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Scheintot

Scheintot

Titel: Scheintot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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uns versprechen, dass Sie dem, was wir Ihnen sagen, nachgehen werden. Dass Sie es nicht mit uns untergehen lassen.«
    »Ich sagte, dass ich Sie anhören würde. Mehr haben Sie nicht verlangt. Und Sie sagten, Sie würden diese Leute gehen lassen. Sie mögen vielleicht lebensmüde sein, aber diese Menschen sind es nicht.«
    »Wir wollen nicht, dass irgendjemand stirbt«, warf Olena ein.
    »Dann beweisen Sie es. Lassen Sie diese Leute frei. Dann werde ich mich hinsetzen und Ihnen solange zuhören, wie Sie wollen. Stundenlang, tagelang. Ich stehe zu Ihrer Verfügung.« Er sah den Geiselnehmern unverwandt in die Augen.
    Einige Sekunden verstrichen in allgemeinem Schweigen.
    Unvermittelt trat Joe auf die Couch zu, packte Dr. Tam am Handgelenk und riss sie hoch.
    »Gehen Sie zur Tür, und bleiben Sie da stehen«, befahl er. Dann drehte er sich um und deutete auf die beiden Frauen auf der anderen Couch. »Los, aufstehen. Alle beide.«
    Die Frauen rührten sich nicht vom Fleck, sie starrten Joe nur stumm an, als seien sie überzeugt, dass es sich nur um einen Trick handeln könne, dass jede Bewegung fatale Folgen haben könnte.
    »Na los, stehen Sie schon auf!«
    Die Empfangsschwester schluchzte und erhob sich unsicher. Dann tat die zweite Frau es ihr gleich. Beide gingen langsam zur Tür, wo Dr. Tam immer noch wie angewurzelt stand. Die langen Stunden der Gefangenschaft hatten sie alle so eingeschüchtert, dass sie noch nicht glauben konnten, dass ihr Leiden bald ein Ende haben würde. Als Dr. Tam dann nach der Türklinke griff, sah sie Joe dabei immer noch an, als wartete sie nur darauf, dass er ihr Einhalt gebot.
    »Sie drei können gehen«, sagte Joe.
    Kaum hatten die Frauen den Raum verlassen, schlug Olena die Tür hinter ihnen zu und schloss sie wieder ab.
    »Was ist mit meiner Frau?«, fragte Gabriel. »Lassen Sie sie auch gehen.«
    »Das kann ich nicht. Noch nicht.«
    »Unsere Abmachung …«
    »Es war abgemacht, dass ich Geiseln freilassen würde, Agent Dean. Welche, das habe ich nicht gesagt.«
    Gabriel stieg die Zornesröte ins Gesicht. »Und Sie glauben, dass ich Ihnen jetzt noch vertraue? Sie glauben im Ernst, dass ich mir von Ihnen noch irgendetwas anhöre?«
    Jane griff nach der Hand ihres Mannes und fühlte vor Wut straff angespannte Sehnen unter ihren Fingern. »Hör ihn einfach an. Lass ihn sagen, was er zu sagen hat.«
    Gabriel ließ den angehaltenen Atem entweichen. »Okay, Joe. Was wollen Sie mir sagen?«
    Joe schnappte sich zwei Stühle, zog sie in die Mitte des Zimmers und stellte sie gegenüber voneinander auf. »Setzen wir uns, Sie und ich.«
    »Meine Frau liegt in den Wehen. Sie kann nicht mehr allzu lange hier bleiben.«
    »Olena wird sich um sie kümmern.« Er wies auf die Stühle. »Ich werde Ihnen eine Geschichte erzählen.«
    Gabriel blickte sich zu Jane um. In seinen Augen las sie Liebe, aber auch Sorge.
Wem vertrauen Sie?,
hatte Joe sie vorhin gefragt.
Wer würde sich für Sie diese Kugel in den Kopf jagen lassen?
Sie sah ihren Ehemann an, und sie dachte: Ich werde nie einem Menschen mehr vertrauen als dir.
    Widerstrebend wandte Gabriel seine Aufmerksamkeit wieder Joe zu, und die beiden Männer nahmen gegenüber voneinander Platz. Man hätte das Ganze für ein vollkommen zivilisiertes Gipfeltreffen halten können, wäre da nicht die Pistole gewesen, die einer der beiden Männer auf dem Schoß hielt. Olena, die inzwischen neben Jane auf der Couch Platz genommen hatte, trug eine nicht minder tödliche Waffe in der Hand. Bloß ein nettes kleines Treffen von zwei Paaren.
Und welches von den beiden wird die Nacht überleben?
    »Was haben sie Ihnen über mich erzählt?«, fragte Joe. »Was sagt das FBI?«
    »Dies und das.«
    »Ich bin verrückt, nicht wahr? Ein Einzelgänger. Paranoid.«
    »Ja.«
    »Und Sie glauben denen?«
    »Ich habe keinen Grund, daran zu zweifeln.«
    Jane beobachtete das Gesicht ihres Mannes. Obwohl er ganz ruhig sprach, konnte sie die Anspannung in seinen Augen erkennen, in den straff gespannten Halsmuskeln. Du hast gewusst, dass dieser Mann wahnsinnig ist, dachte sie, und trotzdem hast du dich hier hereingewagt. Und alles nur für mich … Sie unterdrückte ein Stöhnen, als die nächste Wehe sich ankündigte.
Verhalte dich ruhig. Lenk Gabriel nicht ab; lass ihn tun, was er tun muss.
Sie sank auf die Couch zurück, biss die Zähne zusammen und litt stumm. Hielt den Blick starr auf die Zimmerdecke gerichtet, auf einen einzelnen dunklen Fleck auf einer der

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