Scheiss dich nicht an - Lebe
mit der anderen in den Sautrog hineingelegt, wo sie ihn zuerst mit heißem Wasser übergossen und ihm dann mit der Saukelle den Körperpelz abgezogen und dann mit dem Schlachtermesser die Wolle auf seinem Schädel gestutzt hat. Und oft genug hat sie ihn dann auch noch am Haken zum Trocknen in den frischen Wind hinausgehängt, weil sie ihn mit einer von den zwei Sauen verwechselt hat, die sie nebenher geschlachtet hat, dafür war die Substanz früher noch da.
Später, wenn ihn die Roswitha nicht überhaupt draußen am Haken vergessen und ihn der Bär aus dem Wald schon angeknabbert hat, hat sie ihn noch ein paar Tage hinein in die Seichkammer gehängt, sodass er bis in den Sommer hinein auch wirklich gut geduftet hat, im März war der Biermösel jedenfalls immer bereit für ein neues aufregendes Leben, aber das neue aufregende Leben war leider nie bereit für ihn.
Und heuer?
Heuer fängt der Biermösel schon zu zittern an, wenn er an einen Frisör und seine Schere nur denkt. So war es schon als Kind, wenn der Alte zum reisenden Schlachterburschen Emmerich dem Älteren gesagt hat, dass er dem Rotzbuben doch bitte in Dreiherrgottsnamen auch den Nacken ausscheren soll, nicht nur die Ohrwascherl! Da hat er dann im Genick die todbringende Pranke vom Alten gespürt und vom Emmerich dem Älteren das kalte Messer der scharfen Guillotine. Im Stillen hat er sich jedes Mal schon von dieser Welt verabschiedet, während ihn der Zuchteber im Kobel drinnen, von dem er jetzt glaubt, dass er Elmo geheißen hat, wie immer ein bisserl von oben herab und mit einem leisen verächtlichen Kichern angestarrt hat, weil er sich selbst mit seinen blondierten Hansi-Hinterseer-Borsten zwischen den Schweinsohren so schön vorgekommen ist:
„Was willst denn du überhaupt darstellen mit deiner Frisur, ha? Hast du heute überhaupt schon eine gepackt, ha?“, hat er ihm mit seinen kleinen Schweinsäugerin ausrichten lassen, bevor er dann nur mit den Klauen geschnippt hat und auf die nächste Sau draufgesprungen ist.
Und das alles vor seinen Augen!
Trotz der schlechten Erfahrungen mit Frisören in den fernen Kinderjahren hat der Biermösel heuer das Terrain um den Frisörsalon Bleich und Fön vom Frisörmeister Manfred sorgfältig ausgekundschaftet wie der General vor dem Sturm die feindliche Anhöhe, aber den finalen Angriff hat er dann doch nie gewagt.
Stattdessen hat er nur die Lage sondiert, bis ihm die Augen vom vielen Sondieren schon herausgefallen sind. Er hat den Ort der Schlachtung ausgespäht und die Delinquenten beobachtet, die dort jeden Tag ein- und ausmarschiert sind. Aha, hat er dabei beobachtet, die meisten gehen unglücklich in den Frisörsalon hinein und kommen unglücklich wieder heraus, aha. Aber das war für den Biermösel natürlich nicht überraschend, einen Glücklichen hat er die ganzen 60 Jahre, die er jetzt schon auf dieser Erde wandelt, noch nicht gesehen.
Am genauesten hat sich der Biermösel aber natürlich den Frisörmeister Manfred selbst angeschaut, und nach der wochenlangen Beschau lässt sich über den Scharfrichter sagen, dass er die Hände in die Hüften stützt, wenn er den Kamm schwingt, das ist das eine Beunruhigende. Und dass er wie eine Balletttänzerin herumrennt und den kleinen Finger abwinkelt, sobald er seine Schere herausgeholt hat, das ist das andere Beunruhigende.
Warum hat er den eigentlich noch nie mit einer Frau gesehen, hat der Biermösel sich oft gefragt, und dann war er sich zusammengefasst sehr bald sehr sicher, dass der Frisör Manfred im Western wie die Waschweiber von den Cowboys seitlich im Sattel sitzen täte, wenn sie ihn dort mitreiten lassen würden, was er sich aber sowieso nicht vorstellen kann. Und dass er, wenn er ein Italiener wäre (was sich der Biermösel wiederum sehr gut vorstellen kann!), bestimmt Andrea heißen täte.
„Bleib bitte ganz weit weg von ihm!“, hat der General im Biermösel also zum Angstpatienten in ihm gesagt, „halte dich auf ewig fern von dieser feindlichen Anhöhe!“
Aber dann war es der Lois Lehn vor ein paar Wochen auf einmal eine Doppelseite im regionalen Teil vom Ländlichen Boten wert, dass der Frisör Manfred als einer der Letzten an den Kanal angeschlossen wird. („Und die Biermösels drüben im Auerhahn NICHT!“) In ein paar Tagen soll es ja so weit sein, und jetzt muss selbst er standhafter Verweigerer sagen:
Das interessiert ihn dann schon am Frisör Manfred!
Kann also gut sein, denkt sich der Biermösel jetzt, dass er zur
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