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Scheintot

Scheintot

Titel: Scheintot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Ballentree Company.«
    »Und genau das ist der politische Hintergrund. Wir reden hier von einem Goliath in Washington. Von Leuten, die im Weißen Haus ein und aus gehen. Das größte Rüstungsunternehmen des Landes. Ich hatte ja keine Ahnung, was mir bevorstand, als ich damals den Fall übernahm. Dass wir in dem Haus fünf erschossene Frauen gefunden hatten, war ja schon schlimm genug. Dann noch die verdammte Politik und die Einmischung des FBI – und ich war reif für den vorgezogenen Ruhestand.« Wardlaw schob die Kassette in den Rekorder, nahm die Fernbedienung und drückte die Abspieltaste.
    Auf dem Fernsehmonitor tauchte ein Bild von schneebedeckten Bäumen auf. Es war ein wolkenloser Tag, und das Sonnenlicht funkelte auf dem Eis.
    »Der Notruf ging gegen zehn Uhr morgens ein«, sagte Wardlaw. »Männliche Stimme, weigerte sich, seinen Namen zu nennen. Wollte nur melden, dass in einem Haus an der Deerfield Road etwas passiert war und dass die Polizei dort mal vorbeischauen sollte. Es gibt nicht viele Wohnhäuser an der Deerfield Road – die Streife hat also ziemlich schnell gewusst, um welches Haus es ging.«
    »Von wo kam der Anruf?«
    »Aus einer Telefonzelle rund fünfunddreißig Meilen außerhalb von Ashburn. Wir konnten an dem Apparat keine brauchbaren Fingerabdrücke sicherstellen. Den Anrufer haben wir bis heute nicht identifiziert.«
    Auf dem Bildschirm waren jetzt ein halbes Dutzend geparkte Fahrzeuge zu sehen. Während im Hintergrund Männerstimmen zu hören waren, begann der Mann mit der Videokamera seinen Kommentar: »Datum: vierter Januar; Uhrzeit: elf Uhr fünfunddreißig. Die Adresse ist Deerfield Road Nummer neun in Ashburn, Virginia. Anwesende: Detective Ed Wardlaw und ich, Detective Byron McMahon …«
    »Mein Partner hat die Kamera bedient«, sagte Wardlow. »Diese Einstellung zeigt die Auffahrt zum Haus. Wie Sie sehen können, ist das Grundstück von Wald umgeben. Keine Nachbarn in der Nähe.«
    Die Kamera schwenkte langsam an zwei wartenden Rettungswagen vorbei. Die Besatzungen standen daneben und steckten die Köpfe zusammen. In der eisigen Luft stieg ihr Atem in weißen Wolken auf. Das Objektiv wanderte weiter und richtete sich schließlich auf das Haus. Es war ein zweistöckiger Backsteinbau von imposanten Ausmaßen, doch was früher einmal ein prächtiges Anwesen gewesen sein musste, zeigte deutliche Anzeichen von Vernachlässigung. Die weiße Farbe blätterte von Fensterläden und Simsen ab; das Verandageländer hatte Schlagseite. Die Fenster waren mit schmiedeeisernen Gitterstäben versehen, ein architektonisches Detail, das eher zu einem Wohnblock im Zentrum einer Großstadt zu passen schien als zu einem Haus an einer ruhigen Landstraße. Nun richtete die Kamera sich auf Detective Wardlaw, der auf der Vortreppe stand wie ein grimmiger Hausherr, der seine Gäste in Empfang nimmt. Das Bild kippte einen Moment lang nach unten, als Detective McMahon sich bückte, um sich Überschuhe anzuziehen. Dann richtete das Objektiv sich erneut auf die Haustür, und der Mann mit der Kamera folgte Wardlaw ins Haus.
    Das erste Bild, das die Kamera dort einfing, war das des blutverschmierten Treppenhauses. Jane war klar, was sie erwartete; sie hatte die Tatortfotos gesehen und wusste, wie jede der Frauen zu Tode gekommen war. Und doch spürte sie, wie ihr Puls sich beschleunigte, als die Kamera sich auf die Stufen richtete, und ihre Beklemmung wuchs.
    Die Kamera verweilte auf dem ersten Opfer, das mit dem Gesicht nach unten auf der Treppe lag. »Auf die da wurde zweimal geschossen«, erklärte Wardlaw. »Der Gerichtsmediziner sagt, die erste Kugel hat sie im Rücken getroffen, wahrscheinlich als das Opfer über die Treppe zu fliehen versuchte. Das Geschoss hat eine Hohlvene verletzt und ist am Bauch wieder ausgetreten. Nach der Menge Blut zu urteilen, die sie verloren hat, dürfte sie noch fünf oder zehn Minuten gelebt haben, ehe die zweite Kugel in ihren Kopf abgefeuert wurde. So, wie ich die Situation interpretiere, hat der Täter sie mit dem ersten Schuss zu Fall gebracht und seine Aufmerksamkeit dann den anderen Frauen zugewandt. Als er wieder die Treppe herunterkam, sah er, dass diese Frau noch lebte, und hat sie mit einem Fangschuss erledigt.« Wardlaw sah Jane an. »Gründlich war er, das muss man sagen.«
    »Das viele Blut«, murmelte Jane. »Es muss eine Fülle von Fußspuren gegeben haben.«
    »Sowohl im Obergeschoss als auch unten. Aber die Spuren im Erdgeschoss sind eher verwirrend. Wir

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