voller Blut und völlig in Unordnung geraten. »Ich freue mich, euch zu sehen«, brachte er schließlich hervor, »denn mein bisheriger Tag war nicht sehr angenehm.«
    Erstaunlicherweise gelang es Scheherazade, ein Lächeln zustande zu bringen. Vielleicht lag es daran, daß sie erkannte, daß die Gefahr für heute nacht vorüber war, auch wenn es bedauerlich war, daß der unschuldige Wachposten die Bekanntschaft mit dem Schwert des Königs gemacht hatte, die eigentlich ihr vorbehalten gewesen

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