Scheherazade macht Geschichten
sich auf den Abend vorzubereiten. Sobald wir wieder aufgewacht sind, werde ich dir alles erklären.«
Dunyazad folgte dem Rat ihrer Schwester, und auch Scheherazade zog sich auf ihr Lager zurück, obwohl ihr so viele Gedanken durch den Kopf gingen, daß sie nicht einschlafen konnte.
Vielleicht, so dachte sie, spielte es gar keine Rolle, ob sie eine Frau zur Feindin hatten oder zwei. Vielleicht war es sogar eine günstige Schicksalsfügung, wenn es tatsächlich zwei Gegnerinnen waren. Und vielleicht, ja, vielleicht würde sogar ihr Plan gelingen und sie würde beide besiegen.
Das 16. der 35 Kapitel,
in dem einige Probleme ihre problematische Lösung finden
und sowohl die Geschichtenerzählerin als auch ihre Geschichte mit unvorhergesehenen Komplikationen konfrontiert werden.
Und so kam es, daß Scheherazade ihrer Schwester ihren Plan mitteilte, sobald sie am Nachmittag aufgestanden waren, denn die Geschichtenerzählerin hatte lange nachgedacht, während sie sich ausgeruht hatte, und sie war sich sicher, daß sie nichts übersehen hatte.
Und Dunyazad stimmte mit ihr überein, daß dieser Plan durchaus einen Versuch wert war. So waren sich beide also einig, als die drei Dienerinnen erschienen, um sie abzuholen. Keine von ihnen wirkte besonders fröhlich. Scheherazade schenkte ihnen ihr aufmunterndstes Lächeln.
»Wir haben lange über euer Problem nachgedacht«, sagte sie, »und ich glaube, es gibt dafür eine Lösung.«
Damit hatte sie zumindest die Aufmerksamkeit ihrer Zuhörerinnen gewonnen.
»Da wir nicht über die Künste verfügen, die nötig sind, um herauszufinden, was eure Schwestern in Tiere verwandelt hat, müssen wir uns wohl oder übel etwas anderes einfallen lassen. Ohne Zweifel lastet ein Fluch über euren Gemächern, und da wir ihn nicht aufzuheben vermögen, müßt ihr ihm zu entfliehen versuchen.« »Aber Omar... «, begann eine der Dienerinnen. »Meine Schwester spricht nicht davon, dem Harem zu entfliehen«, versicherte Dunyazad den drei Frauen. »Nein, sie hat einfach nur einen Platz innerhalb seiner Mauern gefunden, an dem ihr sicherer seid.«
»So ist es«, erklärte Scheherazade. »Ich kenne Gemächer innerhalb des Harems, über denen dieser Fluch nicht lastet und in denen ihr einquartiert werdet. Und es sind keine anderen als diese Gemächer hier, die Gemächer der Königin.«
Alle drei Dienerinnen brachten augenblicklich Einwände vor.
»So etwas hat es noch nie gegeben...«
»Omar hätte sicher etwas dagegen...«
»Es wäre gegen die althergebrachte Ordnung der Dinge...«
»Die althergebrachte Ordnung der Dinge hat nicht länger mehr Geltung«, beharrte Scheherazade und wischte damit all ihre Bedenken beiseite. »Ich bin eure Königin und daher auch Herrin über den Harem. Es wird geschehen, wie ich es befehle, und Omar muß diesen Befehlen gehorchen. Wenn ihr es wünscht, könnt ihr mit uns diese Gemächer teilen, solange ich Königin bin oder bis wir herausgefunden haben, wer hinter dem Fluch steckt und wie er sich aufheben läßt. Doch verlange ich eine Gegenleistung von euch.«
»Alles, was in unserer Macht steht!« rief die älteste der Dienerinnen, die jetzt alle sehr viel besser gelaunt schienen.
»Wie ihr wißt«, fuhr Scheherazade fort, »leisten meine Schwestern und ich unserem König jeden Abend bis zum Morgengrauen Gesellschaft. Ich bitte euch, während dieser Zeit diese Gemächer nicht zu verlassen.«
»Das ist alles?« fragten die Dienerinnen. »Das ist kein Problem.«
»Oh, da gibt es noch etwas«, fügte Scheherazade hinzu, und es klang so, als ginge es um etwas Belangloses. »Sollte Omar oder sonst jemand während unserer Abwesenheit unsere Gemächer betreten, dann müßt ihr mir das mitteilen. Und sollten sie zufällig etwas zurücklassen oder mitnehmen, dann müßt ihr mir auch davon berichten. Und erinnert euch immer daran, ihr seid hier auf Befehl der Königin, einem Befehl, dem nur der König selbst widersprechen darf. Und nirgendwo gilt dieser Befehl mehr als hier im Harem. Also werdet ihr nur mir und meiner Schwester und niemandem sonst, der diese Gemächer betritt, gehorchen müssen.«
Die drei Dienerinnen sahen einander an, und Scheherazade erkannte, daß alle drei sich vor einer solch großen Aufgabe scheuten. Doch ihre Furcht, dasselbe Schicksal wie ihre Schwestern zu erleiden, war schließlich größer, und so stimmten sie dem Vorschlag ihrer Königin zu.
»Nun«, meinte Scheherazade daraufhin, »dann bringt uns ins Bad! Der König soll
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