Schenk mir nur diese eine Nacht (German Edition)
zähneknirschend.
Während sie die enge steile Serpentinenstraße hoch fuhren, die einen spektakulären Blick auf die Ortschaft Thira bot, erzählte Theo Anny die Geschichte ihres Zuhauses. „Eine Hälfte des Hauses habe ich bei einem Segelrennen gegen Aelous Antonides gewonnen“, berichtete er mit einem spitzbübischen Grinsen. „Doch der Sieg dieser Wette hat mir weit mehr beschert als das. Ich habe so nämlich Aeolus Schwester Marta kennengelernt, meine jetzige Ehefrau. Und dann hat sich auch noch unsere kleine Schwester Tallie in Martas Bruder verliebt. Und so hat dieses Haus zwei Familien unter einem Dach vereint – und kräftig angebaut werden musste natürlich auch.“
„Der verlorene Sohn ist zurückgekehrt“, rief Theo vergnügt und gab Demetrios einen Klaps auf die Schulter, als das Auto vor einem weiß-blau getünchten Haus zum Stehen kam.
Keine Sekunde später stürmten ihnen auch schon unzählige Menschen aller Größen und Alter entgegen.
Bevor Demetrios wusste, wie ihm geschah, war er bereits aus dem Auto gezogen worden und zwei Personen, die nur seine Eltern sein konnten, umarmten ihn heftigst. Seine Mutter schaffte es, gleichzeitig zu reden, zu lachen und zu weinen, während sein Vater ihn nur wortlos und sichtlich gerührt auf die Wangen küsste.
Es schien, als ließe Demetrios genau in diesem Moment alle Barrieren und Hemmungen fallen, denn plötzlich entspannte sich sein Gesicht, und er warf sich all seinen Familienmitgliedern regelrecht in die Arme. Laut durcheinander plappernd zerrten sie ihn ins Haus.
„Das nenne ich einen umjubelten Empfang“, sagte Theo, als er Anny aus dem Auto half.
„Es ist wundervoll zu sehen, wie sehr ihr ihn liebt“, antwortete sie mit einem Kloß im Hals.
„Ja, das tun wir, aber er hat es uns wirklich nicht leicht gemacht. Er ist seit Lissas Begräbnis ohne Erklärung von der Bildfläche verschwunden. Ganze drei Jahre. Und ich habe ihn bloß zu fassen gekriegt, weil ich unangekündigt in Cannes vor seinem Hotel aufgetaucht bin. Diese Frau hat ihm übel mitgespielt.“
„Hat er dir von Lissa erzählt?“, fragte Anny vorsichtig.
„Mein Bruder ist ein harter Knochen und redet nicht gerne über sich“, schnaubte Theo. „Aber ich weiß, wie er vorher war. Und wie nach der Hochzeit. Deswegen freue ich mich umso mehr, ihn jetzt mit dir zu sehen“, sagte er und hielt ihr mit einer galanten Bewegung das kleine Tor auf, von dem aus eine von pinkfarbenen Bougainvilleen überwachsene Treppe zum Haus führte.
„Er ist nicht … wir sind nicht wirklich zusammen“, fühlte Anny sich gezwungen zu sagen, während sie die schattigen Stufen hinauf gingen.
„Ach nein? Wer sagt das? Du oder er?“, fragte Theo mit einem wissenden Blick.
„Er“, gab Anny zurück und musste unwillkürlich lächeln.
„Ach, dann ist ja alles in Ordnung“, sagte er mit einem Grinsen und marschierte durch die Haustür. „Und jetzt stelle ich dir erst mal den Rest der Familie vor. Mach dir keine Sorgen, die sind alle harmloser als sie aussehen.“
In dem großen Wohnzimmer herrschte ein unüberschaubarer Trubel, aber Theo führte sie geduldig von Gruppe zu Gruppe und stellte sie vor. Endlich bekamen all die Personen, die sie nur aus Erzählungen kannte, ein Gesicht: Tallie und ihr Ehemann Elias mit ihren Kindern, die Brüder Yiannis und Lukas sowie Marta, Theos Ehefrau, die sie herzlich mit zwei Küssen begrüßte. „Wenn du die Savas und die Antonides alle zusammen überlebst, dann hast du den größten Test bereits bestanden“, sagte sie mit einem Lachen. Offensichtlich dachte nicht nur Theo, dass sie und Demetrios zusammen waren. „Und auch wenn Demetrios versucht es zu verbergen – er ist ein toller Mann. Fast so toll wie dieser.“ Liebevoll zog sie Theo zu sich heran.
Das innige Miteinander der Familie, die tobenden Kinder – das alles versetzte Anny einen kleinen Stich. Sie sehnte sich nach demselben Glück, mit Demetrios.
„Das war noch nicht alles“, sagte Theo fröhlich, als habe er ihre trüben Gedanken bemerkt. „Die anderen sind in der Küche.“
Malena und Socrates Savas begrüßten Anny mit offenen Armen und unzähligen Entschuldigungen.
„In der Aufregung haben wir gar nicht bemerkt, dass Demetrios seine Freundin mitgebracht hat. Wir sind so froh, dich kennenzulernen. Woher kommst du?“ Doch bevor Malena ihren Fragesturm fortsetzen konnte, unterbrach Demetrios sie.
„Ma, sie ist nicht meine Freundin. Wir haben nur die Reise zusammen gemacht.
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