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Scheisskerle - Warum es immer die Falschen sind

Titel: Scheisskerle - Warum es immer die Falschen sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Maria Koidl
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ganz anders, für sie ging Klaus raschen Schrittes voran, den Takt vorgebend. An einem Schaufenster für Damenmoden blieben sie stehen. Klaus hatte nur eingeschränktes Interesse, murmelte etwas von »Hm, ja, finde ich auch ganz hübsch«, um dann weiterzugehen. Christin blieb noch etwas stehen und war schließlich fassungslos darüber, wie wenig Achtung ihr entgegengebracht wurde. Später sagte sie, dass sie sich wie ein nebensächlicher Gegenstand behandelt gefühlt hätte, ohne Beachtung und ohne jede Aufmerksamkeit. Sein unbedacht dahingeworfenes »Christin?« als Aufforderung, weiterzugehen, erlebte sie innerlich als höchste Missachtung ihrer Person, ihrer Wünsche und Eigenständigkeit. Es war die Spitze eines Eisbergs, den der Überseedampfer »Klaus« weder hatte kommen sehen noch in irgendeiner Form bemerkt hatte. Ihm war gar nicht klar, überhaupt in der Arktis zu kreuzen. Klaus schipperte mit seiner Beziehung bis dahin in der warmen Karibik. Dabei war er vorgewarnt gewesen. Bereits zu Beginn ihrer Beziehung hatte Christin ihn darauf hingewiesen, dass sie Angst davor habe, von ihm »überformt« zu werden. Ein Begriff, den Klaus zunächst gar nicht einzuordnen wusste. Noch nie hatte ihm gegenüber eine Partnerin solche Bedenken geäußert. Da er überaus verliebt war, beachtete er ihren Wunsch und nahm sich, so gut es ging, zurück. Dass er damit einen Teil seiner Persönlichkeit aufgab, teilweise auch seine Sicherheit im Umgang mit anderen Menschen, das Gespür, in Situationen das Richtige zu tun, fiel ihm erst später auf.
    Mit der Zeit verschlimmerte sich die Situation der beiden. Klaus baute sich zu diesem Zeitpunkt eine kleine Firma für Farben und Lacke auf. Er achtete stets darauf, dass die Liebe darüber nicht zu kurz kam, denn er war sich bewusst, dass viele Beziehungen durch die Arbeitsbelastung eines Partners in die Brüche gehen. Dennoch war er oft abgelenkt, nervös und mit all den privaten und beruflichen Beanspruchungen überfordert, er hätte in dieser Zeit eigentlich einen schützenden Ort, eine Zuflucht in seiner Partnerin gebraucht. Christin hingegen fühlte sich vernachlässigt und weinte sich jede Nacht in den Schlaf, was Klaus nicht bemerkte, da beide in verschiedenen Städten wohnten. In diesen Nächten dachte Christin, die Beziehung zu Klaus brächte sie im wahrsten Sinn des Wortes »um den Verstand«.
    In den folgenden Wochen und Monaten wuchs das Dilemma der beiden, die sich gegenseitig zu stützen suchten und bereit dazu waren, aktiv an der Lösung des Problems zu arbeiten: Man erkennt die große, einzigartige Liebe, erkennt sogar die »Fehlstellung« in der Beziehung und kann sie dennoch nicht korrigieren. Das war im eigentlichen Sinne der griechischen Mythologie eine »Katastrophe« für Christin und Klaus. Ein falsches Wort, eine unbedachte Äußerung, eine grummelige Morgenstimmung, und das kleine Boot der zwei drohte zu kippen, während sie gleichzeitig beide der Meinung waren, enorme Kraft aufzuwenden, genau das zu verhindern. Christin, indem sie versuchte, Klaus jeden Wunsch von den Augen abzulesen, und Klaus, indem er versuchte, alles Negative von Christinfernzuhalten. Doch Klaus fand sich immer öfter auf einem Schlachtfeld wieder, auf dem ihm weder die Regeln noch seine eigene Rolle klar war. Es war eine Schlacht gegen einen Gegner, die er in keinem Fall gewinnen konnte: Christins Vater.
    Viele Frauen verlieren im Umgang mit Männern ihr Selbstvertrauen und verstehen selbst nicht, warum das so ist, beziehungsweise wird ihnen dieser Vorgang gar nicht recht bewusst. Sie werden von dem tief in ihnen verankerten Gefühl beherrscht, dass sich niemals jemand wirklich aufrichtig für sie interessieren wird. Diese Grundhaltung – insbesondere gegenüber Männern, die ihnen als interessant und damit fälschlicherweise als überlegen erscheinen – bewirkt, dass die Beziehungen zum anderen Geschlecht einer permanenten Überprüfung unterzogen werden müssen. Das magische Wort lautet »Desinteresse«. Fast mit detektivischem Eifer suchte Christin nach Desinteresse, nach mangelnder Aufmerksamkeit, fehlender Fürsorge und Innigkeit bei Klaus. Das erwies sich für beide als ungeheuer anstrengend, zumal Klaus das zunächst überhaupt nicht einordnen konnte. Für ihn stellten sich viele von Christins alltäglichen Reaktionen als übertrieben oder falsch dar. Was Klaus nicht wissen konnte: In Christin arbeitete ein Programm, das er als Partner weder zu verantworten hatte noch

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