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Scheintot

Scheintot

Titel: Scheintot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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überraschten Blick. Sie wissen nicht, was sie sagen sollen.
    Unser Fahrer lässt den Wischer wieder in den Eimer fallen. Das Wasser spritzt auf. »Viel Glück, Jungs«, sagt er und öffnet die Fahrertür. Als er sich hinters Steuer setzt, sagt er laut zu Olena: »Tut mir Leid, Schatz, es gab kein Aspirin. Wir müssen es an der nächsten Tankstelle versuchen.«
    Als wir davonfahren, schaue ich mich um und sehe, dass die Männer uns noch immer nachstarren. Einer der beiden notiert sich das Kennzeichen.
    Eine Zeit lang sagt niemand im Wagen etwas. Ich bin immer noch so gelähmt vor Angst, dass ich kein Wort hervorbringe. Ich kann nur stumm den Hinterkopf unseres Fahrers anstarren. Des Mannes, der uns gerade das Leben gerettet hat.
    Schließlich sagt er: »Wollt ihr mir vielleicht verraten, was das alles sollte?«
    »Die haben Sie angelogen«, sagt Olena. »Wir sind gar nicht gefährlich!«
    »Und die zwei sind nicht vom FBI.«
    »Das wissen Sie schon?«
    Der Mann sieht sie von der Seite an. »Ich bin schließlich nicht blöd. Ich merke doch, ob ich einen echten FBI-Mann vor mir habe oder nicht. Und ich merke es, wenn mich jemand verarschen will. Also, wie wär’s, wenn ihr mir die Wahrheit sagt?«
    Olena stößt einen resignierten Seufzer aus. Und sagt im Flüsterton: »Sie wollen uns töten.«
    »Das habe ich schon kapiert.« Er schüttelt den Kopf und lacht, aber es klingt alles andere als amüsiert. Es ist das Lachen eines Mannes, der nicht glauben kann, was für ein Pech er hat. »O Mann, warum habe ich nur immer wieder so ein beschissenes Pech?«, sagt er. »Also, wer sind die beiden, und warum wollen sie euch umbringen?«
    »Wegen dem, was wir heute Abend gesehen haben.«
    »Was habt ihr gesehen?«
    Sie blickt aus dem Fenster. »Zu viel«, murmelt sie. »Wir haben zu viel gesehen.«
    Vorläufig begnügt er sich mit dieser Antwort, denn wir sind gerade von der Straße abgebogen, und die Räder rumpeln nun über einen ungeteerten Weg, der uns tief in den Wald hineinführt. Vor einem baufälligen, von Bäumen umstandenen Häuschen hält er an. Es ist kaum mehr als eine grob gezimmerte Hütte, eine Behausung, in der nur ein armer Mann wohnen würde. Doch auf dem Dach ist eine riesige Satellitenschüssel montiert.
    »Hier wohnen Sie?« fragt Olena.
    »Hier lebe ich«, lautet seine merkwürdige Antwort.
    Er benutzt drei verschiedene Schlüssel, um die Haustür aufzuschließen. Während ich auf der Veranda stehe und warte, bis er die diversen Schlösser entriegelt hat, bemerke ich, dass die Fenster seines Hauses alle vergittert sind. Einen Moment lang zögere ich, über die Schwelle zu treten, weil ich an jenes andere Haus denken muss, dem wir gerade entflohen sind. Aber diese Gitterstäbe sind anders, wie ich bald erkenne; sie dienen nicht dazu, irgendjemanden gefangen zu halten, sondern dazu, alle anderen auszusperren.
    Drinnen rieche ich Holzrauch und feuchte Wolle. Er schaltet kein Licht ein, sondern bewegt sich durch das dunkle Zimmer, als ob er jeden Quadratzentimeter auch mit verbundenen Augen kennt. »Es wird immer ein bisschen muffig hier drin, wenn ich ein paar Tage weg bin«, sagt er. Er entzündet ein Streichholz, und ich sehe, dass er vor einem Kamin kniet. Das Bündel Anzündholz und die Scheite liegen schon bereit, und bald lodern die Flammen auf. Ihr Schein erhellt sein Gesicht, das im Halbdunkel dieses Zimmers noch hagerer, noch düsterer wirkt. Früher, denke ich, war das vielleicht einmal ein hübsches Gesicht, aber jetzt sind die Augen allzu eingesunken, der schmale Unterkiefer ist dunkel von mehrere Tage alten Stoppeln. Als das Feuer heller brennt, blicke ich mich in dem kleinen Zimmer um, das von hohen Zeitungs- und Zeitschriftenstapeln noch enger gemacht wird. Die Wände sind mit Dutzenden und Aberdutzenden von Zeitungsausschnitten gepflastert. Sie wuchern überall wie vergilbte Schuppen, und ich stelle ihn mir vor, wie er sich tagelang, monatelang in seiner kleinen Hütte verbarrikadiert und fieberhaft Artikel ausschneidet, deren Bedeutung nur ihm klar ist. Ich lasse den Blick über die vergitterten Fenster wandern, erinnere mich an die drei Schlösser an der Tür, und ich denke: Dies ist das Haus eines Mannes, der in Angst lebt.
    Er geht zu einem Schrank und schließt ihn auf. Ich bekomme einen Schreck, als darin ein halbes Dutzend Gewehre zum Vorschein kommen. Beim Anblick der Waffe in seiner Hand weiche ich einen Schritt zurück.
    »Ist schon okay. Kein Grund zur Panik«, sagt er, als er

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