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Scheintot

Scheintot

Titel: Scheintot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Plötzlich schien der Name zu ihr zu passen.
    »Was wissen wir über diese Schießerei?«
    »Moore hat die Akte hier.«
    Sie sah Angela an. »Mom, ich muss für eine Weile weg. Ist das okay?«
    »Ja, geh nur. Und wir bleiben hier, weil’s uns hier so gut gefällt, nicht wahr, Regina?« Angela beugte sich vor und rieb ihre Nase an der des Babys. »Und nachher nehmen wir ein schönes Bad.«
    Jane sagte zu Gabriel: »Gib mir zwanzig Minuten, dann bin ich bei euch.«
    »Nein. Treffen wir uns woanders.«
    »Wieso?«
    »Wir möchten hier im Präsidium lieber nicht darüber reden.«
    »Gabriel, was zum Teufel geht da vor?«
    Eine Pause trat ein, in der sie Moores Stimme leise im Hintergrund hören konnte. Dann meldete Gabriel sich wieder.
    »JP Doyle’s. Wir sehen uns dort.«

24
    Sie verlor keine Zeit mit Duschen, sondern schlüpfte einfach in die ersten Sachen, die ihr aus dem Kleiderschrank entgegenfielen – eine sackartige Umstandshose und das T-Shirt, das ihr die Kollegen von der Mordkommission bei der Baby-Party geschenkt hatten, mit dem aufgenähten Schriftzug MOM COP mitten auf dem Bauch. Im Wagen aß sie zwei Scheiben Toast mit Butter, während sie den Weg zum Stadtviertel Jamaica Plains einschlug. Das Telefonat mit Gabriel zerrte an ihren Nerven, und sie ertappte sich dabei, wie sie an den Ampeln stets in den Rückspiegel sah und sich die Autos hinter ihr genau anschaute. Hatte sie diesen grünen Taurus nicht vier Kreuzungen vorher schon einmal gesehen? Und war das nicht derselbe weiße Van, den sie gegenüber von ihrer Wohnung am Straßenrand hatte stehen sehen?
    JP Doyle’s Bar war eine in Bostoner Polizeikreisen äußerst beliebte Kneipe, und abends war das Lokal gewöhnlich brechend voll mit Cops, die ihren Dienstschluss begossen. Aber jetzt, um drei Uhr nachmittags, saß nur eine einsame Frau auf einem Barhocker und nippte an einem Glas Weißwein, während im Fernseher über der Theke der Sportkanal lief. Jane ging gleich durch in den angrenzenden Restaurantbereich, wo die Wände mit Erinnerungsstücken an Bostons irische Tradition dekoriert waren. Zeitungsausschnitte über die Kennedys, das demokratische Urgestein Tip O’Neill und die stolze Polizeitruppe der Stadt hingen schon so lange dort, dass das Papier ganz brüchig geworden war, und das Weiß in der irischen Flagge über einer der Nischen hatte vom Tabakrauch bereits einen deutlichen nikotingelben Stich. In den ruhigen Stunden zwischen Mittag- und Abendessenszeit waren nur zwei der Nischen besetzt. In einer saß ein Paar in mittleren Jahren, offensichtlich Touristen, nach dem Stadtplan von Boston zu schließen, den sie zwischen sich auf dem Tisch ausgebreitet hatten. Jane ging an den beiden vorbei und weiter bis zu dem Ecktisch, an dem Moore und Gabriel schon auf sie warteten.
    Sie schlüpfte auf den Platz neben ihrem Mann, und ihr Blick fiel auf die Aktenmappe, die auf dem Tisch lag. »Was wolltet ihr mir zeigen?«
    Moore gab keine Antwort, sondern blickte nur mit einem mechanischen Lächeln auf, als die Bedienung an ihren Tisch kam.
    »Hallo, Detective Rizzoli. Sie sind ja wieder ganz schlank«, begrüßte die Bedienung Jane.
    »Nicht so schlank, wie ich gerne wäre.«
    »Ich habe gehört, Sie haben ein kleines Mädchen bekommen.«
    »Ja, und sie hält uns die ganze Nacht wach. Das hier ist vielleicht meine einmalige Chance, ungestört zu essen.«
    Die Bedienung zückte lachend ihren Notizblock. »Dann wollen wir Sie mal nicht länger hungern lassen.«
    »Eigentlich möchte ich nur Kaffee und eine Portion von Ihrem Apple Crisp.«
    »Gute Wahl.« Die Bedienung wandte sich an die Männer: »Und für Sie?«
    »Schenken Sie uns nur noch ein bisschen Kaffee nach, danke«, sagte Moore. »Wir sehen ihr einfach beim Essen zu.«
    Schweigend ließen sie die Bedienung ihre Tassen auffüllen. Erst nachdem die junge Frau den Apfelstreusel serviert hatte und wieder verschwunden war, schob Moore Jane die Mappe hin.
    Sie enthielt einen Bogen mit Digitalfotos. Jane erkannte sie sofort als Mikroaufnahmen einer ausgeworfenen Patronenhülse. Deutlich waren die Muster zu erkennen, die das Auftreffen des Schlagbolzens auf den Zünder und der Rückstoß der Patrone gegen den Verschlussblock hinterlassen hatten.
    »Stammt die aus dem Krankenhaus?«, fragte sie.
    Moore nickte. »Diese Patrone wurde aus der Waffe abgefeuert, mit der der Unbekannte in Olenas Zimmer eingedrungen ist. Und mit der sie ihn dann getötet hat. Unsere Ballistiker haben sie in die IBIS-Datenbank

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