Schenk mir nur diese eine Nacht (German Edition)
erwachen.
Demetrios rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her. „Lass uns lieber über etwas anderes reden. Wie hast du deinen Verlobten kennengelernt?“ Er wollte es nicht wirklich wissen, aber es schien ihm eine gute Frage, um sich von seinen erotischen Fantasien abzulenken.
Der Kellner servierte einen kleinen Salat als Vorspeise, und Demetrios griff zu seiner Gabel.
„Ich kenne ihn schon mein ganzes Leben“, antwortete Anny.
„Der Junge von nebenan?“
„So etwas in der Art.“
„Ist von Vorteil, wenn man sich schon vor der Hochzeit gut kennt.“ Hätte er Lissa besser gekannt, wäre er ihr bestimmt aus dem Weg gegangen. Aber sie hatte ihre Rolle einfach zu gut gespielt.
„Ja.“ Annys kurz angebundene Antwort und ihr grüblerischer Blick signalisierten Demetrios, dass sie nicht über ihren Verlobten sprechen wollte, und so wechselte er das Thema.
„Erzähl mir etwas über diese Höhlenmalereien. Wie weit bist du schon mit deiner Doktorarbeit?“
Wie von Zauberhand wurde Anny plötzlich gesprächig. Mit leuchtenden Augen sprach sie von ihren Forschungen.
Ihr Enthusiasmus war ansteckend, und als sie ihn nach seinem Film fragte, sprudelte es auch aus Demetrios nur so heraus.
Sie konnte gut zuhören. Sie stellte die richtigen Fragen. Und was noch besser war: Sie war feinfühlig genug, um gewisse Fragen nicht zu stellen. Kein Wort zu seinem dreijährigen Rückzug aus der Öffentlichkeit. Auch auf Lissas Tod sprach sie ihn nicht an.
Nur als er erwähnte, lange nicht mehr in Cannes gewesen zu sein, sagte sie diskret: „Es tut mir leid, was deiner Ehefrau passiert ist.“
Sie genossen sichtlich das vorzügliche Essen und die entspannte Atmosphäre. Und als Anny einen sehnsüchtigen Blick auf den Apfelkuchen warf, ließ Demetrios sich die Gelegenheit nicht nehmen, das Ende des Abends noch ein bisschen herauszuzögern und schlug vor, sich ein Stück zu teilen.
„Für mich nur einen Bissen. Ich esse nämlich immer viel zu viel, wenn ich herkomme.“
Demetrios hatte mit Freude Annys gesunden Appetit beobachtet. Sie hatte nicht lustlos in ihrem Essen herumgestochert, wie er es schon häufig bei Frauen gesehen hatte. Anny sah gesund und anziehend aus und hatte – wie er fand – die Kurven an der richtigen Stelle.
Mit Enttäuschung stellte Demetrios fest, dass der Kellner zwei Gabeln für den Kuchen brachte. Wer weiß, was in ihn gefahren war, aber insgeheim hatte er sich gewünscht, Anny füttern zu können.
Aber der gesunde Menschenverstand schien ihn zum Glück noch nicht vollends verlassen zu haben, und so schob er den Teller in die Mitte. „Nach dir.“
Sie nahm ein kleines Stück, schloss die Augen und seufzte genüsslich. „Einfach göttlich.“ Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und öffnete die Augen.
„Den musst du probieren“, forderte Anny ihn auf.
Demetrios hätte lieber etwas anderes probiert, aber er versuchte sich auf den Kuchen zu konzentrieren.
Er nahm sich alle Zeit der Welt – nicht nur um den Geschmack, sondern auch um den Abend voll auszukosten.
Es war das erste Mal seit Lissas Tod, dass er so etwas Ähnliches wie eine Verabredung gehabt hatte. Auch wenn man in diesem Fall nicht wirklich von einem Date sprechen konnte. Dennoch hatte er den Abend ungemein genossen. Es war der erste Schritt zurück in das normale Leben. Anny hatte ihm diesen Schritt mit ihrer Unbefangenheit und ihrer Ruhe ungemein erleichtert. Gleichzeitig verspürte er ein beinahe unwiderstehliches Bedürfnis, diese Ruhe etwas zu stören.
Demetrios aß gedankenverloren den letzten Bissen und spülte ihn mit einem schnellen Schluck Mokka hinunter.
„Sah nicht so aus, als hätte der Kuchen dir himmlische Freuden bereitet“, sagte Anny vorwurfsvoll.
„Mir ist nur gerade aufgefallen, dass ich dich warten lasse. Es ist schon fast Mitternacht.“
„Dann werde ich mich vielleicht gleich verwandeln.“
„Darf ich mir das ansehen?“
„Der Prinz ist immer schon weit weg, wenn es passiert, wusstest du das nicht?“
Doch, das wusste er. Und genauso wusste er, dass, wie angenehm auch immer dieser Abend gewesen sein mochte, er im Gegensatz zu dem Märchen von Cinderella kein romantisches Ende nehmen würde.
„Bist du bereit zum Gehen?“
Anny nickte. Sie wirkte nachdenklich.
Demetrios bezahlte die Rechnung und bedankte sich herzlich bei dem Kellner. Mit Vergnügen stellte er fest, dass dieser ihn kaum eines Blickes würdigte, während er Anny hingegen überschwänglich
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