Schenk mir nur diese eine Nacht (German Edition)
anders, als sich in Gedenken an alte Tage etwas zu wünschen.
Dass Demetrios sein Glück finden würde. Dass er eines Tages erkennen würde, dass Liebe nicht nur Schmerz und Verlust bedeutet. Aber am allermeisten wünschte sie sich, dass sie endlich aufhören könnte zu weinen.
Ein plötzliches Geräusch riss sie aus ihren Gedanken. Erst leise, dann immer deutlicher vernahm sie Schritte im Garten.
O Papa, dachte sie leicht resigniert. Er hatte es offensichtlich nicht übers Herz gebracht, sie allein zu lassen. War er persönlich gekommen, oder hatte er ihre Brüder geschickt?
„Du brauchst dich nicht heranzuschleichen, ich kann dich hören“, rief sie.
„Anny? Gott sei Dank.“
Wie von einer Tarantel gestochen sprang sie auf und wäre beinahe über die Decke gestolpert.
Fantasierte sie, oder kam ihr da tatsächlich ein großer schlanker Mann auf dem dicht bewachsenen Pfad entgegen? Es war zwar stockdunkel, aber darüber, dass am Fuße der Treppe eine Person stand, gab es keinen Zweifel. „Demetrios?“
Mit zittrigen Knien hielt sie sich am Verandageländer fest.
„Was machst du hier?“
„Momentan danke ich dem lieben Gott, dass ich dich endlich gefunden habe“, erwiderte er und lachte etwas unsicher. „Ich kann es immer noch nicht richtig glauben.“
Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis sie aus ihrer Lähmung erwachte und sich ihrer guten Manieren entsann. „Möchtest du reinkommen?“, frage sie höflich, „ich habe frischen Kaffee und Kekse.“
„Ach Anny, ich habe dich so vermisst“, sagte er und rannte die Stufen hoch. „Ja, ich möchte hereinkommen. Ich möchte Kaffee und Kekse. Und ich möchte dich. Weil ich dich liebe.“
Anny starrte ihn fassungslos an. Demetrios stand nun direkt vor ihr, und sie konnte seinen warmen Atem auf ihrem Gesicht spüren. Es war also kein Traum. Er hatte die Worte klar und deutlich ausgesprochen und nicht, wie so oft, unwillig gemurmelt. Aber sie brachte keine Antwort über die Lippen.
„Ich meine es ernst.“ Mit beiden Händen umfasste er sanft ihr Gesicht. „Ich liebe dich, Anny. Ich habe mich lange gegen meine Gefühle gewehrt. Aber es ist sinnlos. Und du weißt, dass ich dich liebe. Du hast es mir selbst gesagt.“ Ihr Schweigen machte ihn sichtlich nervös.
„Und ich habe immer noch Angst, dass ich dir nicht genug bieten kann. Schon einmal habe ich in der Liebe versagt.“
„Du hast nicht versagt“, brach es aus Anny heraus.
„Mag sein. Aber ich habe sie nicht retten können. Ich habe es nicht geschafft, Lissa wirklich nahe zu sein. Ich bezweifle sogar, sie wirklich gekannt zu haben.“
„Aber du kennst mich. Du hast mir Nähe gegeben, Kraft und Hoffnung geschenkt“, sagte Anny leise. „Und nicht zuletzt Liebe.“ Sie wollte nicht schon wieder weinen, und so nahm sie einfach seine Hand. „Komm rein.“
Anny zog ihn in die Hütte und knipste eine Lampe an. Erst jetzt konnte sie ihn wirklich sehen. Sein Bart war verschwunden, und auch sein dichtes schwarzes Haar war deutlich kürzer. Und doch war er genau so, wie sie ihn in Erinnerung hatte – umwerfend schön.
Nur seine Augen wirkten jetzt anders. In ihnen war immer ein Anflug der Abwehr zu lesen gewesen, selbst als sie sich leidenschaftlich geliebt hatten.
Heute Nacht hingegen wirkte sein Blick ungetrübt. Einladend.
„Ich liebe dich“, wiederholte er wie ein Mantra und schloss sie fest in seine Arme.
„Ich liebe dich auch.“
Er küsste zärtlich ihre Haare, ihre Stirn, ihre Wangen, bis sich ihre Münder zu einem langen innigen Kuss trafen. Sie spürte, wie er auf ihre Leidenschaft reagierte und sie fester an sich heranzog – ihre Körper schmiegten sich aneinander, als wären sie nie getrennt gewesen.
„Möchtest du wirklich noch Kaffee und Kekse haben?“, flüsterte sie heiser in sein Ohr.
„Mir ist eigentlich mehr nach dir“, erwiderte er mit einem Lachen.
„Das können wir einrichten“, sagte Anny prompt und machte einen Schritt Richtung Schlafzimmer.
Aber Demetrios bewegte sich nicht vom Fleck. „Nicht nur heute Nacht.“ Sein Blick war plötzlich ernst. „Sondern immer. Ich bin zwar nicht sehr bewandert, was das königliche Protokoll betrifft, aber ich habe deinen Vater um Erlaubnis gebeten, um deine Hand anhalten zu dürfen.“
„Du hast mit meinem Vater gesprochen?“
„Du warst wie vom Erdboden verschluckt. Als ich dich in Cannes bei deiner Tante nicht finden konnte, dachte ich, du wärst in Berkeley, um deine Doktorarbeit zu beenden. Am Ende blieb
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