Scheiss dich nicht an - Lebe
etwas ein. Dabei hat er schon so ziemlich jeden denkbaren Satz als Schlusssatz versucht, von „Mach es doch einfach wie die durch und durch positiv eingestellte Sonnenuhr, lieber Leser, und zähl’ in Zukunft, auch wenn es vielleicht manchmal schwierig ist, einfach die heitren, sorgenlosen Stunden nur!“ bis „Always look on the bright side of life!“ Aber das eine klingt irgendwie zu kompliziert, und aus dem Zweiten ließe sich bestenfalls ein kleiner Sommerhit basteln, ein Schlusssatz aber, der seine Leser mit dem nötigen Schwung auf die Reise schickt, ist das alles nicht.
„Luft!“, hört der Doktor Krisper dann den Biermösel nach ein paar Häppchen dünner Bergluft schnappen, „Luft, bitte Luft!“ In hundert Meter Entfernung taucht er aus dem Wurzelwerk der Wälder auf und ist dem Tod wieder einmal näher als dem ersten glücklichen Tag in seinem Leben.
„Mehr Luft!“, bettelt er und kommt auf allen vieren zu ihm hergekrochen wie ein Feuersalamander, nur leider nicht so schön und behände wie der.
„Bitte viel mehr Luft!“, fleht der Biermösel verzweifelt, bevor er dem Doktor Krisper die letzten Reste seiner hundertfach geteerten Lunge auf die genagelten Schuhe spuckt.
„Pfui!“
Das stößt dann sogar den Inbegriff des positiven Denkens an seine Grenzen, und er überlegt, ob er seinem unheilbar schwierigsten Patienten nicht einfach den Luftröhrenschnitt setzen und dabei – hoppala! – seitlich abrutschen soll. Wenn er schon seinen Ratgeber nicht beenden kann, warum dann nicht wenigstens das Leben dieser elendsten aller elenden Kreaturen?
Der Biermösel aber legt sich einfach ungefragt in die Arme seines Vertrauensarztes, nachdem er aus einem vorübergehenden kleinen Koma erwacht ist, und während er jetzt dreimal atmen muss, damit er einmal was davon hat, betrachtet er mit seinen zu Stecknadelköpfen geschrumpften Adleräuglein hinter der General-Jaruzelski-Brille neidvoll das lindgrüne Lodenjäckchen vom Doktor Krisper mit dem aufgenähten Edelweiß und mustert die tannengrüne Lodenknickerbocker aus der letzten, der allerletzten Kollektion vom Abweichler Tripischovski. Dabei fallen ihm die rasierten Bleistiftbeinchen vom Herrn Doktor auf, welche die hinuntergerollten Stutzen freigeben, und er denkt sich:
Na bumsti! Jetzt weiß ich endlich, warum mich der Doktor immer mehr an die Reitstallbesitzerin im Liebesfilmfernsehen erinnert als an den kernigen Stallburschen, jetzt weiß ich es endlich.
„Wieso schaust du eigentlich so deppert?“, versucht der Biermösel dann ein Arzt-Patienten-Gespräch in Gang zu bringen. „Hast du mich vielleicht da heraufbestellt, damit ich mir anschaue, wie deppert du schauen kannst?“
„Aber nein“, seufzt der Doktor Krisper, während er den Biermösel an sich heranzieht und ihm endlich doch noch die mobile Sauerstoffmaske anlegt, „Welt ist so traurige und ungerechte.“ Dann dreht er den Hahn auf wie der Russe die Ölpipeline, und wenn es ihm gerade gefällt, dreht er ihn wieder ab und schaut sich an, wie der Biermösel nach der unerwarteten Sauerstoffüberversorgung in Ohnmacht fällt. Dann dreht er wieder auf, dann wieder ab, dann wieder auf, bevor ihm doch noch einfällt, was er eigentlich sagen will:
„Habe ich folgendes Probleme, Biermösel. Denke ich die ganze Zeit scharf nach über Schlusssatz für meine Positiv-Denke-Ratgeber-Buch mit Titel Scheiß dich nicht an, lebe!, was ist endlich fast fertig nach 35 Jahren, aber leider nur fast fertig, weil Schlusssatz ist immer schwierigste Satz von viele schöne Sätze, was machen Gesamtheit von dicke, dicke Schmöker aus, sprich: Dicke, dicke Schmöker ohne Schlusssatz ist wie ... na ... wie ... ist wie ... na, wie ... ist wie ... na ... wie
„Moment, Moment!“, sagt der Biermösel und fordert abermals mehr Luft. Bevor er sich das Gestammel noch ein paar Stunden lang anhören muss, macht er dem Doktor Krisper lieber selbst ein paar Vorschläge, wie ein Schmöker ohne Schlusssatz ist, und zwar „wie ein Schweinsbraterl ohne Krusterl vielleicht? Wie das Kraut ohne Kümmel, das Bier ohne Krone und wie der Bauch ohne Speck — genügt das, du Griffelschwinger!?“
„Das genügt!“, sagt der Doktor Krisper durchaus ein wenig eingeschnappt, weil dem Biermösel schneller als ihm eingefallen ist, was ein dicker Schmöker ohne Schlusssatz ist. „Bist du vielleicht auch unter Schwinger von Griffel gegangen und schreibst Ratgeber-Buche?“ Und zur Strafe dreht er den Hahn wieder ab.
Nach ein
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