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Scheherazade macht Geschichten

Titel: Scheherazade macht Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Shaw Gardner
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schlimmen Sturms auf See verloren gingen, und meine Cousinen und Cousins vierten Grades, die...‹
    ›Ja, ohne Zweifel werde ich ein großes Mausoleum errichten müssen!‹ unterbrach ich sie, denn ihre Cousins, welchen Grades auch immer, hatten mir nie sonderlich viel bedeutet, weder lebend noch tot. Nun gut, wenn sie schon nicht mit der Wahrheit über ihren Liebhaber herausrücken wollte, dann würde ich das betrügerische Weib wenigstens aus den Füßen haben, solange sie trauerte.
    So kam es also, daß meine Arbeiter einen Monat und einen Tag lang ein geeignetes Haus für meine gramgebeugte Frau bauten. Als es fertig war, hatte der Palast einen kompletten neuen Flügel bekommen, in dem meine Frau alles finden würde, was sie zum täglichen Leben brauchte, und der mit allen Annehmlichkeiten eines modernen Grabes ausgestattet war.
    In diesem Mausoleum verschwand meine Frau dann auch für eine ganze Zeit, und man informierte mich darüber, daß die sterblichen Überreste eines Menschen in das Grab gebracht wurden, obwohl man mir nicht sagen konnte, von wem genau sie stammten.
    Es dauerte eine Weile, bis ich herausfand, daß diese sterblichen Überreste keineswegs von einem Verwandten meiner Frau stammten, denn von denen war in Wahrheit kein einziger gestorben (obwohl sie sich jetzt, da meine Frau ihr Ableben verkündet hatte, nicht mehr im Palast blicken ließen, was an sich schon ein Segen war). Des weiteren waren diese sterblichen Überreste noch nicht einmal sterbliche Überreste, sondern der Körper ihres schmutzigen Geliebten, der irgendwie noch immer lebte. Er besaß wohl nicht nur die erstaunliche Fähigkeit, Müll und Abfall anzuziehen, sondern auch die, scheinbar endlos in einem Stadium zwischen Leben und Tod zu verweilen, ohne daß sich sein Zustand dramatisch verschlechterte oder verbesserte.
    Ich fand das alles heraus, als meine Frau auch nach einem Jahr noch jeden Morgen und jeden Abend im Mausoleum verschwand, um zu trauern – wie ich annahm. Und irgendwann einmal, glaubt mir, ist auch die königlichste Geduld erschöpft. Und so schlich ich ihr zum zweitenmal nach und lauschte an der Tür zu jenen geheimnisvollen Grabkammern. Doch statt Wehklagen hörte ich folgendes Lied:
     
     
    Ich sah dich an der Ecke steh'n,
    Da war 's sofort um mich gescheh'n.
    Fortan war ich nicht mehr allein,
    Dürft' ich doch deine Müllfrau sein.
     
    An uns're Nächte denk' ich oft,
    In denen ich doch stets gehofft,
    Wie heut' dein Husten und dein Niesen,
    Auch am Tage zu genießen.
     
    Du gingst und bist doch noch bei mir,
    In diesem Mausoleum hier.
    Nimm mich an deine schmutz'ge Brust,
    Allein dein Schleim stillt meine Lust.
     
    Gefolgt von zahllosen Strophen ähnlich lasterhaften Inhaltes.
    Diese Poesie war mehr, als ich ertragen konnte. Ich stürmte in das Mausoleum und rief: ›Das sind ja keine Verse der Trauer, sondern der Leidenschaft!‹
    ›Du hast mich ertappt‹, meinte meine Frau mit trotziger Stimme. ›Hier in diesen Gemächern ruht mein Geliebter.‹
    ›Dann lebt er also noch?‹ fragte ich verwundert.
    Meine Frau nickte. ›Er hat sich schon immer mit allem sehr viel Zeit gelassen. Außer beim Trinken.‹
    ›Das ist unglaublich‹, staunte ich, ›nach dem Hieb, den er erhielt.‹
    ›Ja, und er ist doppelt so stark und groß wie du, selbst mit seiner Verletzung!‹ verkündete meine Frau. ›Obwohl seine Ausdauer in letzter Zeit etwas nachgelassen hat.‹
    Doch meine Frau hatte mir lange genug Hörner aufgesetzt. Ich zog mein Schwert und hob es über den Kopf, als wollte ich sie an Ort und Stelle zu Boden strecken.
    ›Warte einen Augenblick!‹ rief meine Frau, als ob sie jetzt erst (so unwahrscheinlich das auch klingen mag) die Zusammenhänge durchschauen würde. ›Sieh dir dein Schwert an! Und dann betrachte die Narbe an der Kehle meines Geliebten! Wahrlich, sie passen zusammen!‹ Daraufhin deutete sie mit allen zehn Fingern auf mich, und zwar in äußerst bedrohlicher Art und Weise. Ja, man könnte sogar sagen, sie zeigte mir ihre Krallen. ›Bei all den Dunklen Mächten, über die ich gebiete‹, intonierte sie, ›jetzt sitzt du ganz schön in der Klemme!‹
    Im nächsten Augenblick zeichnete sie mit ihren Händen seltsame Symbole in die Luft und sprach: ›Möge sich dein Unterleib in Stein verwandeln!‹
    Und kaum hatte sie den Fluch ausgesprochen, da erfüllte er sich auch schon, und meine Beine wurden, wie Ihr sehen könnt, zu Marmor.
    ›Nein‹, murmelte sie, als sie ihr

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