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Scheherazade macht Geschichten

Titel: Scheherazade macht Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Shaw Gardner
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zusehen, wie ich tanze«, befahl Sulima, während sie einen Fuß ein wenig vorschob und sich andeutungsweise in den Hüften wiegte.
    »Ja, Sulima«, erwiderte der König wieder tonlos, »ich habe eine starke, lange Lanze.«
    »Genug!« verkündete die Sultana und klatschte in die Hände. »Waffen, erhebt euch!«
    Woraufhin sich Schwerter, Dolche, Schilde, Rüstungen, Bogen, Pfeile, Schlingen, Steine, ja sogar Lanzen vor der Tür zur Waffenkammer aufzureihen begannen.
    »Schwerter!« stieß Shahryar gerade noch hervor, bevor Sulima ihren Tanzschritt ein klein wenig beschleunigte, indem sie ihr Gewicht von einem Fuß auf den anderen verlagerte und sich in die gut ausgestattete Brust warf.
    »Ja, Sulima«, fügte Shahryar hinzu, als ihn erneut völlige Gefühlskälte packte, »hättest du gerne meinen Siegelring?«
    Sulima lachte, während sie mit ihrem subtilen und wahrhaft entwaffnenden Tanz fortfuhr. »Und so werde ich alle Männer in meinen Bann ziehen, ob sie nun sterblich oder unsterblich sind, denn Männer waren es, die mir die Unschuld geraubt haben!« Sie warf einen Blick auf die Sultana und Scheherazade. »Und wenn ich schon einmal dabei bin, werde ich auch alle Frauen töten!«
    »Reite auf meiner Lanze, Sulima«, sagte Shahryar, während er durch das Zimmer auf die Tänzerin zutaumelte, »und ich werde deinen Siegelring durchbohren.«
    »Nein! Das werde ich nicht zulassen!« schrie die Sultana gequält. »Schwerter! Zu eurem Herrn und Meister!«
    Die drei Schwerter flogen ohne Umschweife zu Shahryar. Die ganz rechts fliegende Waffe landete in seiner Rechten, die linke in seiner Linken. Die Augen des Königs blitzten vor Mordlust, als sich seine Finger um die beiden Schwertgriffe legten.
    »Schwer...«, begann er.
    Unglücklicherweise wurde seine Mordlust ein wenig durch das dritte Schwert gedämpft, das ihn mitten im Bauch traf. Shahryar klappte mit einem lauten Schrei zusammen.
    »Oje«, meinte die Sultana. »Ich hätte wissen müssen, daß drei Schwerter zuviel sind. Aber es war nun einmal eine so schöne runde Zahl. So poetisch.«
    »Hat da jemand etwas von Poesie gesagt?« fragte Omar.
    Die drei Frauen fuhren erschrocken zusammen und drehten sich zu dem Eunuchen um.
    Scheherazade trat einen Schritt zurück. Niemand schien es zu bemerken. Zur Zeit waren alle viel zu abgelenkt.
    »Wir haben jetzt keine Zeit für Poesie!« verkündete die Sultana. »Jetzt ist es an der Zeit, Befehlen zu gehorchen!«
    »Selbstverständlich«, stimmte Omar auf seine unterwürfige Weise zu, »niemand widerspricht der Sultana.«
    »Dann greif dir eins dieser Schwerter«, befahl die Sultana, »und durchbohre damit diese Frau in Schwarz!«
    Der riesige Mann drehte sich um und warf der Frau in Schwarz einen Blick zu. »Sulima«, flüsterte er, und sein für gewöhnlich schon sehr bleiches Gesicht wurde noch weißer. Dann fügte er mit lauterer Stimme hinzu: »O ja, ich erinnere mich. Du bist die Hexe, nicht wahr? Bei allen Teufeln der Dschehenna, ich glaube, man legt sich auch besser mit einer Hexe nicht an, oder?«
    »Dann wirst du dieses Biest von einer Mutter für mich töten«, befahl Sulima ihm. »Greif dir irgendeine der Waffen, hier im Zimmer, egal welche, nur tu es augenblicklich!«
    »Erst, nachdem du diese niederträchtige Hexe niedergestreckt hast!« beharrte die Sultana.
    »Erst, nachdem du dieser alten Vettel mit dem Schwert noch eine weitere tiefe Falte gezogen hast«, verlangte Sulima, »eine sehr, sehr tiefe!«
    Omar blieb regungslos stehen und lächelte beide Gegnerinnen an.
    »Ich glaube, diese Situation verlangt nach einem Gedicht.«
    Und also fuhr er fort:
     
    Oh, die edle Sultana
    Ist mächtig gar so sehr.
    Doch die große Sulima
    Macht auch etwas daher.
     
    Unglücklicherweise war Omar nicht mit dem dankbarsten Publikum gesegnet.
    »Ich glaube nicht, daß ich dich um ein Gedicht gebeten habe«, meinte die Sultana mit düsterer Stimme. Sie griff sich selbst eines der Schwerter, während ihr Sohn sich wieder auf die Füße kämpfte.
    Scheherazade ergriff die Gelegenheit, um sich noch einen weiteren Schritt vom Schauplatz des Geschehens zu entfernen.
    »Bald schon wirst du das Schicksal all derer teilen, die es wagten, sich über die Sultana lustig zu machen!« rief die Mutter des Königs und holte weit mit dem Schwert aus, wobei sie dem sich erhebenden Shahryar gefährlich nahe kam. »Mein Sohn wird...«
    Der König stand wieder. Der Knauf des Schwertes traf ihn genau zwischen die Augen. Shahryar brach erneut

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