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Scheherazade macht Geschichten

Titel: Scheherazade macht Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Shaw Gardner
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diesem Palast entfliehen muß«, erklärte sie statt dessen.
    »Es gibt Zeiten, da müssen wir unser gewohntes Leben aufgeben, um es zu retten«, stimmte ihr Hassan feierlich zu.
    »Auch über dieses Thema kenne ich ein Gedicht«, warf Omar ein.
    »Aber ich mache mir große Sorgen um meine Schwester«, gestand Scheherazade. Was hatte dieser Soldat bloß, daß sie sich ihm anvertrauen wollte? »Sie scheint offensichtlich unter einem Schlafzauber zu stehen...«
    »Ich werde mich darum kümmern, daß Eure Schwester zu Eurem Vater gebracht wird«, versicherte Hassan seiner Königin.
    Die Geschichtenerzählerin schüttelte den Kopf und bemühte sich, ihr närrisches Grinsen zu unterdrücken. Es wäre ein Fehler gewesen, sich in der Gegenwart dieses Wachpostens allzu sicher zu fühlen. Wenn sie dieses Abenteuer überleben wollte, mußte sie sich ganz auf sich selbst verlassen.
    »Stimmt etwas nicht?« fragte Hassan mit besorgter Miene.
    »O nein«, erwiderte Scheherazade schnell. Es war verständlich, daß ihr Verhalten verwirrend wirken mußte. »Ich wäre wirklich sehr erleichtert, wenn Ihr Euch um meine Schwester kümmern würdet.«
    Wieder ertönten deutlich vernehmbare Worte aus den königlichen Gemächern.
    »Sag, was wirst du für Sulima tun?« vernahmen sie die einschmeichelnde Stimme der Dschinnin.
    »Töten für Sulima!« lautete die gestammelte Antwort. Die Stimme war kaum noch als die des Königs zu erkennen.
    »Unsinn!« widersprach eine ältere, aber noch befehlsgewohntere Stimme. »Sag, was wird der brave Junge für seine Mutter tun?«
    »Töten für die Sultana!« erwiderte der König mit genau der gleichen Stimme wie zuvor.
    »Warum sollte er etwas für dich tun, du alte Vettel«, meinte Sulima giftig, »wenn er mir beim Tanzen zusehen kann?«
    »Weil königliches Blut durch seine Adern fließt«, schrie, die Sultana triumphierend, »und Blut dicker ist als jede Magie!«
    Der König selbst jedoch wiederholte nur noch ein einziges Wort – und das pausenlos: »Töten! Töten! Töten!«
    »Vielleicht haben wir doch keine Zeit für ein Gedicht«, mußte selbst Omar zugeben.
    »Ich fürchte«, stimmte ihm Hassan zu, »daß in der Tat niemand von uns in diesem Palast seines Lebens noch länger sicher ist.«

Das 23. der 35 Kapitel,
    in dem unsere Heldin erkennt,
    daß selbst auf den Tod nicht immer Verlaß ist.
     
    »Dennoch«, versicherte ihr der stattliche, tapfere und ausgesprochen fähige Wachposten, »dürftet Ihr keine Probleme haben, den Palast zu verlassen. Als der König sich von der Außenwelt zurückgezogen hat, verwahrlosten auch große Teile des Palastes, in denen sich heute kaum noch jemand aufhält.« Hassan hielt inne und sah sich vorsichtig um, bevor er fortfuhr. »Ich muß Euch außerdem mitteilen, daß Euer Vater sich große Sorgen um Euch gemacht hat. Obwohl es ihn seinen Kopf kosten könnte, wäre er sicher bereit, Euch zu helfen.« »Dann nichts wie ab mit uns!« drängte Scheherazade. »Ich wünschte, Ihr würdet das etwas anders formulieren.« Omar rieb sich mit gequälter Miene seinen breiten Nacken.
    Doch in diesem Moment erklangen draußen Fanfarenstöße und verzögerten ihren Aufbruch.
    »Oje«, meinte Omar und sprach das aus, was alle dachten. »Das hört sich nach Komplikationen an.«
    Alle drei eilten zum nächstgelegenen Fenster und sahen auf den Hof des Palastes hinaus.
    »Königlicher Besuch!« verkündete einer der zahlreichen Ausrufer des Palastes unter ihnen. »Shahzaman, der Bruder unseres Königs, ist eingetroffen.«
    »Shahzaman?« wiederholte Scheherazade und erinnerte sich erneut an die Geschichte der beiden Brüder und ihrer betrügerischen Ehefrauen, die ihr Vater ihr vor langer Zeit erzählt hatte.
    »Das bedeutet, daß es endgültig aus mit uns ist!« meinte Omar.
    Scheherazade konnte nicht verstehen, warum der Eunuch so pessimistisch war. »Wird Shahzaman sich denn nicht um seinen Bruder kümmern und die Ordnung im Königreich wiederherstellen?«
    »Ihr vergeßt, wer von den beiden ursprünglich mit dem Köpfen angefangen hat«, antwortete Omar mit einer Stimme, die nicht verzweifelter hätte klingen können. »Wenn Shahzaman sieht, welches Chaos in diesem Palast ausgebrochen ist, wird es für ihn ganz klar nur eine Lösung geben – nämlich die einzige, die er überhaupt kennt: Ab mit ein paar Köpfen, und es wird schon alles wieder in Ordnung kommen.«
    »Und wenn es dann immer noch Probleme gibt?« wollte Scheherazade wissen.
    »Dann rollen eben noch ein paar

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