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Scheiss dich nicht an - Lebe

Scheiss dich nicht an - Lebe

Titel: Scheiss dich nicht an - Lebe Kostenlos Bücher Online Lesen
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herum, und durch das Fenster herein spürt er den immer stärker werdenden Wind, der ihn um den Schädel packt wie die Beißzange den Nagel, und der ihn dann gar nicht mehr loslässt.
    „Der Föhn!“, jammert der Biermösel, „Kruzifixnocheinmal, der depperte Föhn!“
    Der Föhn trägt das Donnern der Glocken vom Pfarrer Hein nur noch klarer und noch lauter an sein Ohr herüber, kaum dass die Zwillinge in seinem Glockenturm verschwunden sind und die Aufnahmeprüfung beginnt. Und so wie der Biermösel jetzt daliegt, hat er alldem nichts mehr entgegenzusetzen. Der Pfarrer Hein mit seinen Glocken ist nämlich ein anderes Kaliber als die Rotzbuben mit ihren U-Hakerln, denkt er sich besorgt, bevor er wegen dem ganzen depperten Blutverlust ein bisserl in Ohnmacht fällt.

Föhn und Fön
    Erschöpft, aber zufrieden über einen weiteren sehr klaren Sieg in seinem Leben (na gut: froh darüber, dass er noch lebt!), sitzt der Biermösel dann nach ein paar schnell gezischten Osterböcken wieder auf seinem Erlebnispark am Gendarmerieposten in Aussee herüben und rutscht wie die waidwund geschossene Wildsau unruhig auf seiner Muschel herum. Den mächtigen Schädel samt dem wuchernden Gesteck oben drauf hat er in seine Riesentrümmer Fäuste gestützt, während er lange und interessiert seine Unterhose anschaut, der spätestens nach dem überraschenden Blutverlust endgültig alles Weiße fehlt. Er denkt sich: Wenn es die 90°-Kochwäsche nicht schon geben täte, dann müsste sie spätestens jetzt für seine Unterhose erfunden werden. Die ist nämlich kein Hingucker mehr, wie die deutsche Gutsbesitzerin im grenzenlos depperten Liebesfilmfernsehen gerne sagt, „wer wäscht weißer als weiß?“, lautet die alles entscheidende Frage.
    Der Biermösel rutscht dann immer unruhiger auf seiner Muschel hin und her und überlegt, ob er sich nicht doch für ein paar Tage ins Trockentrainingslager von der gachblonden Discowirtin drüben in ihrem Puff in Goisern begeben soll, bevor er die Anni packen wird. Wegen dem dringend notwendigen Grundkurs einerseits, und als weiteres deutliches Ausrufezeichen gegen den immer weiter um sich greifenden Wahnsinn vom Pfarrer Hein andererseits. Aber kann er sich mit so einer Unterhose im Puff überhaupt sehen lassen und dann vielleicht sogar noch den „Unschuldsengel-Rabatt“ verlangen, fragt er sich, wo er doch daherkommt wie der Schlächter in seinen Blutstiefeln?
    Früher, als die Roswitha noch schön fett war und ideal fürs Trockentraining gewesen wäre, da hat sich der Biermösel auch vorstellen können, dass er auf seiner Schwester ein bisserl übt, bevor er die Anni drüben in Kaprun packen wird. Freilich war da immer viel Alkohol im Spiel und noch mehr Verzweiflung gepaart mit Einsamkeit. Aber bevor es dann drunter und drüber geht, sobald er die Anni anfliegt, bevor er dann gar nicht weiß, welches Knöpfchen er an ihr drehen muss, damit sie brummt wie ein Trafo, hätte er auch mit der Roswitha das Einmaleins der Liebe und das Alphabet der Zweisamkeit durchgehen können, als da wäre:
    1. Das Aufrichten der Rakete
    2. Das Anpeilen vom Zielobjekt
    3. Das Zünden der zwei Triebwerke
    4. Und Feuer!
    Na ja, denkt er sich, alles das halt.
    Seit der Magennotoperation aber ist die Roswitha ja nicht mehr zum Anschauen und noch weniger zum Gebrauchen. Wie ein Bleistiftstrich verschwindet sie in der Landschaft, und die Stimmung bei ihnen zu Hause in der Gaststube im Auerhahn gleicht der in einem Hochsicherheitstrakt, in dem er der Gefangene ist und sein Schwesterlein fein der Wächter.
    Die Roswitha bewegt sich nur noch schwach wie eine Kuh, die gerade gekalbt hat, und genau so schaut sie leider auch aus. Mit dem halben Magen ist alles Trächtige aus der Roswitha hinausgefahren wie der Dämon aus der Besessenen, und das Einschmieren vom Ausschlag auf ihrer Rückseite macht ihm – da will er ehrlich sein! – auch überhaupt keine Freude mehr. Die ausgedehnten, welligen Meere von Fett, in die er früher so gerne eingetaucht ist, die Berge von weißem Fleisch, in denen er immer so gerne herumgewühlt und herumgerührt hat wie der Bäcker im morgendlichen Brotteig, die hängen jetzt nur noch als Erinnerung unter den Hautlappen von ihren Knochen herunter wie nasse, vom Herbstwind gepeitschte Vorhänge hinterm offenen Fenster -„Doktor Krisper!“, schreit der Biermösel verzweifelt, „sag, was hast du getan?“
    Wie zwei mächtige Traktoren mit ihren schweren Anhängern donnert das erbärmliche Läuten

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