Schenk mir nur diese eine Nacht (German Edition)
hast recht“, musste sie eingestehen. „Ich war es schließlich, die … die vorgeschlagen hat …“ Die ihn unmissverständlich aufgefordert hatte, dachte sie zerknirscht. „Es ist nur … ich musste daran denken, wie ich einmal war.“ Anny fixierte angestrengt ihre Handflächen. „Als ich noch zur Uni ging und Träume und Hoffnungen hatte. Idealistische Vorstellungen.“ Sie machte eine kurze Pause und lehnte sich nach vorn. „Du hast diese Erinnerungen zurückgeholt. Und heute Abend war es so, als ob dieses Mädchen wieder zum Leben erwacht wäre. Als wenn ich wieder zum Leben erwacht wäre. Du hast alles in mir aufgewühlt!“ Sie kam sich unglaublich lächerlich vor und befürchtete, dass er ihr ins Gesicht lachen würde. Aber er tat es nicht. Seine Miene war undurchdringlich. Und dann fragte er fast bedachtsam: „Du wolltest deine verloren gegangenen Ideale wieder aufleben lassen?“
Er schien es nicht vollkommen idiotisch zu finden. Vielmehr wirkte er neugierig.
Anny nickte zögerlich. „Ja. Und als du dann sagtest, du würdest alles für mich tun …“ Sie verstummte. Doch, es war albern. Aber jetzt kann ich nicht mehr zurück, dachte Anny. „Ich wollte diese Träume nur noch einmal berühren, bevor … bevor …“
Sie spürte die Röte in ihre Wangen steigen. „Ich wünschte mir, ich …“ Hilflos rang sie nach Worten, wobei sie nervös mit ihren Fingern spielte.
Demetrios hatte die Ellenbogen auf seine Knie gestützt und sah Anny nachdenklich an. „Warum heiratest du ihn dann?“
„Es gibt … verschiedene Gründe.“ Es ihm zu erklären bedeutete, ihm zu sagen, wer sie wirklich war. Sie wollte diesen Abend, der so märchenhaft begonnen hatte, nicht vollends ruinieren. Demetrios sollte sie nicht für eine verwöhnte Prinzessin halten, die immer ihren Willen bekam. Nur für eine Nacht wollte sie eine normale Frau sein. Nicht die Tochter ihres Vaters. Nicht die Prinzessin. Nur Anny. Auch wenn sie Gefahr lief, wie eine Idiotin dazustehen.
„Gute Gründe?“
Sie nickte.
„Aber nicht die Liebe?“ Die Frage kam fast ungläubig über seine Lippen.
„Vielleicht ändert sich das mit der Zeit“, versuchte sie sich selbst zu überzeugen. „Vielleicht muss ich ihm nur eine Chance geben. Er ist viel älter als ich, ein Witwer, und er hat seine erste Frau sehr geliebt.“
„Das wird ja immer besser“, bemerkte er bissig.
„Auch das war einer der Gründe für mein unmoralisches Angebot“, versuchte sie zu erklären. „Ich dachte mir, dass ich wenigstens diese eine Nacht haben könnte vor meiner arrangierten Hochzeit. Nur diese eine Nacht. Keine Verpflichtungen für dich. Mehr habe ich nicht erwartet.“ Anny hoffte verzweifelt, er würde nicht alles falsch verstehen.
Demetrios schwieg.
Mit jeder Sekunde, die verging, spürte Anny ihre Demütigung wachsen.
Der magische Abend war durch ihre Schuld zu einem Albtraum geworden.
Sie hörte die gedämpften Geräusche des Verkehrs auf der Straße und das Ticken von Tante Isabelles antiker Standuhr. Erst nach einer schieren Ewigkeit räusperte er sich.
„Also gut, Anny Chamion“, sagte er, stand auf und hielt ihr die Hand einladend entgegen. „Lass es uns tun.“
Sie starrte auf seine ausgestreckte Hand. Ihr Blick wanderte langsam hoch zu seiner breiten Brust, seinem sinnlichen Mund und seinen grünen Augen, in denen plötzlich ein unerklärliches Lodern lag. Sie schluckte.
„Oder hast du es dir anders überlegt?“ Demetrios hatte ihr Zögern bemerkt. Wahrscheinlich dachte er, sie würde einen Rückzieher machen.
Aber das konnte sie nicht.
Ihr bisheriges Leben war bestimmt von Verpflichtungen. Ihre Zukunft von einer Hochzeit ohne Liebe. Sie sehnte sich verzweifelt nach mehr. Etwas, was sie in den schlechten Zeiten an ihre Leidenschaft und ihren Lebensmut erinnern konnte.
Sie wollte ein kleines Geheimnis, nur für sich.
Und für ihn. Anny ging auf Demetrios zu und nahm seine Hand. „Ich habe es mir nicht anders überlegt.“
Er zog sie sanft zu sich heran und schloss sie in seine Arme. Das intensive Prickeln, das ihn plötzlich durchfuhr, erinnerte ihn an einen Sprung ins kalte Wasser nach einem heißen Sommertag.
Ein unbeschreibliches Hochgefühl.
Allein die Art, wie sie ihn anschaute, brachte ihn fast um den Verstand. Annys Lippen waren zum Anbeißen nah und die Reaktion seines Körpers war unmissverständlich.
Mit einer Behutsamkeit, die ihn an den ersten Kuss zweier Teenager erinnerte, fanden sich ihre Münder.
Ihre
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