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Scherben der Ehre

Scherben der Ehre

Titel: Scherben der Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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gewöhnen.«
    »Drei von den vieren sind jetzt tot. Zwei starben vor Escobar.«
    »Ich verstehe.« Soweit kam man also mit leichtem Geplauder. Sie schwenkte den Wein auf dem Boden ihres Glases herum. »Du schaust schlecht aus, weißt du das? Käsig.«
    »Ja. Ich habe mit meinem Training aufgehört. Bothari ist ganz beleidigt.«
    »Ich bin froh, dass Bothari nicht zu viele Schwierigkeiten wegen Vorrutyer bekommen hat.«
    »Es stand auf des Messers Schneide, aber ich habe ihn freibekommen. Dabei war Illyans Zeugenaussage hilfreich.«
    »Aber Bothari wurde entlassen.«
    »In allen Ehren. Aus gesundheitlichen Gründen.«
    »Hast du deinem Vater den Tip gegeben, ihn zu engagieren?«
    »Ja. Es schien mir das Richtige zu sein. Er wird nie normal sein in unserem Sinn, aber so hat er wenigstens eine Uniform und eine Waffe und bestimmte Vorschriften, nach denen er sich richten kann. Das scheint ihm einen festen Halt zu geben.«
    Er fuhr langsam mit einem Finger am Rand des Brandyglases entlang. »Vier Jahre lang war er Vorrutyers Offiziersbursche, weißt du. Es ging ihm nicht sonderlich gut, als er auf die General Verkraft versetzt wurde. Am Rande einer Persönlichkeitsspaltung – gespaltenes Gedächtnis und all das. Das Soldatendasein scheint die einzige menschliche Rolle zu sein, deren Anforderungen er entsprechen kann. Es erlaubt ihm eine Art von Selbstachtung.« Er lächelte sie an. »Du, andrerseits, siehst himmlisch aus. Kannst du … hm … lang bleiben?«
    In seinem Gesicht lauerte ein Hunger, ein stummes Verlangen, unterdrückt von der Ungewissheit. Wir haben so lange gezögert , dachte sie, es ist schon eine Gewohnheit geworden . Dann dämmerte es ihr, dass er fürchtete, sie wäre nur zu Besuch da. Eine verdammt lange Reise für eine Plauderei, mein Liebster. Du bist betrunken.
    »So lange es dir gefällt. Als ich nach Hause kam, entdeckte ich, dass sich dort alles verändert hatte. Oder ich hatte mich verändert. Nichts passte mehr zusammen. Ich habe alle beleidigt und bin mit gerade einem Schritt Vorsprung vor – einer Menge Schwierigkeiten abgehauen. Ich kann nicht zurückgehen. Ich habe meinen Abschied vom Dienst genommen – habe das Gesuch von Escobar aus geschickt – und alles, was ich besitze, ist in dem Leichtflieger dort unten.«
    Sie kostete die Freude aus, die während ihrer Worte in seinen Augen aufleuchtete, als es ihm endlich aufging, dass sie für immer hier war. Sie war tief befriedigt.
    »Ich würde eigentlich aufstehen«, sagte er und rutschte auf seinem Sessel zur Seite, »aber aus irgendeinem Grund laufen meine Füße voraus und meine Zunge bummelt hinterher. Ich würde dir lieber auf eine etwas beherrschtere Art und Weise vor die Füße fallen. Ich werde bald besser beieinander sein. Möchtest du dich in der Zwischenzeit hierher setzen?«
    »Gern.« Sie wechselte auf den Sessel über. »Aber werde ich dich nicht zerquetschen? Ich bin ein bisschen groß.«
    »Nicht im geringsten. Ich mag keine kleinen Frauen. Ach, das ist besser.«
    »Ja« Sie kuschelte sich neben ihn, schlang die Arme um seine Brust, legte ihren Kopf auf seine Schulter und hakte auch noch eines ihrer Beine über die seinen, um so deutlich seine Gefangennahme zu vollenden. Der Gefangene stieß einen Laut aus, der halb ein Seufzer, halb ein Lachen war. Sie wünschte sich, sie könnten auf ewig so sitzen.
    »Du wirst deine Methode, mit Alkohol Selbstmord zu begehen, aufgeben müssen, weißt du.«
    Er reckte den Kopf. »Ich dachte, ich wäre raffiniert.«
    »Nicht sonderlich.«
    »Na ja, diese Methode passt zu mir. Sie ist außerordentlich unangenehm.«
    »Ja, du hast deinem Vater Sorgen bereitet. Er hat mich ganz seltsam angeschaut.«
    »Nicht zornig, hoffe ich. Er hat einen sehr vernichtenden zornigen Blick. Ein Leben lang perfektioniert.«
    »Überhaupt nicht. Er hat gelächelt.«
    »Gütiger Gott.« Ein Grinsen ließ in seinen Augenwinkeln Fältchen erscheinen. Sie lachte und reckte den Hals, um sein Gesicht besser sehen zu können. Das war besser …
    »Ich werde mich auch rasieren«, versprach er in einem Ausbruch von Begeisterung.
    »Übertreib es ja nicht um meinetwillen. Auch ich bin gekommen, um mich vom Dienst zurückzuziehen. Ein Separatfrieden, wie man so sagt.«
    »Frieden, ja wirklich.« Er kuschelte sein Gesicht an ihr Haar und schnupperte daran. Sie spürte, wie sich seine Muskeln entspannten, als hätte man von einem allzu straff gespannten Bogen die Sehne abgenommen.
     
    Ein paar Wochen nach ihrer Heirat

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