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Scheisskerle - Warum es immer die Falschen sind

Titel: Scheisskerle - Warum es immer die Falschen sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Maria Koidl
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erwarten durfte.
    Es war für beide eine sehr schmerzhafte Zeit. Christin durchlitt nochmals alle Kränkungen und Verletzungen ihrer Kindheit, die ganze »Vaterabwesenheit«. Bei Frauen, mit denen ich über diese Mechanismen sprach, zeigte sich in dieser Phase zugleich eine hohe Versuchung, das alte Vaterdefizit, diese extreme Leidensphase zu betäuben mit oberflächlichen Liebschaften oder wahllosem Sex, und der verhängnisvolle Kreislauf konnte von neuem beginnen.
    Es gehört zu den bitteren Erkenntnissen der Psychologie, dass traumatisierte Menschen eben gerade nicht versuchen, ursächliche Strukturen und Erlebnisse zu meiden. Im Gegenteil, sie wiederholen sie immer wieder. Denn nur das immer wieder – auf unterschiedlichste Art und Weise – unbewusst herbeigeführte Durchleben einer traumatischen Situation, die Wiederholung der Qual (im Falle von Christin der Abschied, das Verlassenwerden, die Abwesenheit der geliebten Person), lindert den Schmerz.
    Christin ist auf diese Weise die Gefangene einer nicht enden wollenden Wiederholungsfalle ihrer Kindheit.

Die Gefall-Tochter
    E ine emotionale Mangelwirtschaft, wie Christin sie in ihrer Kindheit durchlebte, löst bei Mädchen ein tiefverankertes Gefühl dafür aus, fehlerhaft oder unvollständig zu sein. Manche Kinder entwickeln daraus sogar ein unheilvolles Selbstverständnis der eigenen »Nichtexistenz«. Christin ist eine typische »Gefall-Tochter«. Das ganze Leben ist davon bestimmt, das in der Kindheit erworbene negative Selbstbild loszuwerden. Der Weg dahin führt über den Versuch, Männern auf vielerlei Weise zu gefallen; nicht nur durch eine überdeutlich zur Schau getragene Sexualität werden dann Ersatzväter angelockt, um eine Machtposition ihnen gegenüber aufbauen zu können; die Strategien dieser Frauen sind vielmehr vielfältig. Der Satz, den ich in Gesprächen mit Gefall-Töchtern am häufigsten hörte, war: »Ich glaube den Verstand zu verlieren, nicht mehr denken zu können.« So groß war die dauerhafte Fixierung auf einen Mann und seine Bedürfnisse.
    Manche setzen dabei ganz auf Äußerlichkeiten, sie kleiden sich extrovertiert und sexy in grellen Farben, sie gehen joggen, machen Diäten, schminken sich übermäßigoder müssen sich zwanghaft häufig vor einem Date umziehen. Diese Frauen zeichnet eine starke Fixierung auf das »Begehrt-Werden« durch Männer aus. Ihre Erlösungsformel lautet: Werde ich von einem Mann begehrt, existiere ich. Wird diese Erlösung zuteil, ist Sexualität oftmals nebensächlich. Das Ziel ist erreicht, der Mann hat seinen Zweck erfüllt. Für Männer ist bei diesen sehr mit ihren körperlichen Reizen lockenden Frauen dann kaum nachvollziehbar, warum sie, obwohl sie doch ganz offensichtlich so intensiv lockend schöne Augen gemacht haben, sich dann auf einmal zurückziehen und das Weite suchen. Die Gefall-Tochter kann auf Sex oft gut verzichten, da sie meistens ein gespaltenes oder unsicheres Verhältnis zu ihrem eigenen Körper hat – der ihr ja als »Lockwerkzeug« dient. Ein Ausweg stellt für manche Frauen die lesbische Liebe dar, die jedoch von vielen Frauen nicht frei ausgelebt, sondern, von kruden Moralvorstellungen geprägt, nur in verborgenen Winkeln der eigenen Phantasie versteckt wird.
    Häufiger als über optische Reize versuchen die Gefall-Töchter – daher die in der Literatur gebräuchliche Bezeichnung – durch gefälliges Verhalten Zuneigung zu erheischen. Schon Dreijährige wissen, auf dem Schoß des Vaters sitzend, welchen Augenaufschlag sie zeigen müssen, um bei Papa Aufmerksamkeit zu erzeugen. Die spätere Verführfrau ist geboren. Bleibt der Vater dennoch desinteressiert, wird die Dosis erhöht. Die Grenzen der nach Aufmerksamkeit ringenden Gefall-Tochter sind damit also fließend. Wir alle kennen solche Frauen aus unseremBekanntenkreis. Sie versuchen es allen recht zu machen, insbesondere Männern. Sie sind großartige Mitarbeiterinnen, die den von Männern – zur Beförderung der eigenen Karriere – erfundenen »Teamgeist« bestens leben und als »Zuträgerinnen« in vielen Unternehmen und Familienbetrieben nicht nur den größten Teil der » echten« Leistung erbringen, sondern sich dann auch noch mit einer untergeordneten Rolle zufriedengeben, wenn es um die Verteilung der Lorbeerblätter geht. Das Motiv dieser Frauen lautet: »Nur nie wieder in Vergessenheit geraten«, nie wieder das schmerzliche Gefühl des Desinteresses zu erfahren.
    Dabei merken die Gefall-Töchter nicht, dass

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