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Scheintot

Scheintot

Titel: Scheintot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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im Kühlraum, als sie sich plötzlich bewegte«, sagte Maura.
    Der Arzt lachte ungläubig. »Wer hat sie für tot erklärt?«
    »Sie wurde von der Feuerwehr Weymouth eingeliefert.«
    Sein Blick richtete sich wieder auf die Patientin. »Na, jetzt ist sie jedenfalls sehr lebendig.«
    »Dr. Cutler, Raum zwei ist jetzt frei«, rief eine Schwester. »Wir können sie reinfahren.«
    Maura folgte ihnen, als sie die Trage über den Flur in einen der Behandlungsräume schoben. Die Frau wehrte sich nur noch schwach; das Haldol und das Valium taten allmählich ihre Wirkung. Die Schwestern nahmen ihr Blut ab, brachten neue EKG-Elektroden an. Der Herzrhythmus zuckte über den Monitor.
    »Okay, Dr. Isles«, sagte der Unfallarzt, während er mit einer Stablampe in die Augen der Frau leuchtete. »Erzählen Sie mir mehr.«
    Maura öffnete den Umschlag mit den fotokopierten Begleitdokumenten der »Leiche«. »Ich sage Ihnen einfach mal, was in den Überführungspapieren steht«, sagte sie. »Um acht Uhr heute Morgen bekam die Feuerwehr Weymouth einen Anruf aus dem Sunrise Yachtclub, nachdem Segler die in der Hingham Bay treibende Frau gefunden hatten. Als man sie aus dem Wasser zog, hatte sie keinen Puls und atmete nicht mehr. Sie hatte auch keine Papiere bei sich. Ein Ermittler der Polizei von Massachusetts wurde an den Fundort gerufen, und er kam zu dem Schluss, dass höchstwahrscheinlich ein Unfall vorlag. Gegen Mittag wurde sie in unser Institut überführt.«
    »Und in der Gerichtsmedizin ist niemandem aufgefallen, dass sie noch lebte?«
    »Sie wurde eingeliefert, als wir gerade bis zum Hals in Arbeit steckten. Da war dieser Unfall auf der 1-95. Und wir hatten auch noch Fälle von gestern Abend aufzuarbeiten.«
    »Es ist jetzt fast neun. Und die ganze Zeit hat niemand nach dieser Frau gesehen?«
    »Bei Toten gibt es normalerweise keine unvorhergesehenen Ereignisse.«
    »Also lassen Sie sie einfach im Kühlraum liegen?«
    »Solange bis wir uns ihnen widmen können.«
    »Und wenn Sie heute Abend nicht zufällig gehört hätten, wie sie sich bewegte?« Er drehte sich um und sah Maura an. »Wollen Sie mir erzählen, dass sie dann bis morgen früh dort gelegen hätte?«
    Maura spürte, wie die Röte in ihre Wangen stieg. »Ja«, gab sie zu.
    »Dr. Cutler, auf Intensiv wäre jetzt ein Bett frei«, meldete eine Schwester. »Sollen wir sie hinbringen?«
    Er nickte. »Wir wissen nicht, welche Medikamente oder Drogen sie vielleicht genommen hat; deshalb will ich, dass ihre Werte permanent überwacht werden.« Er blickte auf die Patientin hinunter, deren Augen nun geschlossen waren. Ihre Lippen aber bewegten sich weiter, wie in einem stummen Gebet. »Diese Frau wäre schon einmal beinahe gestorben. Sorgen wir dafür, dass sich das nicht wiederholt.«
     
    Maura hörte das Telefon in ihrem Haus läuten, während sie den Schlüsselbund aus der Tasche fischte und die Haustür aufschloss. Als sie es schließlich geschafft hatte und ins Wohnzimmer trat, war das Läuten verstummt. Der Anrufer hatte keine Nachricht hinterlassen. Maura klickte die letzten Nummern auf der Anruferkennung durch, doch den Namen der Frau, die zuletzt angerufen hatte, kannte sie nicht:
Zoe Fossey.
Hatte sie sich vielleicht verwählt?
    Ich weigere mich, mir deswegen Gedanken zu machen, dachte sie und wollte in die Küche gehen.
    Da meldete sich plötzlich ihr Handy. Sie kramte es aus der Tasche und sah auf dem Display, dass der Anruf von ihrem Kollegen Dr. Abe Bristol kam.
    »Hallo, Abe?«
    »Maura, willst du mir vielleicht verraten, was heute Abend in der Notaufnahme passiert ist?«
    »Du hast davon gehört?«
    »Ich bin schon drei Mal angerufen worden. Vom
Globe,
vom
Herald
und von irgendeinem lokalen Fernsehsender.«
    »Was sagen denn diese Reporter?«
    »Sie fragen alle nach dieser Leiche, die plötzlich aufgewacht ist. Angeblich ist sie vor kurzem in die Klinik eingeliefert worden. Ich hatte gar keine Ahnung, wovon die alle reden.«
    »Ach, du lieber Gott. Wie hat die Presse so schnell davon erfahren?«
    »Es stimmt also?«
    »Ich wollte dich schon anrufen …« Sie hielt inne. Im Wohnzimmer klingelte das Telefon. »Ich bekomme gerade einen Anruf auf der anderen Leitung. Kann ich dich zurückrufen, Abe?«
    »Wenn du mir versprichst, mich aufzuklären.«
    Sie lief ins Wohnzimmer und nahm den Hörer ab. »Dr. Isles.«
    »Hier spricht Zoe Fossey von Channel Six News. Wären Sie bereit, einen Kommentar zu …«
    »Es ist fast zehn Uhr«, unterbrach Maura sie. »Dies

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