Scheisskerle - Warum es immer die Falschen sind
fatalen Strategie bei der Partnerwahl beginnt mit der Erkenntnis, selbst ein Privatpatient zu sein. Frei nach dem amerikanischen Sprichwort:»Wenn dir drei Verrückte am Tag begegnen, solltest du in den Spiegel sehen.« Wie viele witzige Sprüche beinhaltet auch dieser eine tiefere Bedeutung: Wer uns begegnet und auch, wer uns meidet, haben wir selbst in der Hand. Und das gilt besonders für unsere Lebenspartner. Wenn wir feststellen, dass wir stets die gleichen gestörten Kerle erhören, dann sollten wir uns eventuell auch professionellen Rat suchen. Hinter den offensichtlichen Beweggründen selbsternannter, unermüdlicher »Seelenheilerinnen« verbirgt sich meist ein pessimistisches Selbstbild, das ihr Handeln erklärt und nachvollziehbar macht. Dieses pessimistische Selbstbild ist geprägt von der Angst davor, selbst gestört zu sein und also unfähig, eine Beziehung einzugehen. »Ich kann nicht geliebt werden, weil ich selbst nicht liebenswert bin«, beziehungsweise: »Ich kann nicht lieben, weil mir die Befähigung dazu fehlt, eine Befähigung, die andere Menschen haben.« Das sind die Aussagesätze zu dieser fatalen Angst. Weil diese Frauen immer wieder »kaputte« Typen anziehen, entsteht das Gefühl, bis in alle Ewigkeit allein bleiben zu müssen, ohne Liebe zu leben. Diese düstere Vision möchten die »Krankenschwestern« auf jeden Fall widerlegen und versuchen es durch die Heilung von »Privatpatienten.«
Die Bad Boys
E s sind rauschige Rebellen, die Katja immer wieder den Puls schneller schlagen lassen. Ungehobelt, aggressiv, gewalttätig und alkoholisiert, nichts kann Katja schrecken – im Gegenteil. Allein schon die Idee, der Mann könnte ein »Outlaw« sein, bringt sie in Wallungen und ihre Phantasie in jeder Beziehung in Fahrt. Dabei ist Katja alles andere als eine Rockerbraut, sondern OP-Schwester in einem Hamburger Krankenhaus und eher eine graue Maus als ein wilder Feger. Der Eigentümlichkeit ihrer Partnerwahl ist sie sich in wachen Momenten durchaus bewusst, doch ändern kann sie daran nichts. Viel zu groß ist der Reiz, der für sie von Männern ausgeht, deren Fehler sich schlagartig bemerkbar machen. Der letzte Mann, dem Katja verfallen ist, heißt Dragan. Ein Typ, dem wir alle nachts nur ungern allein begegnen würden. Und dieser Dragan ist keine Fiktion für die Geschichte über einen »Bad Boy«, es gibt ihn wirklich, er heißt auch so. Dragan schreibt Katja in unregelmäßigen Abständen unmissverständliche Kurznachrichten, die aus einem Wort bestehen, »ficken« steht da dann beispielsweise. Dann verlässt Katja sofort ihre niedlich eingerichtete Zweizimmerwohnungam Eppendorfer Baum in Hamburg und steigt zu Dragan ins Auto, der vor dem Haus schon auf sie gewartet hat. Man kann nicht sagen, dass die Autofahrt lange dauern würde, und das ist auch besser so, denn Dragan hat bereits reichlich »getankt«. Schon nach einigen Minuten ist Katja zurück in ihrer Wohnung, in der nicht selten Freunde Zeugen dieses ungewöhnlichen Intermezzos werden. Sie sagt dann gelegentlich Sätze, die ihr Verhalten entschuldigen sollen: »Ich weiß, dass es falsch ist, aber es fühlt sich so gut an.« Zumeist rechtfertigt sie jedoch ihre Beziehung zu Dragan und verschanzt sich hinter dem unvermeidlichen »Vielleicht mag ich ihn ja so, wie er ist«. Sie macht sich selbst und anderen vor, Dragan sei eigentlich gar nicht so, wie er tatsächlich ist, sie dreht sich eine Realität zurecht, die sie sonst vermutlich kaum glauben würde. Die absurdesten Erklärungen dienen ihr dazu, die Situation besser darzustellen, als sie es ist, sie behilft sich dabei mit an den Haaren herbeigezogenen Relativierungen, um zum Beispiel sein Alkoholproblem kleinzureden. »Hauptsache, er nimmt nicht die ganz harten Sachen«, erklärt sie sich selbst und allen, die es sonst noch glauben wollen. Ohne wirklichen Anlass wird Katja von Dragan auch geschlagen, aus Lust an der Gewalttätigkeit gegenüber Schwächeren, im Rausch, im Wahn. Dennoch ist sie der festen Überzeugung, Dragan sei ein besserer Mensch, als alle glauben, ist der Meinung, nur sie könne seinen »guten Kern« erkennen. Sein exzessiver Konsum von Alkohol und anderen Drogen ist für Katja kein elementares Ausschlusskriterium, sondern die Entschuldigung fürDragans gewalttätiges Verhalten. Nicht er ist also schuld, sondern die Rauschmittel.
Dragan ist die brutale Version des »Privatpatienten« und Katja seine Krankenschwester mit masochistischen Zügen. »Vielleicht
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