Schenk mir dein Herz, keine Diamanten
als das Bild von dem nackten und verdatterten Jed auf dem Boden wieder vor ihren Augen aufblitzte. Er hatte so verdutzt und entrüstet ausgesehen, genau wie Ben, wenn er hinfiel. Doch statt wütend zu werden, wie sie erwartet hätte, hatte er es auch noch lustig gefunden …
Erstaunt hatte sie auch, wie heftig er abgestritten hatte, ihr je eine Abtreibung vorgeschlagen zu haben. Jahrelang hatte das ihren Abscheu für ihn genährt, doch jetzt musste sie sich der Möglichkeit stellen, dass sie sich vielleicht geirrt hatte. Jed hatte das Wort damals nie benutzt, hatte nur gesagt, dass Dr. Marcus „sich kümmern“ und Jed für alles aufkommen würde. Vielleicht hatte sie in ihrer Enttäuschung, weil ihre naiven Träume und Hoffnungen von einem Ring zerschellt waren, seine Worte auf die schlimmstmögliche Art und Weise interpretiert.
Nicht dass es jetzt noch einen Unterschied machte. Aber Jed war wieder in ihrem Leben, und er wollte seinen Sohn. Sie würde sich mit ihm arrangieren müssen.
7. KAPITEL
Phoebe schlief kaum, und wenn sie in einen unruhigen Schlaf fiel, dann träumte sie von einem großen, dunklen Mann. Sie schreckte auf, als Ben auf ihr Bett krabbelte. Ein Blick auf den Wecker sagte ihr, dass es halb sieben war – Zeit zum Aufstehen. Lachend drückte sie ihren Sohn an sich, auch wenn sie innerlich bei dem Gedanken bebte, wie sehr das junge Leben sich durch Jed Sabbides’ Ankunft verändern würde.
Was nun ihr Leben anbetraf … darüber wollte sie gar nicht nachdenken. In der schlaflosen Nacht war ihr klar geworden, dass sie Jed ein regelmäßiges Besuchsrecht würde einräumen müssen, auch wenn sie dem nicht gerade begeistert entgegensah. Ben den Stress eines Sorgerechtsprozesses zuzumuten, war unnötig. Sie zweifelte nicht daran, dass man ihr als Mutter das volle Sorgerecht zusprechen, Jed aber auf jeden Fall ein Besuchsrecht erhalten würde. Die Alternative dazu, nämlich den Mann zu heiraten, stand völlig außer Frage. Sie hatte Jed einst mit ihrem Herzen und ihrer Seele vertraut, doch er hatte dieses Vertrauen zerstört. Eine Vernunftehe, in der es Respekt und Freundschaft gab, konnte funktionieren, aber ohne Vertrauen war alle Hoffnung verloren.
Sie würde Jed nie wieder vertrauen. Wie auch, wenn sie sich selbst nicht vertrauen konnte, ihm in sexueller Hinsicht zu widerstehen? Jahrelang hatte der fehlende Sex ihr nichts ausgemacht, doch die Mühelosigkeit, mit der Jed sie in ein bebendes sinnliches Wesen verwandelt hatte, erschreckte sie. Nein, darauf würde sie sich auf gar keinen Fall noch einmal einlassen …
Sie traf ihre Entscheidung. Sie würde Jed die Möglichkeit anbieten, Ben regelmäßig zu besuchen. Zuerst in ihrem Beisein, später dann, wenn Ben sich sicher genug in seiner Gesellschaft fühlte, würde sie auch erlauben, dass die beiden ohne sie etwas unternahmen. Von ihrer Seite her war das ein großes Zugeständnis, hieß es doch, dass sie Jed ein Minimum an Vertrauen entgegenbringen musste.
Aber heute würde sie es ihm nicht sagen, denn heute fuhr sie erst einmal mit Ben übers Wochenende zu dem Campingplatz am Rande von Weymouth Bay. Sie verbrachten die Ferien immer in ihrem Wohnwagen, der dort stand, und Ben liebte die Gegend. In Weymouth konnten sie dann auch die Tapete für Bens Zimmer besorgen. In den Klippen von Lyme Regis würden sie nach Fossilien suchen und dann den Wohnwagen vor der Rückfahrt winterfest machen. Nein, es war durchaus nicht so, als würde sie wegrennen …
Aber sie brauchte Ruhe und Abstand, um ihr inneres Gleichgewicht wiederzufinden, bevor sie sich Jed erneut stellte. Ein Wochenende auf dem Campingplatz war die perfekte Lösung, um ihm für ein paar Tage aus dem Weg zu gehen.
Ihr Wagen stand auf der Einfahrt, Proviant und Koffer für das Wochenende waren im Kofferraum verstaut, und sie waren bereit, loszufahren.
Phoebe sah sich um. Es war ein wunderschöner, sonniger Herbstmorgen, tief atmete sie die klare Luft ein. Ihre Laune hob sich. Lächelnd schaute sie ihren Sohn an.
„Hast du alles dabei? Rucksack? Gummistiefel?“ Sie musste grinsen, als er seine leuchtend roten Gummistiefel und den Rucksack mit seinen Spielzeugen schwenkte. „Gut. Stell sie noch ins Auto, und dann geht’s los.“
Während sie die Wagentür für ihn aufhielt, durchbrach das sonore Brummen eines Automotors die morgendliche Stille. Sie versteifte sich, doch als sie die Straße entlangblickte, erkannte sie Julians roten Ferrari und stieß einen erleichterten Seufzer
Weitere Kostenlose Bücher