Scheisskerle - Warum es immer die Falschen sind
sich als Krankenschwestern, Lebensretterinnen und Geldautomaten über einen langen Zeitraum missbrauchen zu lassen. Denn nichts fordert viele Frauen mehr heraus als ein Mann, dem man zum Besseren verhelfen kann. Ein Trugschluss und ein schlimmer Selbstbetrug.
Der Privatpatient
K aum etwas löst bei vielen Frauen einen so starken Reiz aus wie die Chance, einen Mann aus seinem seelischen Elend herauszuholen, ihn von seinen emotionalen Wunden zu heilen. Völlig außer Acht gelassen wird von den betroffenen Frauen dabei nur allzu oft, dass ein Mann dieses Elend simulieren könnte, weil er eine besondere Affinität für diesen Mechanismus intuitiv oder wissentlich bei der Frau seiner Begierde erkannt hat und nun anwendet, um sein Ziel meist sexueller Erfüllung zu erreichen. Aber auch Geldmangel oder andere primäre Bedürfnisse können Gründe sein, eine temporäre Beziehung einzugehen, ohne es wirklich »ernst« zu meinen. Wer das Gefühl hat, immer an Männer zu geraten, die »Problemfälle« sind, und sich nach Wochen einer kurzfristigen Beziehung »ausgesaugt«, »leer« und vielleicht sogar ausgenutzt vorkommt, findet den Grund dafür möglicherweise darin, dass einer dieser »Energiesauger« unbewusst eine Tür geöffnet hat, die nur noch durchschritten werden musste. Neben dem gesunden Mann, der das eigene Leid nur vorschützt, um sein »Ziel« zu erreichen, kann es auch sein, dass man tatsächlich immer an seelisch beeinträchtigteund von Kummer und Krisen geschüttelte Kerle gerät, weil sie quasi eine magische Anziehungskraft ausüben. Viele Frauen neigen unbewusst dazu, sich emotional stark konfliktbeladene Partner auszusuchen, an denen sie immer wieder verzweifeln, wobei sie weder aus Schaden klug werden, noch ihre eigenen wiederkehrenden Verhaltensmuster deuten können. Selbst wenn die Rückschau auf vergangene Beziehungen ein sehr deutliches Bild ergibt, sich also mit schöner Regelmäßigkeit dasselbe Bild zeigt, ist es für diese Frauen oft kaum möglich, daraus auch Konsequenzen zu ziehen. Immer wieder geraten sie in Liebesbeziehungen mit Männern, die sich schon nach kurzer Zeit als auffallend gestört erweisen und deren Leiden sie als selbsternannte Nachtschwestern stets erfolglos zu heilen versuchen. Hinter dieser unbewusst vollzogenen »Fehlwahl« steckt ein Programm, dessen Ursprung sehr unterschiedlich sein kann. In Erscheinung tritt dabei jedoch stets ein Vielleichtchen, das sich sagt: »Vielleicht kann ich ihn heilen, vielleicht bin ich diejenige, die ihm aus seiner Misere heraushelfen wird.«
In der psychologischen Literatur wird das Phänomen eines stets wiederkehrenden defizitären Partners als unterbewusste Seelenverwandtschaft beschrieben, dessen Ursprung ein ähnliches Kinderleiden sein kann oder eine tiefe Vertrautheit mit einem Neurosenmilieu, das deshalb eine besonders große Anziehungskraft ausübt. Es ist also ein unsichtbares Freundschaftsband, das Frauen an diese wiederkehrenden defizitären Partner bindet. Es löst Mitgefühl und Solidarität aus. Die betroffenen Frauenfühlen sich gebraucht und damit wertvoll. Die Fokussierung auf die Probleme des neuen Partners lenkt jedoch nur von den eigenen Schwierigkeiten ab. Indem sich die betroffene Frau auf ihren Partner konzentriert, erfährt sie zudem eine Erstarkung des eigenen schwachen Selbstwertgefühls. Man könnte auch sagen, sie gibt, was sie selbst am nötigsten bräuchte: Nachsicht, Liebe und Fürsorge. Dahinter verbirgt sich die seit der Kindheit erfolglos gehegte Hoffnung, dass »alles wieder gut wird«.
Diese Form der »Heilbeziehung« gibt es in unendlich vielen Facetten, deren tiefere Struktur alle auf das Muster des »Privatpatienten« zurückzuführen sind. Mara aus Stuttgart, eine dralle 32-jährige Product-Managerin, sucht sich stets Männer wie Matthias Maruschek oder Peter Kairos aus, die attraktiv, wohlhabend, gebunden oder verheiratet, wenig an ihr interessiert und damit nach ihrem Dafürhalten »geheimnisvoll« sind. Als sehr präzisen Schlüsselreiz für ihre Beziehungsstrategie formuliert sie einen hochgestellten Polohemdkragen. Das mag man belächeln, doch fast alle Frauen, mit denen ich tiefere Gespräche geführt habe, nannten solch kleine, wiederkehrende optische Reize als ausschlaggebend bei ihrer Partnerwahl. Das »Polohemd« hatten jene Jungs im Gymnasium von Mara an, die aus dem Milieu wohlhabender Stuttgarter Mittelstandsfamilien kamen, in dem sie selbst aufgewachsen war.
Die Aufarbeitung einer
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