Scherben der Ehre
medizinischen Untersuchungen gebracht‹. Wissen Sie, was ich meine?«
Sie war sich ziemlich sicher, dass er es nicht wusste – sein Mediendienst beschäftigte sich vor allem mit Sexgeschichten –, aber sie konnte sehen, wie sich auf seinem Gesicht eine Vision von journalistischem Ruhm abzeichnete.
Er drehte sich zu seinem Vidmann um. »Jon, gib ihr deine Jacke, deinen Hut und dein Holovid.«
Sie steckte ihr Haar unter den breitkrempigen Hut, verbarg ihre Uniform unter der Jacke und schulterte demonstrativ das Vid. Sie nahmen das Liftrohr hinauf zur Garage. An deren Ausgang warteten zwei Männer in blauen Uniformen. Sie platzierte das Vid lässig auf ihrer Schulter und verbarg mit ihrem Arm halb ihr Gesicht, als sie an den Männern vorbei zum Bodenwagen des Journalisten gingen.
An der Bar im Raumhafen bestellte sie Drinks und nahm selber einen tiefen Schluck. »Ich bin gleich zurück«, versprach sie und ließ ihn mit den unbezahlten Getränken sitzen.
Der nächste Halt war der Ticketcomputer. Sie rief den Flugplan auf. In den nächsten sechs Stunden startete kein Passagierschiff nach Escobar. Das dauerte viel zu lange. Der Raumhafen wäre bestimmt der erste Ort, den man durchsuchen würde. Eine Frau in der Uniform des Raumhafens ging vorbei. Cordelia hielt sie an.
»Verzeihen Sie, könnten Sie mir helfen, etwas über die Flugpläne privater Frachter herauszufinden, oder über andere private Schiffe, die bald abfliegen?«
Die Frau runzelte die Stirn, dann lächelte sie, als sie sie plötzlich erkannte. »Sie sind Captain Naismith!«
Cordelias Herz krampfte sich zusammen und pochte wie betrunken. Nein – ruhig bleiben … »Ja. Hm … die Presse hat mir ziemlich zugesetzt. Ich bin sicher, dass Sie mich verstehen«, Cordelia blickte die Frau an, als würde sie sie damit in einen inneren Kreis von Vertrauten aufnehmen. »Ich will das ganz still einfädeln. Könnten wir vielleicht in ein Büro gehen? Ich weiß, Sie sind nicht wie die anderen. Sie haben einen Respekt vor dem Privatleben anderer Menschen. Das kann ich in Ihrem Gesicht lesen.«
»Können Sie?« Die Frau war geschmeichelt und aufgeregt zugleich und führte Cordelia weg. In ihrem Büro hatte sie Zugang zu allen Flugplänen der Raumflugkontrolle, und Cordelia schaute sie schnell durch. »Hm. Das hier sieht gut aus. Startet nach Escobar binnen einer Stunde. Wissen Sie, ob der Pilot schon an Bord ist?«
»Dieser Frachter ist nicht für Passagiere zugelassen.«
»Das geht schon in Ordnung. Ich möchte nur mit dem Piloten sprechen. Persönlich. Und privat. Können Sie ihn für mich erwischen?«
»Ich versuch’s mal.« Sie hatte Erfolg. »Sie treffen ihn in Andockbucht 27. Aber Sie müssen sich beeilen.«
»Danke. Hm … wissen Sie, die Journalisten haben mir das Leben schwer gemacht. Sie scheuen vor nichts zurück. Da sind zwei, die sogar so weit gegangen sind, sich Uniformen der Expeditionsstreitkräfte anzuziehen und jetzt versuchen, damit zu mir durchzukommen. Nennen sich Captain Mehta und Kommodore Tailor. Eine wirkliche Plage. Wenn einer von ihnen auftaucht und hier herumschnüffelt, könnten Sie dann vielleicht vergessen, dass Sie mich gesehen haben?«
»Aber sicher, Captain Naismith.«
»Nennen Sie mich Cordelia. Sie sind prima! Danke!«
Der Pilot war sehr jung und machte seine ersten Erfahrungen mit Frachtern, bevor er die größere Verantwortung für Passagierschiffe übernehmen konnte. Er erkannte sie auch und bat sie prompt um ein Autogramm.
»Ich nehme an, Sie fragen sich, warum Sie ausgewählt wurden«, begann sie, während sie ihre Unterschrift für ihn schrieb, ohne die leiseste Idee, in welche Richtung sie sich bewegen sollte. Er sah aus wie jemand, der in seinem ganzen Leben noch nie einen Wettbewerb gewonnen hatte.
»Ich, Madame?«
»Glauben Sie mir, die Leute von der Sicherheit haben Ihr ganzes Leben durchleuchtet. Sie sind vertrauenswürdig. Das sind Sie wirklich. Wirklich vertrauenswürdig.«
»Ach – die können doch die Sache mit dem Cordolithen nicht herausgefunden haben!« Bestürzung kämpfte in seinem Gesicht mit der Reaktion auf ihre Schmeichelei.
»Und auch einfallsreich«, sagte Cordelia aufs Geratewohl und fragte sich dabei, was wohl ein Cordolith sei. Sie hatte nie davon gehört. »Genau der Mann für diese Mission.«
»Welche Mission?!«
»Pst, nicht so laut. Ich bin auf einer geheimen Mission für den Präsidenten. Persönlich. So geheim, dass nicht einmal das Kriegsministerium etwas darüber weiß. Das
Weitere Kostenlose Bücher