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Scheintot

Scheintot

Titel: Scheintot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Stuhl, ein mit schweren Vorhängen verdecktes Fenster. Aus dem Off näherten sich knarrende Schritte, und eine Frau kicherte. Dann hörte man eine Tür ins Schloss fallen, und nun erschienen ein Mann und eine Frau auf der Bildfläche. Die Frau hatte eine wallende blonde Mähne, und ihre tief ausgeschnittene Bluse ließ ein üppiges Dekolletee erkennen. Der Mann trug ein Polohemd und eine Khakihose.
    »Oh, yeah«, stöhnte der Mann, als die Frau ihre Bluse aufknöpfte. Sie schälte sich mit lasziven Bewegungen aus ihrem Rock und zog ihren Slip herunter. Dann gab sie dem Mann einen spielerischen Schubs, so dass er rücklings aufs Bett fiel. Er ließ alles widerstandslos über sich ergehen und blieb reglos liegen, als sie seinen Gürtel aufschnallte und ihm die Hose über die Hüften herunterzog. Dann beugte sie sich über ihn und nahm seinen erigierten Penis in den Mund.
    Das ist ja nur ein Pornofilm, dachte Jane laut. Wieso schaue ich mir das an?
    »Das ist es nicht«, sagte Mila und nahm Jane die Fernbedienung aus der Hand. Sie spulte das Band vor. Der Kopf der Blondine zuckte wild hin und her, als sie in Rekordgeschwindigkeit einen Blowjob absolvierte. Dann wurde der Bildschirm dunkel. Nun flimmerte ein neues Pärchen durchs Bild. Als Jane das lange schwarze Haar der Frau sah, hielt sie betroffen inne. Es war Olena.
    Kleider verschwanden wie durch einen Zaubertrick, nackte Körper wälzten sich im Schnelldurchlauf auf der Matratze. Dieses Schlafzimmer habe ich schon einmal gesehen, ging es Jane urplötzlich auf. Sie erinnerte sich an den Wandschrank mit dem Loch in der Rückwand. So ist diese Aufnahme entstanden – mit einer Kamera, die in diesem Schrank montiert war. Und nun fiel ihr auch ein, wer die Frau in dem ersten Ausschnitt war – das zweite unbekannte Opfer aus Detective Wardlows Tatortvideo; die Frau, die in ihrem Feldbett gestorben war, wo sie sich ängstlich unter der Decke zu verstecken versucht hatte.
    Alle Frauen auf diesem Video sind inzwischen tot.
    Wieder wurde der Bildschirm dunkel.
    »Hier«, sagte Mila leise. Sie drückte auf STOP, dann auf PLAY.
    Es war dasselbe Bett, dasselbe Zimmer, aber mit anderer Bettwäsche: ein Blumenmuster mit nicht dazu passenden Kopfkissenbezügen. Ein älterer Mann trat ins Bild. Er hatte schütteres Haar und trug eine Nickelbrille, ein weißes Hemd und eine rote Krawatte. Er band die Krawatte auf und warf sie auf den Stuhl, und als er das Hemd aufknöpfte, kamen ein bleicher Hängebauch und speckige Hüften zum Vorschein. Er stand frontal zur Kamera, von deren Existenz er offensichtlich nichts ahnte, denn als er nun ein Hemd auszog, tat er dies ohne das geringste Anzeichen von Befangenheit und ließ ungeniert seine hängenden Schultern und seinen herausgestreckten Bauch sehen. Aber plötzlich straffte er sich und richtete seine Aufmerksamkeit abrupt auf etwas, was die Kamera noch nicht sehen konnte. Es war ein Mädchen. Ihre Schreie waren zu hören, bevor sie selbst ins Bild trat; schrille Proteste in einer Sprache, die wie Russisch klang. Sie wollte dieses Zimmer nicht betreten. Ein schallender Schlag und ein strenges Kommando aus dem Mund einer Frau, und das Schluchzen verstummte jäh. Dann taumelte das Mädchen ins Bild, als ob jemand sie gestoßen hätte, und sank vor den Füßen des Mannes zu Boden. Die Tür knallte zu, und klappernde Schritte entfernten sich.
    Der Mann sah auf das Mädchen hinunter. Unter dem grauen Stoff seiner Hose zeichnete sich bereits eine Erektion ab. »Steh auf«, sagte er.
    Das Mädchen rührte sich nicht.
    Wieder: »Steh auf!« Er stieß sie mit dem Fuß an.
    Schließlich hob das Mädchen den Kopf. Langsam, als ob allein die Last der Schwerkraft sie schon völlig erschöpfte, rappelte sie sich auf. Ihr blondes Haar war zerzaust.
    Ohne es zu wollen, rückte Jane näher an den Fernseher heran. Sie war zu entsetzt, als dass sie hätte wegschauen können, und zugleich schwoll ihre Wut an. Das Mädchen war noch nicht einmal ein Teenager. Sie trug eine kurze pinkfarbene Bluse und einen Jeansminirock, der ihre erschreckend dünnen Beine sehen ließ. Ein leuchtend roter Fleck auf der Wange zeigte an, wo die Frau sie geschlagen hatte. Verblassende Blutergüsse an ihren nackten Armen zeugten von anderen Schlägen, anderen Grausamkeiten. Obwohl der Mann sie um einiges überragte, blickte sie ihm nun mit stiller, trotziger Verachtung in die Augen. »Zieh die Bluse aus.«
    Das Mädchen sah ihn nur an.
    »Was denn, bist du blöd? Verstehst du

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