Scheisskerle - Warum es immer die Falschen sind
sie längst in die Falle ihrer eigenen Persönlichkeitsentwicklung gegangen sind. In Beruf und Ehe werden sie oft zu einer Art Inventarbestandteil, aus Angst vor der Zurückweisung haben sie die Kraft verloren, aufzubegehren, sich zu wehren, eigene Bedürfnisse zu formulieren. Und wer sich nicht bemerkbar macht, wer nichts fordert, bekommt auch nichts. Das ist nicht notwendigerweise eine beabsichtigte »Strategie« zur Unterdrückung durch Beziehungspartner oder Chefs und Kollegen. Vielmehr wird es einfach »vergessen«, ist doch jeder im Alltäglichen hauptsächlich auf sich selbst und seine Belange konzentriert. Damit schließt sich auf verhängnisvolle Weise der Kreis der betroffenen Frauen auf ihrer verzweifelten Suche nach Beantwortung, nach Resonanz.
Die Leistungs-Tochter
S ie schwört Stein und Bein, dass das Verhältnis zum Vater »super« ist, doch sie sucht nur nach Fütterung der verhungernden Seele. »Daddy ist der Größte.« Wenn schon elterliche Probleme, dann werden sie am ehesten der Mutter zugeordnet. Aber dem Vater? Nie! Und wie er sie gefördert hat, die kleine Tochter. Zuerst zum Ballett, dann zum Reitunterricht: »Mit viereinhalb konnte sie schon lesen, und in der dritten Klasse haben wir sie direkt ins Gymnasium eingeschult.« Charakteristisch für die Vater-Tochter-Beziehung einer Leistungs-Tochter ist zudem, dass die Mutter sehr wenig Zustimmung für sich selbst erhalten hat. Leistungs-Töchter kommen oft aus Familien, in denen der Vater die Mutter nicht sonderlich schätzte und seine ganze Energie auf die Entwicklung der Tochter konzentrierte. Das Vorbild der Mutter scheint dadurch wenig erstrebenswert. Die Tochter erkennt, dass der Wert der Mutter für den Vater gering ist, und schließt sich diesem Wertemuster an. Der hohe »Betreuungsaufwand« des Vaters lässt sowohl die Tochter sowie Außenstehende und natürlich auch den Vater selbst übersehen, dass die »Investitionen« in sein Kind sachlich-fachlichengagiert, aber kaum emotional sind. Auch die Leistungs-Tochter ist damit das Opfer einer Mangelbeziehung, auch ihr fehlt die Beantwortung der eigenen Person durch den Vater. Lautet das Schlüsselwort der Gefall-Tochter »Aufmerksamkeit«, so ist es in diesem Fall »Tüchtigkeit«. Die Aufmerksamkeit und Anerkennung des Vaters wird durch Pauken und Leistung erreicht. Unbemerkt opfert die Gefall-Tochter dabei ihre eigene Emotionalität, denn wer Erfolg haben will, darf sich weder Gefühle noch Emotionen leisten, so die väterliche Maxime, deren Glaubenssatz auf der Idee basiert, ein Leben ohne akademischen Abschluss sei nicht lebenswert.
Doktor Isabel, die schon erwähnte Ärztin aus Hamburg, ist so eine Leistungs-Tochter. Für sie stand die Mutter weit unten in der Hierarchie der Familie und repräsentierte all das, was Isabel selbst nie sein wollte, sie wurde geradezu zum Negativ-Vorbild. Die Mutter verkörperte ein Frauenbild, das Isabel vollständig für sich ablehnte. Der Vater hingegen wurde als ein Förderer, ein Komplize, ein Verbündeter fürs Leben wahrgenommen. Isabel hat eine großartige Karriere gemacht und ist heute Vaters ganzer Stolz. Sie wurde jüngste Chefärztin eines Großklinikums, Dozentin, vielbeachtete Rednerin auf Kongressen und zuletzt auch noch in leitender politischer Funktion mit allen Insignien der Macht ausgestattet. Isabel spielte das Machtspiel der Männer besser als diese selbst. Sie ist im Sinne des Soziologen Georg Simmel »der Fremde, der bleibt«. Sie steht außerhalb der traditionellen Zirkel männlicher Entscheidungsträger und ist dennoch zuintimen Kenntnissen und Einblicken in deren Strukturen befähigt, die sie entsprechend erfolgreich anwendet.
Durch die Orientierung an den Wertemustern des Vaters, die von großer Skepsis gegenüber Gefühlen und Emotionen geprägt sind, lernte Isabel im wahrsten Sinne des Wortes die »Sprache« der Geschäftswelt, wurde mit dem männlichen Wettbewerb früh vertraut. Dabei war nicht zu erkennen, dass sie dadurch bereits seit langem den Kontakt zu ihren eigenen Emotionen verloren hatte. Schlimmer noch, eigentlich hatte sich Isabel nie gefragt, welche Talente in ihr selbst schlummern, was sie selbst gern geworden wäre. Der Vater, Beamter im höheren Dienst, wäre sehr gern Arzt geworden. Doch die Familie konnte die Studiengebühren nicht aufwenden, und so blieb dem Vater eine akademische Karriere verwehrt. Die kleine Isabel hat das möglicherweise schon sehr früh begriffen und gespürt, dass der Weg zum Vater
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