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Scheintot

Scheintot

Titel: Scheintot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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gekannt?«
    Skip lachte. »Jedenfalls hat’s noch keiner zugegeben.«
    Gabriel sah ihn an. »Wieso sollten sie das nicht zugeben?«
    »Na ja, Sie wissen schon.«
    »Nein, sagen Sie’s mir.«
    »Diese Jungs in unserem Club …« Skip lachte nervös.
    »Ich meine, sehen Sie die ganzen Boote, die hier liegen? Was glauben Sie, wer die segelt? Das sind nicht die Ehefrauen. Es sind die Männer, die scharf auf Segelboote sind. Und es sind die Männer, die hier ihre Freizeit verbringen. So ein Boot, das ist wie ein zweites Zuhause.« Skip machte eine bedeutungsvolle Pause. »In jeder Beziehung.«
    »Sie glauben, sie war irgendjemandes Geliebte?«, fragte Crowe.
    »Mann, ich weiß es doch nicht. Mir ist bloß der Gedanke gekommen, dass es möglich wäre. Sie wissen schon, da fährt einer abends mit ’ner Puppe hier raus. Vergnügt sich mit ihr auf seinem Boot, trinkt ein bisschen was, es geht hoch her. Da ist schnell mal jemand über Bord gefallen.«
    »Oder wird gestoßen.«
    »Jetzt machen Sie aber mal halblang.« Skip wirkte alarmiert. »Kein Grund, gleich voreilige Schlussfolgerungen zu ziehen. Das sind brave Kerle hier im Club. Alles brave Kerle.«
    Die es nur ab und zu mal auf ihrer Yacht mit einer scharfen Puppe treiben, dachte Gabriel.
    »Es tut mir Leid, dass ich die Möglichkeit überhaupt erwähnt habe«, sagte Skip. »Es ist ja nicht so, als ob die Leute hier sich ständig besaufen und dann über Bord gehen. Könnte ja schließlich irgendein Boot gewesen sein – nicht unbedingt eins von unseren.« Er deutete auf die Hingham Bay hinaus, wo gerade ein Kabinenkreuzer über das blendend helle Wasser dahinglitt. »Sehen Sie, was da für ein Verkehr herrscht? Sie könnte am Abend von irgendeinem Motorboot gefallen sein. Und die Flut hat sie dann angespült.«
    »Wie dem auch sei«, erwiderte Moore, »wir brauchen jedenfalls eine Liste aller Ihrer Mitglieder.«
    »Muss das wirklich sein?«
    »Ja, Mr. Boynton«, sagte Moore ruhig, aber mit unmissverständlicher Autorität. »Es muss sein.«
    Skip kippte den Rest seines Wodkas hinunter. Seine Glatze war in der Hitze knallrot angelaufen, und er wischte sich den Schweiß ab. »Das wird bei den Mitgliedern bestimmt supergut ankommen. Da tun wir nur unsere verdammte Bürgerpflicht und retten eine Frau aus dem Wasser – und jetzt stehen wir plötzlich alle unter Verdacht?«
    Gabriel blickte zurück zum Ufer, wo ein Transporter gerade rückwärts an die Bootsanlegestelle heranfuhr, um ein Motorboot zu Wasser zu lassen. Drei weitere Fahrzeuge mit Bootsanhängern standen hintereinander auf dem Parkplatz und warteten, bis sie an der Reihe waren. »Wie ist Ihr Gelände während der Nacht gesichert, Mr. Boynton?«, fragte er.
    »Gesichert?« Skip zuckte mit den Achseln. »Um Mitternacht schließen wir immer das Clubhaus ab.«
    »Und der Pier? Die Boote? Gibt es denn keinen Wachdienst?«
    »Bis jetzt hatten wir noch keine Einbrüche. Die Boote sind alle abgeschlossen. Und außerdem ist es hier draußen eher ruhig. Wenn Sie weiter in Richtung Stadt gehen, da sehen Sie die Leute die ganze Nacht am Strand rumlungern. Aber das hier ist ein ganz besonderer kleiner Club. Wo man mal so richtig alles hinter sich lassen kann.«
    Und wo man nachts heimlich zur Bootsanlegestelle hinunterfahren kann, dachte Gabriel. Wo man bis dicht ans Wasser zurücksetzen kann, und wo einen niemand beobachtet, wenn man den Kofferraum öffnet. Niemand würde es sehen, wenn man einen leblosen Körper aus dem Kofferraum zerrte und ihn in die Hingham Bay würfe. Wenn man die Ebbe richtig abpasste, würde der Körper an den vorgelagerten Inseln vorbei direkt in die Massachusetts Bay hinausgetrieben werden.
    Allerdings nicht bei auflaufender Flut.
    Sein Handy klingelte. Er entschuldigte sich und ging ein paar Schritte den Pier hinunter, bevor er den Anruf annahm.
    Es war Maura. »Ich dachte, du würdest vielleicht gerne zu uns stoßen«, sagte sie. »Wir beginnen jetzt mit der Obduktion.«
    »Mit welcher Obduktion?«
    »Mit der des Wachmanns aus dem Krankenhaus.«
    »Die Todesursache steht doch fest, oder nicht?«
    »Es hat sich aber ein anderes Problem ergeben.«
    »Und welches?«
    »Wir wissen nicht, wer der Mann ist.«
    »Kann denn nicht irgendjemand vom Krankenhaus ihn identifizieren? Er war doch dort angestellt.«
    »Das ist ja das Problem«, sagte Maura. »Das war er nämlich nicht.«
     
    Sie hatten die Leiche noch nicht entkleidet.
    Die Schrecken des Sektionssaals waren Gabriel durchaus nicht fremd,

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