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Scherben der Ehre

Scherben der Ehre

Titel: Scherben der Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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eine Flasche mit einer dicken weißen Flüssigkeit.
    Vorkosigan lag zurückgelehnt in dem Sessel, die Augen geschlossen, die bloßen Füße auf dem Schemel; ein paar Sandalen waren achtlos zur Seite geworfen. Cordelia hielt am Rand des Pavillons an, um Aral mit einer Art zarter Freude zu betrachten.
    Er trug eine alte schwarze Uniformhose und ein sehr ziviles Hemd mit einem grellen und unerwarteten Blumenmuster. Er hatte sich offensichtlich an diesem Morgen nicht rasiert. Auf seinen Zehen, bemerkte sie, wuchsen ein paar drahtige schwarze Haare, wie auf den Rücken seiner Finger und Hände. Sie kam zu dem Schluss, dass sie seine Füße ausgesprochen gern hatte und dass sie wirklich leicht alles an ihm ganz närrisch liebgewinnen konnte. Sein allgemein schäbiges Aussehen war weniger erfreulich. Er sah müde aus. Mehr als müde – krank.
    Er öffnete die Augen zu Schlitzen und griff nach einem Kristallglas, das mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit gefüllt war, dann schien er sich anders zu besinnen und nahm statt dessen die weiße Flasche. Ein kleiner Messbecher stand daneben, er ignorierte ihn jedoch und trank statt dessen einen Schluck der weißen Flüssigkeit direkt aus der Flasche. Mit einem spöttischen Grinsen blickte er kurz auf die Flasche, dann tauschte er sie gegen das Kristallglas aus und nahm einen Zug, spülte ihn in seinem Mund herum und schluckte schließlich. Schließlich kauerte er sich wieder in den Sessel, etwas tiefer als zuvor.
    »Flüssiges Frühstück?«, fragte Cordelia. »Schmeckt das so gut wie Hafergrütze und Blaukäsedressing?«
    Er riss die Augen auf. »Du …«, sagte er heiser nach einem Moment, »bist keine Halluzination.« Er begann sich hochzurappeln, dann schien er sich eines Besseren zu besinnen und sank in erstarrter Befangenheit zurück. »Ich wollte nie, dass du siehst …«
    Sie stieg die letzten Stufen bis zum Schatten des Pavillons empor, schob eine Chaiselongue näher zu ihm heran und setzte sich. Verdammt, dachte sie, jetzt ist er ganz verlegen, weil ich ihn in diesem üblen Zustand überrascht habe, wo er aus seinem Gleichgewicht geworfen ist. Wie kann ich nur die Befangenheit wieder von ihm nehmen? Ich hätte ihn gerne unbefangen, immer … »Ich habe versucht, mich vorher anzukündigen, nachdem ich gestern gelandet war, aber ich habe dich immer verfehlt. Wenn du Halluzinationen erwartest, dann muss das ein bemerkenswerter Stoff sein. Gieß mir auch ein, bitte.«
    »Ich glaube, du würdest das da lieber mögen.« Er goss ihr aus der zweiten Karaffe ein. Neugierig probierte sie jedoch von seinem Glas.
    »Pah! Das ist kein Wein.«
    »Brandy.«
    »Um diese Zeit?«
    »Wenn ich nach dem Frühstück anfange«, erklärte er, »dann kann ich im allgemeinen bis zum Mittagessen totale Bewusstlosigkeit erreichen.«
    Jetzt ist bald Essenszeit, dachte sie. Seine Sprechweise hatte sie zuerst in die Irre geführt, da er vollkommen klar sprach, nur langsamer und zögerlicher als gewöhnlich. »Es muss doch weniger giftige Betäubungsmittel geben.« Der strohgelbe Wein, den er ihr eingegossen hatte, war ausgezeichnet, allerdings für ihren Geschmack zu trocken.
    »Machst du das jeden Tag?«
    »Gott, nein«, er schauderte. »Höchstens zwei- oder dreimal die Woche. An einem Tag trinke ich, am nächsten habe ich einen Kater – ein Brummschädel hilft genauso gut, den Geist von anderen Dingen abzulenken, wie wenn man betrunken ist –, am dritten Tag mache ich Erledigungen und so weiter für meinen Vater. Er ist in den letzten paar Jahren arg langsam geworden.«
    Allmählich bekam er sich immer besser in den Griff, je mehr seine anfängliche Angst nachließ, er könnte ihr widerwärtig erscheinen. Er setzte sich auf, rieb sich in der vertrauten Geste mit der Hand über das Gesicht, als müsste er die Benommenheit wegwischen, und machte einen Versuch in leichter Konversation. »Das ist ein hübsches Kleid. Eine große Verbesserung gegenüber dem orangefarbenen Zeug.«
    »Danke«, sagte sie und nahm sofort sein Stichwort auf. »Es tut mir leid, dass ich nicht das gleiche von deinem Hemd sagen kann – offenbart das zufällig deinen eigenen Geschmack?«
    »Nein, es war ein Geschenk.«
    »Da bin ich ja erleichtert.«
    »Es war eine Art Scherz. Einige meiner Offiziere hatten sich zusammengetan und es anlässlich meiner ersten Beförderung zum Admiral gekauft, vor Komarr. Ich denke immer an sie, wenn ich es trage.«
    »Na, wie nett. In diesem Fall kann ich mich vielleicht daran

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