Scheisskerle - Warum es immer die Falschen sind

wird, aber sie stellt ihn sich erst einmal zum Ansehen in die Küche. Dann beißt sie nicht nur einmal, sondern wiederholt hinein. Das Irrationale an diesem Verhalten ist, nicht wahrhaben zu wollen, was bedauerlicherweise für alle Menschen als Binsenweisheit gilt: nicht vom Äußeren auf den Menschen zu schließen. Aber der unterdrückte Wunsch nach dem Traummann ist so groß, dass sie zum Wiederholungstäter wird.
    Natürlich gibt es zu den – nicht immer auf den ersten Blick zu erkennenden – Kräfteunterschieden auch die sichtbarere optische Ungleichheit bei Paaren. Attraktive Frauen, die mit einem Mittelklasse-Mann zusammen sind, unterscheiden sich in keiner Weise von Gabriella und Matthias. Für Außenstehende ist ihre Ungleichheit nur augenfälliger, strukturell ergeben sich die gleichen Probleme eines »gemischten Doppels«, wie die Kolumnistin Stephanie Beutler diese Paare nennt. Und schon haben die Amerikaner einen Namen für dieses Phänomen gefunden: »Down Dating«.
    Dass sich dieser Effekt vor allem bei Frauen um die dreißig einstellt, hat wohl mit deren Beziehungserlebnissen der letzten zehn bis fünfzehn Jahre zu tun und dem zunehmenden Druck, dass es irgendwann dann doch der richtige Mann für eine längere Beziehung oder auch die Familiengründung sein muss. Nach all den Enttäuschungensoll der Mann nun treu ergeben sein und die Qualitäten eines zuverlässigen Familienvaters mitbringen. Bisher präferierte Partnermerkmale wie die körperliche Attraktivität, die kommunikativen Fähigkeiten oder auch die materiellen Möglichkeiten treten etwas in den Hintergrund. Nach all den Pleiten mit gutaussehenden Karrieremännern sucht die gestresste Dame von Welt nun jemanden, der Bestätigung und Geborgenheit bieten kann. Dabei stellt, erziehungsbedingt, vor allem die Geborgenheit ein wesentliches Motiv dar. Unterstrichen wird dieses Bedürfnis durch die nicht unerheblichen Konfrontationen und Anspannungen, die sich für Frauen aus dem beruflichen Alltag ergeben. Der ist, trotz aller Gleichstellungsbemühungen der letzten dreißig Jahre, immer noch mit deutlich mehr Einsatz der Frauen verbunden, wenn sie beruflich genauso weit kommen wollen wie ihre männlichen Kollegen.
    Bemerkenswert ist, dass sich Gabriella immer tolle Typen aussucht, die aber bei näherem Hinsehen wesentlich schwächer sind als sie. Zumeist handelt es sich um den Typ »großer Junge«, der gar nicht erwachsen werden will. Was anfänglich unterhaltsam und abenteuerlich wirkt, wird in der Ernsthaftigkeit einer täglichen Beziehung zur schweren Belastung. Der Mann ist nicht alltagstauglich und nicht bereit, sich in eine verantwortliche Rolle einzufinden. Das passierte ihr in dieser Form nicht nur mit Matthias, sondern auch mit ihrem Exfreund Richard sowie in mehreren darauffolgenden Beziehungen. Erst die Rolle des Schwächeren macht einen »normalen« und gesundenMann zum Täter. Es ist nicht notwendigerweise so, dass sich die »Täter« bei anderen Partnerinnen genauso verhalten.
    Die Lehre, die man daraus ziehen kann, lautet: Leben und lieben Sie nie unter Ihrem Niveau.

Betrug oder der schöne Schein
    G abriella ist eine Art-Direktorin in eigener Sache, eine Lifestyle-Designerin in Liebes- und Beziehungsdingen. Ihr immer verfeinerter und detaillierter ausformulierte Lebensentwurf, gepaart mit einer unglaublichen Angst vor dem Alleinsein, macht sie zu einem potenziellen Opfer von Verführungsangriffen. Alle inneren Warnglocken werden abgeschaltet, wenn die Sache nur gut aussieht. In Amerika gibt es eine treffende Warnung für diese Situation: »If something sounds too good to be true, it probably is« (wenn etwas zu gut klingt, um wahr zu sein, dann ist es das wahrscheinlich auch). Dabei kann ein Glühwürmchen vor allem eines: die Sehnsüchte und Bedürfnisse seines Opfers identifizieren und in geschickte Maßnahmen umsetzen. Matthias brachte mit dem richtigen Timing sein intuitives Verkaufstalent in Stellung, und schon wurde für Gabriella aus dem Stoff »Sehnsuchtserfüllung« ein Kleid auf Maß geschneidert. Es sitzt gut. So gut, dass Gabriella es selbst nach mehreren schlimmen Verletzungen in ihrer Beziehung zu Matthias immer wieder anzieht.
    Es gibt nur eine Methode, einen Betrüger zu entlarven:Man muss ihm nur zuhören. Sein seelischer Druck ist so hoch, dass er einfach erzählen, sich mitteilen muss. Das gilt selbst für abgebrühteste Straftäter. Und weil sie natürlich nicht gern direkt von ihrem Betrug erzählen wollen,