Scheiss dich nicht an - Lebe
überraschende Anrufe ja gewohnt ist, auch spät nachts, wenn sie mit dem kalten Rotwein und den trockenen Keksen vor dem Fernseher liegt, mein Gott, sie hat die Kekse halt gerne trocken und den Roten am liebsten kalt, was soll sie denn machen?
Solcherart gut ausgerüstet, schaut sie sich wieder einmal „Die Unbestechlichen“ auf der schon ziemlich ausgefransten Videokassette an, mit dem Robert Redford und dem Dustin Hoffman in den Hauptrollen und dem Holzfuß neben sich auf der Couch, den sie für heute abgeschnallt hat.
„Ist ja schnell wieder montiert!“, sagt sich die Lois Lehn immer, falls draußen doch noch irgendwo der Blitz einschlägt und eine Feuersbrunst entfacht. Oder falls endlich wieder mal einer die Güte hätte, dass er sich beim Sankt Christophorus drüben an der Abzweigung nach Goisern überschlägt und dann an der eigenen Kniescheibe erstickt. Oder vielleicht findet der Biermösel ja doch noch heraus, wohin der Hasenscharten-Ulf verschwunden ist.
Ist aber leider viel zu selten der Fall, dass sie rasende Reporterin den Holzfuß zum Rasen braucht. Ihre einzige Hoffnung auf eine richtige Story ist der Föhn. Aber auch der hat sie bisher enttäuscht. Es tut sich einfach nichts in diesen Tagen vor Ostern.
Also legt die Lois Lehn auch nicht gleich auf, als der Bob Woodward, diese lästige Klette, sie schon wieder anruft, sondern fragt der Höflichkeit halber:
„Bob? Are it really you again, you beginner?“
Oder auf Deutsch und zum besseren Verständnis der sehr komplexen und sehr gespaltenen Persönlichkeit der Lois Lehn:
„Robertl, bist es wirklich schon wieder du, du Anfänger! Dauernd rufst du mich an, weil du mit deinen schwachbrüstigen Storys nicht weiterkommst!“
„I’m so sorry, baby“, haucht der Bob Woodward ebenso beschämt wie sanft, sanfter hat dann später nur noch der Robert Redford als Unbestechlicher „I’m so sorry, baby“ gehaucht, aber darum haben sie ihn ja auch genommen.
„Also warum rufst du an?“, macht die Lois Lehn Druck, „I don’t have stolen my time!“
„Please listen jetzt very carefully Lois, it is the following etwas längere Story“, sagt der Bob. „Schon mal was von einem Tripischovski from over there in Ischl gehört?“
„Der King of Loden?“
„The King of Kunstfaser, you must say nowaday!“, korrigiert sie der Bob, und sofort schläft der Lois Lehn der Phantomfuß ein, weil der einfach nie zum Punkt kommen kann.
„Do you think, I have interest in your Gespensterstorys“, fährt sie ihm etwas strenger in die Parade. „I must finish meine eigenen two Storys, what do you think?“
Gerne lenkt sie im Gespräch mit dem Bob die Aufmerksamkeit auf ihre eigenen journalistischen Leistungen, aber das gibt dem Bob natürlich auch die Gelegenheit, selbst noch dazuzulernen, von der Lois Lehn kann schließlich jeder rasende Reporter nur lernen:
„What Storys, Lois?“, fragt er so ein bisschen um die Ecke herum, aber die Lois Lehn ist natürlich auch nicht auf der steirischen Kürbissuppe dahergeschwommen und erkennt die Absicht dahinter. Sie will lieber nicht zu viel verraten von ihren Storys, also nur so viel:
„Der Frisör Manfred wird endlich ans Kanalnetz in Aussee angeschlossen, falls es dich interessiert, das ist die eine Story.“
„Oh my god!“, jault der Bob am anderen Ende der Leitung. „Is it the truth?“
„Na, was glaubst denn du!“, gibt sich die Lois betont kühl und gelassen. „Und wenn du mich fragst: höchste Eisenbahn, dass ein Frisör endlich einen Kanalanschluss kriegt, wegen dem guten Duft, you understand me?“
„Great Story!“, brüllt der Bob. „Tell me more!“
„Na, immer schön langsam, nur keine unnötige Hast, so schnell schießen die Komantschen nicht!“, nimmt die Lois Lehn gleich dreifach Tempo aus dem Reporter-Ping-Pong, „und geh mir bitte jetzt nicht auf die Nerven mit deinem ,Tell me more!‘, ich hab nämlich ein kleines bisschen Migräne im Oberstübchen, und zwar wegen dem Föhn, do you understand me?“
„I’m so sorry for that, baby.“
„Ja ja! Du und dein ,sorry, baby‘ könnt mir gestohlen bleiben! Aber falls es dich interessiert: Jetzt ist nur noch der Biermösel drüben im Auerhahn ohne Kanalanschluss, aber einer muss immer der Letzte sein, da erzähl ich dir ja nichts Neues!“ „Eine emotional Story also?“, fasst der Bob die Story kurz zusammen und spinnt sie selbst ein bisschen weiter. „Erste Welt und fehlender Kanalanschluss, Wohlstand und bittere Armut,
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