Scheintot
erkennen gegeben?«
»Ja, Sir.«
»Und was ist dann …«
»Das ist eine beschissene Lüge!«, fuhr der Angeklagte dazwischen. »Die haben überhaupt nicht gesagt, dass sie Bullen sind!«
Alle Augen richteten sich auf Billy Wayne Rollo; er aber sah nur Jane an.
»Sie enthalten sich bitte jeglicher Äußerungen, Mr. Rollo«, wies der Richter ihn an.
»Aber sie ist eine Lügnerin.«
»Frau Rechtsanwältin, entweder sorgen Sie jetzt dafür, dass Ihr Mandant sich beherrscht, oder er wird des Saales verwiesen.«
»Ganz ruhig, Billy«, murmelte die Anwältin. »Das ist nicht sehr hilfreich.«
»Gut«, sagte der Richter. »Mr. Spurlock, Sie können fortfahren.«
Der Staatsanwalt nickte und wandte sich wieder an Jane.
»Was passierte, nachdem Sie an die Tür von Apartment 2-E geklopft hatten?«
»Es machte niemand auf. Aber wir konnten noch immer die Schreie hören. Das Krachen. Wir kamen übereinstimmend zu dem Schluss, dass hier ein Mensch in Lebensgefahr war und dass wir die Wohnung betreten mussten, ob mit oder ohne Einwilligung der Bewohner.«
»Und Sie haben sie betreten?«
»Ja, Sir.«
»Sie haben mir die Scheißtür eingetreten!«, rief Rollo.
»Schweigen Sie, Mr. Rollo!«, fuhr ihn der Richter an. Der Angeklagte ließ sich wieder auf seinen Stuhl sinken und durchbohrte Jane mit seinen Blicken.
Du kannst mich so lange anglotzen, wie du willst, du Affe. Denkst du, du kannst mit Angst machen?
»Detective Rizzoli«, sagte Spurlock, »was haben Sie in der Wohnung gesehen?«
Jane wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Staatsanwalt zu. »Wir sahen einen Mann und eine Frau. Die Frau lag auf dem Rücken. Ihr Gesicht war schwer lädiert, und ihre Unterlippe blutete. Der Mann beugte sich über sie. Er hatte beide Hände um ihren Hals gelegt.«
»Befindet sich der Mann in diesem Moment hier im Saal?«
»Ja, Sir.«
»Zeigen Sie bitte auf ihn.«
Sie deutete auf Billy Wayne Rollo.
»Was ist dann passiert?«
»Detective Frost und ich zogen Mr. Rollo von der Frau weg. Sie war noch bei Bewusstsein. Mr. Rollo leistete Widerstand, und in dem Handgemenge bekam Detective Frost einen schweren Schlag in den Bauch. Anschließend flüchtete Mr. Rollo aus der Wohnung. Ich verfolgte ihn bis ins Treppenhaus, und dort gelang es mir, ihn zu überwältigen.«
»Ganz allein?«
»Ja, Sir.« Nach einer Pause fuhr sie ohne jeden Anflug von Humor fort: »Nachdem er die Treppe hinuntergefallen war. Er schien stark angetrunken.«
»Verdammt, sie hat mich
gestoßen,
so war’s!«
Der Richter ließ seinen Hammer auf den Tisch krachen.
»Jetzt reicht es mir aber mit Ihnen! Gerichtsdiener, bitte entfernen Sie Mr. Rollo aus dem Saal.«
»Euer Ehren.« Die Verteidigerin stand auf. »Ich werde dafür sorgen, dass er sich benimmt.«
»Das ist Ihnen bisher nicht sonderlich gut gelungen, Ms. Quinlan.«
»Er wird jetzt Ruhe geben.« Sie sah ihren Mandanten an.
»Nicht wahr?«
Rollo antwortete mit einem missmutigen Knurren.
»Keine weiteren Fragen, Euer Ehren«, sagte Spurlock und nahm Platz.
Der Richter sah die Verteidigerin an. »Ms. Quinlan?«
Victoria Quinlan erhob sich zum Kreuzverhör. Mit dieser Anwältin hatte Jane bisher noch nie zu tun gehabt, und sie war sich nicht sicher, was sie erwartete. Als Quinlan auf den Zeugenstand zutrat, dachte Jane: Du bist jung und blond, und du siehst blendend aus. Wie kommst du dazu, dieses miese Stück zu verteidigen? Die Frau bewegte sich wie ein Model auf dem Laufsteg, die langen Beine zusätzlich betont durch einen kurzen Rock und hochhackige Schuhe. Allein vom Anblick dieser Schühchen taten Jane schon die Füße weh. Eine Frau wie Quinlan stand wahrscheinlich immer und überall im Mittelpunkt, und sie kostete die allgemeine Aufmerksamkeit voll aus, als sie nun zum Zeugenstand schlenderte, wohl wissend, dass in diesem Augenblick jeder einzelne Mann dort auf der Geschworenenbank ihren festen kleinen Hintern anstarrte.
»Guten Morgen, Detective«, flötete Quinlan mit lieblicher Stimme. Viel zu lieblich. Jeden Moment konnten dieser Blondine giftige Reißzähne wachsen.
»Guten Morgen, Ma’am«, erwiderte Jane vollkommen neutral.
»Sie sagten, dass Sie derzeit bei der Mordkommission beschäftigt sind?«
»Ja, Ma’am.«
»Und an welchen neuen Ermittlungen sind Sie zurzeit aktiv beteiligt?«
»Im Augenblick habe ich keine neuen Fälle. Aber ich arbeite weiter an …«
»Sie sind aber doch Detective beim Boston PD. Gibt es im Moment wirklich keine Mordfälle, die
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