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Scheintot

Scheintot

Titel: Scheintot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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durch den Park, kräuselte die Oberfläche des Teichs und überzog sie mit einem Netz von glitzernden Pailletten. Der Dosenmann schleppte seinen Sack zu einem Abfallbehälter neben der Bank, auf der sie saß, und begann, im Müll herumzustochern. Er ließ sich Zeit beim Ausgraben seiner Schätze, und ein blechernes Scheppern folgte jedem einzelnen Fund. Wurde sie den Kerl denn gar nicht mehr los? Frustriert stand sie auf, um ihm zu entfliehen.
    Ihr Handy klingelte.
    Rasch griff sie in die Jackentasche, zog das Telefon hervor und klappte es auf. »Hallo?
Hallo?
«
    Schweigen.
    »Ich bin hier«, sagte Jane. »Ich sitze am Teich und warte auf Sie, wie Sie es mir gesagt haben. Mila?«
    Sie hörte nur das Wummern ihres eigenen Herzschlags. Die Verbindung war abgebrochen.
    Jane wirbelte herum und ließ den Blick ringsum durch den Park schweifen, sah aber nur die Menschen, die vorher schon da gewesen waren. Das knutschende Pärchen auf der Bank, die Jugendlichen mit der Gitarre. Und den Mann mit dem Sack voller Dosen. Er stand regungslos da, über den Abfallbehälter gebeugt, als hätte er gerade in dem Haufen von alten Zeitungen und Lebensmittelverpackungen einen winzigen Edelstein entdeckt.
    Er hat mitgehört.
    »He, Sie!«, sagte Jane.
    Der Mann richtete sich sofort auf. Er begann davonzugehen, wobei er den Sack mit den scheppernden Dosen hinter sich herzog.
    Sie lief ihm nach. »Ich will mit Ihnen reden!«
    Der Mann blickte sich nicht um. Er ging einfach weiter, beschleunigte aber seinen Schritt, weil er wusste, dass er verfolgt wurde. Sie sprintete hinter ihm her und holte ihn ein, als er gerade den Gehsteig erreicht hatte, bekam den Kragen seiner Windjacke zu fassen und riss ihn herum. Im hellen Schein der Straßenlampe starrten sie einander an. Jane sah eingesunkene Augen und einen ungepflegten Bart mit grauen Strähnen. Roch seinen Atem, einen säuerlichen Brodem aus Alkohol und faulen Zähnen.
    Er schlug ihre Hand weg. »Was machen Sie denn da? Was soll das, Lady?«
    »Rizzoli?«, blaffte Moores Stimme in ihrem Ohrhörer.
    »Brauchen Sie Verstärkung?«
    »Nein. Nein, ich komme schon zurecht.«
    »Mit wem reden Sie ’n da?«, wollte der Penner wissen.
    Ärgerlich winkte sie ab. »Los, machen Sie, dass Sie verschwinden.«
    »Für wen halten Sie sich eigentlich, dass Sie mich hier so rumkommandieren?«
    »
Verschwinden
Sie einfach.«
    »Ja doch, ja.« Er schnaubte verächtlich und schlurfte mit seinem Sack voller Dosen davon. »Laufen denn hier nur noch Spinner rum…«
    Sie drehte sich um und stellte plötzlich fest, dass sie umzingelt war. Gabriel, Moore und Frost waren bis auf wenige Schritte an sie herangetreten und bildeten einen schützenden Ring um sie. »Oh, Mann«, stöhnte sie. »Hab ich vielleicht Hilfe angefordert?«
    »Wir wussten nicht, was los ist«, sagte Gabriel.
    »Jetzt haben wir es vermasselt.« Sie blickte sich im Park um, und er schien verlassener als je zuvor. Das Pärchen war von der Bank aufgestanden und schlenderte davon; nur das Lachen der Jugendlichen mit der Gitarre schallte ihr noch aus dem Halbdunkel entgegen. »Wenn Mila alles mit angesehen hat, dann weiß sie jetzt, dass es eine Falle war. Sie wird sich bestimmt nicht mehr in meine Nähe wagen.«
    »Es ist Viertel vor zehn«, sagte Frost. »Was denkt ihr?«
    Moore schüttelte den Kopf. »Machen wir Schluss. Heute Abend wird nichts mehr passieren.«
     
    »Es lief doch gut«, sagte Jane. »War wirklich nicht nötig, die Kavallerie zu schicken.«
    Gabriel fuhr auf den Parkplatz hinter ihrem Wohnblock und stellte den Motor ab. »Wir wussten nicht, was da passierte. Wir sahen dich hinter diesem Mann herlaufen, und dann sah es so aus, als ob er zum Schlag ausholte.«
    »Er wollte sich nur losreißen.«
    »Das wusste ich ja nicht. Ich dachte …« Er brach ab und sah sie an. »Ich habe nur spontan reagiert. Das ist alles.«
    »Dir ist schon klar, dass wir sie wahrscheinlich verloren haben.«
    »Dann haben wir sie eben verloren.«
    »Das scheint dich ja ziemlich kalt zu lassen.«
    »Weißt du, was mich nicht kalt lässt? Die Sorge, dass dir etwas zustoßen könnte. Das ist mir wichtiger als alles andere.« Er stieg aus, und sie folgte ihm.
    »Hast du etwa vergessen, womit ich meine Brötchen verdiene?«, fragte sie.
    »Ich versuche, lieber nicht daran zu denken.«
    »Jetzt ist also plötzlich mein Job nicht mehr okay.«
    Er schlug die Wagentür zu und fing ihren Blick über das Dach hinweg auf. »Ich geb’s zu. Im Moment habe ich so meine

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