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Scheintot

Scheintot

Titel: Scheintot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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vertrieben. »Warum nehmen Sie die Leichen mit?«
    »Unsere Pathologen werden die Autopsie durchführen.«
    »Ich habe diese Leichen nicht freigegeben.«
    »Das ist nur eine Formalität, Dr. Isles. Eine Unterschrift genügt.«
    »Die werden Sie von mir nicht bekommen.«
    Alle Augen im Raum waren jetzt auf sie und Barsanti gerichtet. Die meisten der Umstehenden waren wie Hayder Beamte des Boston PD.
    »Dr. Isles«, sagte Barsanti seufzend, »muss dieses Kompetenzgerangel denn sein?«
    Sie sah Hayder an. »Diese Todesfälle fallen in unsere Zuständigkeit. Sie wissen, dass damit die sterblichen Überreste in unseren Gewahrsam übergehen.«
    »Das hört sich an, als ob Sie dem FBI nicht vertrauen«, sagte Barsanti.
    Sie sind es, dem ich nicht vertraue.
    Sie trat auf ihn zu. »Ich warte immer noch auf eine plausible Erklärung für Ihre Anwesenheit hier, Agent Barsanti. Was haben Sie mit dem Fall zu tun?«
    »Diese beiden Personen wurden wegen eines tödlichen Schusswaffengebrauchs gesucht. Ich denke, Sie haben schon davon gehört. Sie haben die Staatsgrenze überschritten.«
    »Das erklärt nicht, warum Sie Anspruch auf die Leichen erheben.«
    »Sie werden die abschließenden Obduktionsberichte erhalten.«
    »Was fürchten Sie, dass ich finden könnte?«
    »Wissen Sie, Dr. Isles, Sie hören sich allmählich schon genauso paranoid an wie die zwei hier.« Er wandte sich zu den beiden Männern um, die vor Rokes Leiche standen.
    »Los, packen wir sie ein.«
    »Sie werden sie nicht anrühren«, sagte Maura. Sie nahm ihr Handy aus der Tasche und rief Abe Bristol an. »Hier gibt es Arbeit für uns, Abe.«
    »Ja, ich hab’s schon im Fernsehen gesehen. Wie viele sind es?«
    »Zwei. Beide Geiselnehmer wurden beim Sturm auf das Gebäude getötet. Das FBI will die Leichen nach Washington fliegen.«
    »Moment mal. Erst schießen die Bundesbehörden die Leute über den Haufen, und jetzt wollen sie selbst die Autopsie übernehmen? Was soll der Scheiß?«
    »Ich habe mir gedacht, dass du so reagieren würdest. Danke für die Rückendeckung.« Sie beendete das Gespräch und sah Barsanti an. »Das Rechtsmedizinische Institut weigert sich, diese beiden Leichen freizugeben. Bitte verlassen Sie den Raum. Wenn die Spurensicherung hier fertig ist, werden unsere Mitarbeiter die Opfer ins Leichenschauhaus transportieren.«
    Barsanti schien zu einer Widerrede ansetzen zu wollen, doch ihr kalter, entschlossener Blick verriet ihm, dass sie sich in diesem Kleinkrieg nicht so schnell geschlagen geben würde.
    »Captain Hayder«, sagte sie. »Muss ich wegen dieser Sache den Gouverneur einschalten?«
    Hayder seufzte. »Nein, es ist Ihr Zuständigkeitsbereich.«
    Er sah Barsanti an. »Sieht aus, als ob das Rechtsmedizinische Institut hier das Kommando übernimmt.«
    Ohne ein weiteres Wort verließen Barsanti und seine Männer den Raum.
    Sie folgte ihnen und sah ihnen von der Tür aus nach, als sie den Flur zur Eingangshalle entlanggingen. Diese Todesfälle, dachte sie, werden so behandelt werden wie alle anderen. Nicht vom FBI, sondern von der Mordkommission des Boston PD. Sie wollte eben die nächste Nummer wählen, diesmal die von Detective Moore, als sie plötzlich die leere Rolltrage im Gang stehen sah. Der Sanitäter packte gerade seine Geräte zusammen.
    »Wo ist Agent Dean?«, fragte Maura. »Der Mann, der vorhin dort lag?«
    »Der wollte partout nicht länger bleiben. Ist einfach aufgestanden und gegangen.«
    »Und Sie konnten ihn nicht aufhalten?«
    »Ma’am, den Mann hätte nichts und niemand aufhalten können. Er sagte, er muss bei seiner Frau sein.«
    »Wie kommt er dorthin?«
    »So ein glatzköpfiger Typ hat ihn mitgenommen. Ein Cop, glaube ich.«
    Vince Korsak, dachte sie.
    »Sie sind schon auf dem Weg ins Brigham.«
     
    Jane konnte sich nicht entsinnen, wie sie an diesen Ort gekommen war, mit all den hellen Lichtern, glänzenden Oberflächen und maskierten Gesichtern. Nur vereinzelte Erinnerungsfetzen schwirrten ihr im Kopf herum. Männerstimmen, die quietschenden Räder von Krankentragen. Das Flackern von Blaulicht. Und dann die weiße Decke, die über sie hinwegzog, als sie durch einen Flur in diesen Raum gebracht wurde. Immer wieder hatte sie nach Gabriel gefragt, aber niemand konnte ihr sagen, wo er war.
    Oder sie wagten nicht, es ihr zu sagen.
    »Mom, Ihnen fehlt absolut nichts«, sagte der Arzt.
    Jane blickte blinzelnd zu dem blauen Augenpaar auf, das sie über der Atemschutzmaske anlächelte. Mir fehlt sehr wohl etwas,

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